Werbung für Kryptowährungen bei BPoC: Die Wut in den Postfächern

Kryptowährungen funktionieren für Reiche am besten. In vielen Ländern wird gezielt um BPoC geworben, damit sie ihre Ersparnisse ins System einspeisen.

Musikerin Megan Thee Stallion.

Macht Werbung für Investitionen in Cryptowährungen: Rapperin Megan Thee Stallion Foto: Dan Wozniak/Zuma Press/imago

In Krisen ist mir ein Muster aufgefallen: Viele Großunternehmen machen mit den Ängsten von Menschen großen Reibach. Mineralölkonzerne profitieren im Kontext der Energiekrise massiv und produzieren Milliardenüberschüsse für sich selbst und ihre Aktio­när*in­nen. Das habe ich neulich kritisiert, und die Gegenrede ließ nicht lange auf sich warten. So schrieben mir einige Dudes ihre Wut in meine Postfächer. Sie seien halt smart und würden jetzt verdienen. Ich sei dagegen blöd, weil ich nichts von ETFs und Co verstehe. Außerdem handle es sich um seine Altersvorsorge, schrieb so ein Malwin, der auf seinem Profilbild aussah wie Anfang 20.

Die Generation Telekom-Aktie hat längst ausgedient, vor allem Jungs in meinem Alter (Mitte 30) und jünger traden in Apps auf ihren Smartphones. Sie kaufen und verkaufen Aktien und Kryptowährungen. Eher stellt das für sie ein Actionspiel dar. Nicht alle Malwins fallen in diese Kategorie, aber viele von ihnen verzocken die Dividende von Papi und Mami, immer mit dem Traum vor Augen, der nächste Frank Thelen zu werden. Den musste ich auch googeln und habe gelernt, dass Thelen der deutsche Elon Musk ist (das ist der weirdo, der alle dazu bringen möchte, in Elektro­autos im Stau zu stehen). Nur dass der Frank noch weniger Charisma ausstrahlt als sein weißer Kollege aus Südafrika.

Aber zurück zum E-Trading: Vor wenigen Monaten ist mir in den USA aufgefallen, dass ich dort mit Werbung insbesondere für Krypto­währungen bombardiert wurde. Überall hieß es: „Invest now to become rich!“ Die Rapperin Megan Thee Stallion versuchte mir (und Millionen anderen BPoC) hartnäckig einzureden, dass ich doch bitte mein Geld in die Zukunft investieren solle. „Jede Person kann mit nur einem Dollar anfangen“, behauptete ­Stallion im Werbespot – in einem fashionablen weißen Outfit, umgeben von muskelbepackten Models – mit sexy Anspielungen auf ihre Kunst.

Ich habe also ein paar Texte gelesen, um auch diese Party zu crashen: Die meisten gekappten Kryptowährungen funktionieren für wenige (meist ultrareiche) Investoren nur so lange gut, wie andere Menschen ihr klassisches Geld weiter kontinuierlich in das System geben. Bedeutet: Diejenigen, die schon groß in Krypto investiert haben, profitieren am meisten, wenn andere damit anfangen. Ex­pert*in­nen sagen voraus, dass Kryptowährungen die ungerechte Verteilung von Reichtum weiter befeuern und nebenbei noch das Klima belasten könnten, weil die Rechenzentren Unmengen an Strom verbrauchen und CO2 produzieren.

Faszinierende Finanzwelt

Um den Cashflow aufrechtzuerhalten, braucht es also das Geld von Klein­an­le­ger*in­nen. In den USA, aber auch in schlecht regierten Ländern des Globalen Südens wird gezielt um BPoC geworben, um sie dazu zu bringen, ihre Ersparnisse ins System zu speisen. Und ich frage mich: Wie kann es sein, dass wir wieder mal beim Thema Rassismus gelandet sind? Faszinierend, diese Finanzwelt.

Megan Thee Stallion

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Mohamed Amjahid ist freier Journalist und Buchautor. Bei Twitter schreibt er unter dem Handle @mamjahid, bei Instagram @m_amjahid. Seine Bücher "Der weiße Fleck. Eine Anleitung zu antirassistischem Denken" und "Let's Talk About Sex, Habibi" sind bei Piper erschienen.

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