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Verdi und Fridays for FutureEin schlauer Pakt

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Fridays for Future macht gemeinsam mit der Gewerkschaft Verdi mobil für mehr Klimaschutzmaßnahmen. Gerade beim Ausbau des ÖPNV macht das Bündnis Sinn.

Fridays for Future demonstriert in Berlin, aber nicht so zahlreich wie beim globalen Klimastreik 2019 Foto: Monika Skolimowska/dpa

K urz vor zwölf, die U-Bahn fährt in den Berliner U-Bahnhof Naturkundemuseum ein, ein älterer Herr umgreift beherzt eine große grüne Flagge und steht auf. „Seit 2019 mache ich schon mit“, sagt er im Aussteigen und nickt in Richtung Fahne. Es sind nicht viele, die den Zug mit ihm verlassen. Es ist direkt leer. Dabei will nur ein paar Gehminuten von hier gleich Fridays for Future groß demonstrieren. Doch wer kommt schon pünktlich zu einer Demo, oder?

Bis Redaktionsschluss war von immerhin Tausenden Teil­neh­me­r:in­nen in der Hauptstadt und auch andernorts in der Republik die Rede. 1.000 in Hannover, 2.500 in Bremen. Aufsummiert kommen da doch einige zusammen. Im Vergleich zu Zeiten, als die Bewegung mit ihren Schulstreiks für Furore sorgte, ist es trotzdem wenig. Hunderttausend Menschen gingen beim globalen Klimastreik im September 2019 allein in Berlin auf die Straße, um die damalige Bundesregierung zu einem vernünftigen Klimapaket zu bewegen.

Das hat zwar nicht vollends geklappt, aber zu einigen Verbesserungen rang sich die Große Koalition damals doch durch. Auch heute ist die Liste klimapolitischer Verfehlungen trotz grüner Regierungsbeteiligung lang. Angefangen beim Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne), das zwar die Energiewende deutlich beschleunigt, aber entgegen einem jeden Ex­per­t:in­nen­rat viel mehr Anlegestellen für verflüssigtes Erdgas (LNG) plant als nötig.

Das zeigt ein Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags, den das Wirtschaftsministerium am Freitagmorgen übermittelte und der der taz vorliegt. Die eigentlichen Klimaschutz-Blockierer haben aber keine grünen Parteibücher. Die FDP bremst an allen Ecken und Enden: beim Energiespargesetz, beim Tempolimit, beim klimafreundlichen Heizen, beim eigentlich schon mit allen europäischen Partnern ausgehandelten Verbrenner-Aus für neue Pkws.

Es bräuchte also wieder eine große, gut sichtbare Klimabewegung – speziell vor der am Sonntag beginnenden Kabinettsklausur in Meseberg. Um mehr Schlagkraft zu entwickeln, arbeitet Fridays for Future immer mehr mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zusammen. Man könnte sagen: Da schließen sich zwei Gruppen zusammen, die die Hoch-Zeiten ihrer Mobilisierungskraft überschritten haben.

Es ist trotzdem sinnvoll. Schließlich haben die Gewerkschaften, wenn auch nicht in erster Linie Verdi, traditionell eher zu den Verteidigern der klimaschädlichen Industrien mit ihren gut bezahlten Fach­arbeitsplätzen gehört. Und der Klima­bewegung haftet der Ruf an, soziale Fragen im Zweifel nicht ernst genug zu nehmen. Das zu ändern kann sich für beide Gruppen lohnen.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
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6 Kommentare

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  • bei der 1.tarifrunde zur forderung der 35-stundenwoche war für den erfolg der igm mit entscheidend, daß es eine unterstützungsbewegung gab, die sich dadurch auszeichnete, daß es keine althergerbachten partei- bzw. sonstige "bündnisse" waren, die oft genug verlautbaren, aber kaum mobilisierungsfähig sind, sondern sog. bürgerkomitees bzw. bürgerinis, die auch in den folgenden tarifauseinandrsetzungen anderer dgb-gewerkschaften wirksame



    zusammenarbeit z.b. auf der ebene: solidarische unterstützung von z.B. metall- betrieb zu Druck-betrieb, bzw. zu krankenhäusern usw.



    das war eingeübt, besonders in HH.



    das lief jahrelang ausgezeichnet, + geriet dann irgendwie in vergessenheit.



    übrig blieb ein vager bündnisgedanke, zwischen gewerkschaften, sozialverbänden + kirchen. aber auf verbandsspitzenebene bünd nisse zu schmieden, mobilisert nicht, ist verlautbarungspolitik, das bringts nicht.



    das was fff+verdi im moment praktizieren, beruht auf action - gemeinsame action. das ist schon mal gut + besser als verlautbarungen.



    unkenrufe über schwächelnde fff-bewegung - was solls. wohl kaum eine bewegung, egal welche, hat nicht auf+abs erlebt.

  • Eigentlich läge es im Interesse der Gewerkschaftsmitglieder, dass die Gewerkschaften sich mit aller Kraft für eine gute Klimapolitik einsetzen. Bei Temperaturen deutlich über 30 oder gar 40 Grad ist körperliche Arbeit extrem gesundheitsbelastend. Das wissen Gewerkschaften eigentlich auch. Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) in Brüssel hat das schon lange begriffen. Bei den großen Klima-Demos in Brüssel seit 2018 hing dort bei den Demos ein Plakat an der Hausfassade mit der Aufschrift: "No Jobs on a dead Planet – Workers support climate action"

  • Nun - Verdi ist eher nicht die Verteidigerin der sehr gut bezahlten Industriearbeitsplätze, sondern zuständig für eher schlecht bezahlte Dienstleister. Schöne neue Klimazukunft.

    • @Wombat:

      Man muss es positiv sehen. Wer nicht viel Geld hat kann nicht viel Geld für Energie und Wärme ausgeben. Downsizing mit Hilfe von Verdi, das ist doch was ;)

      Spass beiseite: Mit der Verdi bin ich schon lange fertig. Bei der Gewerkschaft spielen die direkten Belange der Belegschaft schon lange keine Rolle mehr. Ich zahle keine Beiträge mehr und nehme auch an keinen Streiks mehr teil. Und wenn sich dann noch FFF ranwanzt, weil denen die Mitdemonstranten weglaufen....Glückwunsch, das holt mir erst Recht nicht mehr zurück.

      • @SeppW:

        Verzichten Sie dann auch auf die Lohnerhöhungen?

  • Auch in Mannheim gab es bis in den Abend hinein eine bemerkenswerte FFF-Demo mit großer Teilnahme Jugendlicher, was schon von Weitem am jugendlichen frischen Klang selbst altbekannter z.B. antikapitalistischer Parolen aus vielen jungen Kehlen zu hören war. Am weltweiten Aktionstag braucht sich Mannheim also nicht zu verstecken, nein im grünen Bundesland ist selbst da, wo es an RLP und Hessen grenzt die Sorge um die Umwelt noch groß.

    Immerhin gibt es hier einen riesigen Kohlekraft- und Heizkraftwerkskomplex, der das Rhein-Neckar-Eck mit Energie versorgt, und im Februar waren die Brennstoffvorräte stärker aufgebraucht als ich es je gesehen hab. Die Politik muss nun dafür sorgen, dass dies der letzte Winter war, in dem soviel Kohle verstromt wurde. Nach und nach, step by step, müssen wir weg von der fossilen Energie, trotz auch notwendiger Abschaltung der Kernkraftwerke. Dummerweise ist das Mannheimer Kraftwerk eines der neueren, und abgeschaltet werden sicher zuerst die älteren. Es sind also viele Dinge zu erklären, auch durch Unterrichtsmaterialien für nicht freitags stattfindende Schulstunden!