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Die VerständnisfrageWarum ich SUV fahre

Braucht man wirklich so große Autos, fragt unsere Leserin. Im Schnee kann man den Retter spielen, antwortet ein Geländewagenfahrer.

Im SUV ist es sicher, vor allem beim Fahren im Schnee Foto: Imago

In der Verständnisfrage geht es jede Woche um eine Gruppe, für deren Verhalten der Fragesteller_in das Verständnis fehlt. Wir suchen eine Person, die antwortet.

Constanze Küsel, 54, Kunsthistorikerin aus Hetzerath fragt:

Liebe SUV-Fahrer*innen, warum fahrt ihr so große Karren?

***

Thomas Weise, 62, Restaurator aus Dresden antwortet:

Wenigstens sei es nicht der Größte, sagte mein Sohn als Reaktion auf meinen Volvo XC60, ein Mittelklasse SUV in Grau.

Seit über 25 Jahren fahre ich Volvo. Als mein Kombi kaputtging, bin ich dabeigeblieben. Dass es ein SUV wurde, war Zufall. Vermutlich bin ich daher kein repräsentativer SUV-Fahrer. Meine Nachbarin, eine junge Frau, bot mir eine Probefahrt mit dem Auto an, sie meinte, es ließe sich gut fahren. Ich war mit dem Auto auf der Autobahn und gleich überzeugt, also habe ich es ihr abgekauft. Das war vor sieben Jahren.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Primär nutze ich das Auto beruflich in Dresden und im Umland, auch um schwere Geräte auf die Baustellen zu bringen. Ein Baggeranhänger wiegt zum Beispiel zwei Tonnen. Dafür brauche ich ein starkes Auto und der Allradantrieb ist praktisch.

Klar, das Auto ist auch komfortabel, fährt sich angenehm und hält bei guter Pflege lange. Und es ist sicher, vor allem beim Fahren im Schnee. Wir machen oft Urlaub in den Bergen, dort habe ich mit meinem SUV schon einige Autos aus dem Schnee gezogen, die festgesteckt haben. Als Argument reicht das natürlich nicht aus. In Zukunft würde ich mich wohl nicht noch mal für das Auto entscheiden. Vor allem wegen des Umweltschutzes und des hohen Dieselverbrauchs.

Der XC60 verbraucht etwas mehr als ein PKW, aber bei der mittleren Größe hält es sich in Maßen. Ich würde mich eher wieder für einen Kombi entscheiden. Und für ein voll elektrisches Auto. Damit könnte ich dazu beitragen, den Ausstoß klimaschädlicher Gase zu vermindern. Gerade bekomme ich aber keins. Die Lieferzeiten betragen ein bis zwei Jahre und hybride Autos finde ich sinnlos. Ich möchte auch weniger fahren und mehr Fahrtgemeinschaften bilden.

Generation Auto

In meinem Alltag nimmt das Thema Umwelt eigentlich viel Platz ein. Ich lebe auf einem ehemaligen Bauernhof im Süden Dresdens, den ich mit acht weiteren Eigentümern besitze. Wir heizen sehr sparsam und duschen ganz bewusst kalt. Dazu konnte ich auch eine ganze Menge Leute überzeugen. Das ist schließlich eine Trainingsfrage. Zudem konsumieren wir wenig und sind sehr bescheiden, was Kleidung und so was angeht. Ich beziehe Biolebensmittel von der Verbrauchergemeinschaft Dresden. Sie hat sieben Läden in Dresden und ist die größte der Stadt. Ich habe mich aber schon ertappt, dass ich dort mit dem großen Volvo vorgefahren bin.

Mir fällt auf, dass man mit einem SUV im Verkehr anders wahrgenommen wird. Auf der Autobahn nervt mich niemand mit der Lichthupe. Bei kleinen Autos ist das normal, obwohl es eigentlich nicht erlaubt ist.

Für seinen Umzug in Berlin hat sich mein Sohn den XC60 mit Anhänger geliehen, ein anderes Mal hat er für eine Party den Kofferraum mit Bier vollgeladen. Aber sonst will er nichts von der Karre wissen. Auch von seinen Studienkumpels hat niemand eins. In meinem Freundeskreis spielen Autos eine absolut untergeordnete Rolle. Aber ein Leben ohne könnte ich mir nicht vorstellen. Ich brauche es auch mal zum Wandern, wenn es mit der Bahn nicht geht. Mein Sohn hat recht, wenn er sagt, ich wäre Teil der Generation Auto. Wir sind gewohnt, dass immer eins vor der Tür steht.

Häh? Haben Sie manchmal auch diese Momente, wo Sie sich fragen: Warum, um alles in der Welt, sind andere Leute so? Wir helfen bei der Antwort. Wenn Sie eine Gruppe Menschen besser verstehen wollen, dann schicken Sie Ihre Frage an verstaendnis@taz.de.

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10 Kommentare

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  • Hier geht´s ja zu wie am Parkplatz vom Bioladen....:



    "Ich trenn mein Müll und kauf Bio ein, ich mach doch schon genug, da werd ich ja wohl noch SUV fahren dürfen..."



    Soviel Nonsens-Rechtfertigungen von TAZ lesenden SUV-fahrern....ich bin echt enttäuscht!

  • Mir ist es nicht wichtig, andere Autos aus dem Schnee ziehen zu können. Ich habe nach einer größeren Rücken-OP das Auto gewechselt damit ich einen hohen flachen Kofferraum habe und hoch einsteigen kann. Der nächste wird ein Hybrid der es rein elektrisch ins Büro und zum Einkaufen schafft.

  • Ja, SUV werden gebasht, aber alle anderen Autofahrer sind dann auch dran. In meiner Stadt wird jetzt das Anwohnerparken drastisch verteuert - ganz egal, ob SUV oder Kleinwagen, Verbrenner oder elektrisch. Und dass ich wirklich nur das Nötigste fahre - was ich belegen kann - interessiert auch niemanden.

    Gleichzeitig ist der ÖPNV so schlecht, dass die Lokalzeitung voll von dem Thema ist.

    Die Stadt ist Bonn.

    Hier will man nicht das Autofahren, sondern das Autohaben bestrafen und da fehlt mir jedes Verständnis.

  • Nun der XC60 ist schon eine verdammt breite Karre, und mit einem Leergewicht von 1,8 Tonnen auch nicht leicht.

    Kein Wunder, dass der Sohn von einer solchen Karre in Berlin nichts wissen will, weil sie einfach alles ist, nur kein Stadtauto.

    Und Anhänger mit zwei Tonnen können auch deutlich kleinere Autos ziehen.

  • Die Motive sind unterschiedlich. Wir machen seit vierzig Jahren Camping mit dem Wohnwagen. Viele Jahre mit Kombis verschiedener Hersteller.



    Seit zehn Jahren ein GLK von Mercedes. Ein grundsolides Auto mit Verbrauch von sieben Litern Diesel auf hundert Kilometer. Hinten passen keine Erwachsenen rein, zu klein.



    Aber SUV. Zur Arbeit geht´s mit Rad und Bahn.



    Gegenbeispiel: der Nachbar hat eine riesige Kiste aus Korea nur für die Fahrt zur Arbeit. "Man hat eine tolle Rundumsicht".



    Und so hat jeder seine Vorstellung.



    Ohne Camping hätte ich kein Auto.



    Reine Geldvernichtung.

  • Mir ging’s genauso, ich hab einen Nachfolger für unseren Volvo Kombi gesucht und bin im Sommer 2019 beim XC60 gelandet. Halt n Kombi, nur etwas höher - eine gemütliche und sichere Familienkutsche. Sicher übrigens auch insbesondere für andere, dank dutzender Warn- und Assistenzsysteme. Volvo eben.

    Kurz danach hat in Berlin ein fahruntüchtiger Mann einen epileptischen Anfall erlitten und einen Unfall verursacht, bei dem tragischerweise vier Menschen gestorben sind - und die Öffentlichkeit war sich einig, dass die Form seines Autos Schuld war.

    Dazu kommt, dass ein SUV nach Meinung seiner Gegner in der Regel so aussieht:

    www.gme-performanc...n_rollingshoot.jpg

    Stattdessen sieht das mit Abstand meistverkaufte SUV in Deutschland aber so aus:

    images.app.goo.gl/3zYoLzyJ7g26kpAVA

    Hier neben einem einfachen VW Golf zu sehen, von dem er sich wenig unterscheidet.

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    SUV gehören zu den Geräten, durch deren massenhaften Gebrauch der Planet erst in den Zustand versetzt wird, in dem sie dann unbedingt benötigt werden.

  • Ist ein Van/Transporter auch ein SUV? Und wenn nein, warum nicht?



    Der wiegt leer 2.2t und braucht ca. 22-25kWh/100, weil er elektrisch ist.

    Wir nutzen unseren Van zum Campen, als Palettentransporter, als 6-Personen-Transporter, als Bergefahrzeug für Steckengebliebene, als Umzugsfahrzeug und Klaviertransporter, als Sperrmülltransporter, als Baufahrzeug, als Auslieferfahrzeug für Möbel, als Materialtransporter für Stahl und Holz, als Messestandtransporter, für Wohnungsauflösungen.

    Verliehen wird der übrigens auch.

    Soll ich mich jetzt schämen und jetzt noch ein zweites Auto kaufen?

    Macht den Sprit teuer, kauft E-Autos und dann ist hoffentlich endlich mal Schluss mit dieser dämlichen Stellervertreter-Neid-Diskussion.

  • Frau Küsel, ich finde es total irre, dass jemand, der Baggeranhänger durch die Gegend karren muss, dafür ein schweres Auto braucht, um so nachvollziehbarer sind da die vielen Pensionistas hier in der Stadt, die ihre Tageseinkäufe im 200m entfernten Supermarkt nur mit dem Lastwagen erledigen können…