Tödlicher Angriff auf ukrainische Kriegsgefangene: Raketeneinschlag und Rachedurst
Die Haftanstalt Olenivka in der „Volkrepublik Donetsk“ wurde schwer getroffen. Es folgten: gegenseitige Schuldzuweisungen und Drohungen.
US-amerikanische Himars-Raketen wären in der Haftanstalt eingeschlagen, so das russische Verteidigungsministerium. In dieser seien auch Kämpfer des Asow-Bataillons interniert. Mit dem Angriff, so die offizielle russische Version, habe die Ukraine ihre eigenen Kämpfenden einschüchtern, sie warnen wollen, sich nicht dem Feind zu ergeben.
Demgegenüber erklärte der ukrainische Generalstab, dass die Attacke auf die ukrainischen Kriegsgefangenen, bei denen niemand von den Wachhabenden zu Schaden gekommen ist, auf das Konto Russlands gehe.
Am Freitagabend beschuldigte der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte Söldner der russischen Gruppe „Wagner“, den Angriff auf die Strafkolonie ausgeführt zu haben. Erst zwei Tage zuvor waren die Kriegsgefangenen dorthin verlegt worden. Dieser Angriff habe der Verschleierung gedient. Man habe die Veruntreuung von Geldern und, wichtiger noch, die Folter ukrainischer Gefangener vertuschen wollen, so der Generalstab.
Foltervideo zeigt Kastration
Einen Tag zuvor war ein Video durch russische Telegram-Kanäle gegangen, das die Folter ukrainischer Gefangener in einer Haftanstalt zeigt. So ist auch die Kastration eines gefesselten Ukrainers zu sehen.
Als einer der ersten kommentierte der rechtsradikale Politiker Andrij Bilezkyj die Folter der ukrainischen Militärs, die zum großen Teil Kämpfer des einst von Bilezkyj selbst gegründeten Asow-Bataillons sein sollen.
„Die russische Führung stellte die Massentötung von Gefangenen als eine Aktion der ukrainischen Armee dar. Doch es ist offensichtlich, dass es sich hier um eine im Voraus geplante Tat eines Landes handelt, dem der Begriff der Offiziersehre unbekannt ist, geschweige denn die Einhaltung der Genfer Konventionen, der Regeln, Gesetze und Gebräuche des Krieges.“
Nun werden alle Asow-Einheiten, so der ehemalige Asow-Kommandeur, Jagd auf jeden machen, der an dem Massaker beteiligt war. „Wo auch immer ihr euch versteckt, ihr werdet gefunden und vernichtet werden“, droht Biletskyj.
Und der Blogger Denis Kasanski erklärt: „Ich habe das Video, das die Folter eines ukrainischen Kriegsgefangenen zeigt, gesehen. Den Autoren dieses Videos sei es gesagt: Ihr habt hoffentlich kapiert, was wir nun mit euren Leuten machen werden.“
Demgegenüber erklärt die ukrainische Menschenrechtlerin Tetiana Pechonchyk auf ihrer Facebook-Seite: „Die Verbreitung eines Videos, das zeigt, wie einem ukrainischen Soldaten die Genitalien abgeschnitten werden, ist eine weitere psychologische Operation des Feindes im Informationskrieg. Ziel ist es, bei den Ukrainern Wut, Rachedurst und den Wunsch zu wecken, das Gleiche mit den russischen Kriegsgefangenen zu machen.“ Doch die Ukraine dürfe sich nicht auch auf dieses Niveau herablassen, so die Menschenrechtlerin.
„Folter und Hinrichtung gehören zu den schlimmsten Kriegsverbrechen. Wenn wir als Reaktion auf die Handlungen des Feindes ebenso handeln, weichen wir nicht nur von den Grundsätzen des humanitären Völkerrechts, der zivilisierten Welt und den internationalen Normen ab, sondern ähneln auch einem Aggressorland, das sich auf die Seite der Barbarei und Grausamkeit stellt.“
Unterdessen hat die russische Botschaft in London einen umstrittenen Tweet vom Netz genommen. In diesem hatten Bewohner von Mariupol gefordert, Angehörige von „Asow“ zu hängen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei