+++ Nachrichten zum Ukraine-Krieg +++: Bundestag für Waffenlieferung

Große Mehrheit im Bundestag segnet die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine ab. UN-Generalsekretär besucht Butscha.

Krawatte in den Farben der Ukraine im Bundestag

Bundestagsabgeordneter vor der Abstimmung: Krawatte bekundet seine Unterstützung für die Ukraine Foto: Fabian Sommer/dpa

Guterres: Russland soll mit Strafgerichtshof zusammenarbeiten

Als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine hat UN-Generalsekretär António Guterres am Donnerstag die Vororte von Kiew besucht, in denen russische Streitkräfte nach ukrainischen Angaben Gräueltaten an Zivilisten begangenen haben sollen. In Butscha forderte Guterres Moskau auf, mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) bei der Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen zusammenzuarbeiten. Derweil betonte der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak das Recht der Ukraine zu Angriffen auf militärische Ziele Russlands.

„Ich unterstütze den IStGH voll und ganz“, sagte Guterres bei seinem Besuch in Butscha. Er appelliere „an die Russische Föderation, die Zusammenarbeit mit dem IStGH zu akzeptieren“. Vor Butscha war Guterres in die Stadt Borodjanka gefahren. „Der Krieg ist eine Absurdität im 21. Jahrhundert“, sagte er in dem Vorort von Kiew, wo wie in Butscha und Irpin russische Truppen nach ukrainischen Angaben Zivilisten getötet haben sollen. Es war der erste Besuch des UN-Generalsekretärs in der Ukraine seit Beginn des Krieges am 24. Februar. (afp)

🐾 Transnistrien – der Spielball Russlands

Russland versucht sich anscheinend das prorussische Transnistrien zu nutzen zu machen. taz-Redakteurin Erica Zingher schreibt darüber, wie ihr Geburtsort zum Machtinstrument wird.

Medwedew vergleicht Bundestag mit Nazi-Deutschland

Russlands ehemaliger Präsident Dmitri Medwedew hat den Bundestag wegen der Zustimmung zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine mit Nazi-Deutschland verglichen. „Offenbar lassen den deutschen Abgeordneten die Lorbeeren ihrer Vorgänger keine Ruhe, die im vergangenen Jahrhundert unter anderem Namen im deutschen Parlament saßen“, schrieb der Vizechef des russischen Sicherheitsrats am Donnerstag im Nachrichtenkanal Telegram. „Das ist traurig für das Parlament. Es wird traurig enden.“

Zuvor hatte der Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Koalition und der Union die Bundesregierung aufgefordert, die „Lieferung benötigter Ausrüstung an die Ukraine fortzusetzen und wo möglich zu beschleunigen und dabei auch die Lieferung auf schwere Waffen und komplexe Systeme etwa im Rahmen des Ringtausches zu erweitern“. Russland hat wiederholt damit gedroht, ausländische Waffenlieferungen in der Ukraine anzugreifen. (dpa)

UN-Generalsekretär Antonio Guterres unterwegs nach Kiew, wo er am Donnerstag Gespräche führen wird Foto: UN/XinHua/dpa

Russland wirft Westen Ermutigung der Ukraine vor

Die Regierung in Moskau wirft westlichen Staaten vor, die Ukraine offen zu Angriffen auf Russland zu ermutigen. Der Westen solle die Warnungen Russlands vor Reaktionen ernst nehmen, die Attacken auf russisches Territorium auslösen würden, sagt die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa. Russland hatte am Mittwoch eine Reihe von Explosionen und ein Feuer in einem Munitionsdepot im Süden des Landes gemeldet.

Der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak beansprucht für sein Land das Recht, zur Selbstverteidigung auch russische Lagerhäuser und Stützpunkte angreifen zu dürfen, und sieht die Haltung von der internationalen Gemeinschaft gedeckt. „Russland hat angegriffen und tötet Zivilisten. Die Ukraine wird sich auf jede Weise verteidigen, einschließlich Schläge gegen die Lagerhäuser und Stützpunkte der Mörder. Die Welt erkennt dieses Recht an“, schreibt er auf Twitter. Russland hat dementiert, Zivilisten ins Visier zu nehmen. (rtr)

🐾 Nordrhein-Westfalen: Grüne zwischen Krieg und Klima

Vor den NRW-Landtagswahlen wollen die Grünen mit Klimapolitik punkten – doch die Waffenlieferungen an die Ukraine holen sie ein. taz-Korrespondent Andreas Wyputta berichtet von Wahlkampfveranstaltungen mit Spitzenkandiadt Mona Neubaur und Robert Habeck in Münster und Dortmund.

Russland schickt angeblich Delfine in den Krieg

Die russische Marine setzt laut US-Medienberichten auch vom Militär trainierte Delfine ein, um ihre Flotte im Schwarzen Meer zu beschützen. An der Einfahrt zum Hafen von Sewastopol seien dazu zwei Unterwassergehege platziert worden, schrieb das unabhängige US Naval Institute (USNI) am Mittwoch (Ortszeit) in seinem Nachrichtenportal. Satelliten-Aufnahmen legten nahe, dass die Gehege im Februar dorthin verlegt worden seien, etwa zu der Zeit, als Russlands Angriff auf die Ukraine begann. (dpa)

Bundestag beschließt Waffenlieferung

Der Deutsche Bundestag beschließt mit großer Mehrheit den Antrag von Koalition und Union zum Ukraine-Krieg, in dem unter anderem die Lieferung von schweren Waffen gefordert wird. Für den Antrag mit dem Titel „Frieden und Freiheit in Europa verteidigen? Umfassende Unterstützung für die Ukraine“ stimmten 586 Abgeordnete, 100 votierten dagegen, sieben enthielten sich, wie Parlamentsvizepräsident Wolfgang Kubicki mitteilt. In der Debatte kündigten die Fraktionen von Linkspartei und AfD an, den Antrag abzulehnen. (rtr)

🐾 Protest zwischen den Nudelpackungen

Auf das Hochhalten von Tolstois „Krieg und Frieden“ folgt Anzeige, bei offener Kritik am Krieg droht Haft. In Russland verschärft sich die Repression. taz-Korrespondentin Inna Hartwich berichtet aus Moskau über wachsende Repressionen.

Nato für beschleunigten Beitritt von Finnland und Schweden

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg stellt einen schnellen Beitrittsprozess in Aussicht, sollten Finnland und Schweden eine Aufnahme in das transatlantische Militärbündnis anstreben. „Wenn sie sich dafür entscheiden, sich zu bewerben, sind Finnland und Schweden herzlich willkommen, und ich erwarte, dass der Prozess schnell gehen wird“, sagt Stoltenberg vor Journalisten in Brüssel. (rtr)

Schwedens Linke fordert Volksabstimmung über Nato-Frage

Auf dem Weg zu einem Nato-Beschluss will die schwedische Linkspartei zuvor die Bevölkerung befragen. Da eine solch wichtige Entscheidung breiten Rückhalt benötige, sollte es darüber eine Volksabstimmung geben, ob Schweden dem Militärbündnis beitreten sollte oder nicht, forderte Vänsterpartiet-Chefin Nooshi Dadgostar am Donnerstagmorgen im schwedischen Radio. Angesichts einer seit über 200 Jahren geltenden Tradition der Bündnisfreiheit, die das Land von Kriegen ferngehalten habe, handle es sich um eine äußerst große Frage.

Schweden debattiert seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine vor mehr als zwei Monaten ebenso wie das benachbarte Finnland intensiv über einen möglichen Beitritt zur Nato. Dem Verteidigungsbündnis stehen die beiden nördlichsten EU-Länder zwar als Partner bereits heute sehr nahe, allerdings sind sie keine offiziellen Mitglieder. (dpa)

Russland meldet Abschuss von Kampfjet

Russland hat nach eigenen Angaben einen ukrainischen Kampfjet abgeschossen. Die Maschine vom Typ Su-24 sei in der Nähe des ostukrainischen Luhansk abgeschossen worden, teilt das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Das russische Militär habe zudem vier militärische Ziele in der Ost-Ukraine mit Hochpräzisionsraketen getroffen. Dabei seien zwei Raketen- und Munitionslager nahe der Ortschaften Barwinkowe und Iwaniwka zerstört worden. (rtr)

Bundesluftwaffe holt weitere verletzte Ukrainer

Die Luftwaffe bringt weitere kriegsverletzte Ukrainer aus Polen zur Behandlung nach Deutschland. Dazu startete am Donnerstag in Köln ein Evakuierungsflug. Mit dem Spezialflugzeug A310 MedEvac wurden – wie schon vergangene Woche – Kinder und Erwachsene ausgeflogen, um in Deutschland schwerste Verletzungen besser medizinisch versorgen zu können. Der A310 MedEvac ist die fliegende Intensivstation der Luftwaffe. Verletzte werden in der Luft von Sanitätssoldaten weiterbehandelt. In der Vergangenheit waren auch verwundete ukrainische Soldaten nach Deutschland gebracht worden. (dpa)

Russsische Stadt aktiviert Luftabwehr

In der russischen Stadt Belgorod unweit der Grenze zur Ukraine sind laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Tass am frühen Morgen die Luftabwehrsysteme aktiviert worden. Aus der gleichnamigen Provinz wurden zuletzt mehrere Zwischenfälle gemeldet. Russland wirft der Ukraine vor, für die Angriffe verantwortlich zu sein. (rtr)

Gasimporteur Uniper will an Bank in Russland überweisen

Der deutsche Energieversorger Uniper will seine Zahlungen für russisches Gas künftig an eine Bank in Russland überweisen. „Wir halten eine mit Sanktionsrecht konforme Zahlungsumstellung für möglich. Es ist vorgesehen, dass wir unsere Zahlung in Euro auf ein Konto in Russland leisten“, sagt Deutschlands größter Importeur von russischem Gas der Zeitung Rheinische Post. Aktuell zahlt Uniper auch in Euro, aber auf ein Konto in Europa. Russland fordert vor dem Hintergrund der Sanktionen wegen des Einmarschs in die Ukraine die künftige Bezahlung der Gas-Rechnungen in Rubel. (rtr)

Wehrbeauftragte für schnelle Aufrüstung der Bundeswehr

Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), dringt auf eine rasche Umsetzung der Sonderschulden (im Politsprech „Sondervermögen“ genannt) von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr. „Die Truppe muss wieder voll einsatzsatzbereit werden, von der persönlichen Ausstattung bis hin zu funktionierenden Funkgeräten und großem Gerät. Das Geld muss direkt in der Truppe ankommen“, sagt Högl der Rheinischen Post. Gleichzeitig müsse auch an der Effizienz der Beschaffungsprozesse gearbeitet werden, damit die Mittel zielgerichtet investiert würden. (rtr)

Wirtschaftsweise gegen Rubelzahlung für Gas

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm fordert die Bundesregierung und die Europäische Union (EU) nach dem Gaslieferstopp für Polen und Bulgarien auf, den Forderungen Russlands nach einer Bezahlung der Gaslieferungen in Rubel weiterhin nicht nachzugeben. „Russland testet mit dem Lieferstopp wieder einmal den Zusammenhalt in der EU. Es ist klar: Was immer wir tun, um die Zahlungen für Energielieferungen an Russland zu beschränken – wir müssen bereit sein, derartige Drohszenarien auszuhalten“, sagt Grimm Zeitung „Rheinische Post“. (rtr)

Microsoft: Angriffe russsischer Hacker auf die Ukraine

Mit Russland verbündete Hackergruppen sind laut eines Berichts des US-Technologiekonzerns Microsoft für mehr als 200 Cyberangriffe auf die Ukraine verantwortlich. „Seit kurz vor der Invasion haben wir mindestens sechs verschiedene mit Russland verbündete nationalstaatliche Akteure gesehen, die mehr als 237 Operationen gegen die Ukraine gestartet haben“, erklärte Microsoft am Mittwoch. Demnach seien die Angriffe im Netz oft mit Angriffen auf dem Schlachtfeld koordiniert.

Ziel dieser koordinierten Angriffe sei es, „die ukrainischen Regierungs- und Militärfunktionen zu stören oder zu beeinträchtigen“, erklärte Microsoft, das mit ukrainischen Stellen zusammenarbeitet. Demnach solle „das Vertrauen der Öffentlichkeit in dieselben Institutionen untergraben“ werden. Microsoft konnte laut eigenen Angaben zahlreiche Angriffe auf Regierungseinrichtungen und wichtige Infrastruktur in der Ukraine zurückverfolgen. (afp)

Protest und Raketen in Cherson

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj würdigt die pro-ukrainische Protestkundgebung im eroberten Cherson, die nach Angaben des ukrainischen Generalstaatsanwalts von russischen Kräften mit Tränengas und Blendgranaten aufgelöst wurde. „Ich bin allen dankbar, die nicht aufgegeben haben, die protestieren, die die Besatzer ignorieren und den wenigen Menschen, die zu Kollaborateuren geworden sind, zeigen, dass es für sie keine Zukunft gibt“, sagt Selenskyj.

Kurz nach seiner Ansprache meldet die Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf Sicherheitskreise, die Ukraine habe am Mittwochabend drei Raketen auf den Südteil der Stadt abgefeuert, zwei davon seien von russischen Besatzungstruppen abgeschossen worden. Ein RIA-Korrespondent vor Ort hatte zuvor von einer Serie schwerer Explosionen in der Nähe des Fernsehzentrums berichtet. (rtr)

Polen will EU-Hilfen für Aufnahme von Flüchtlingen

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki dringt bei der Europäischen Union (EU) auf Hilfen für die Aufnahme von Geflüchteten. Sein Land versorge verwundete Soldaten aus der Ukraine und beherberge „2,5 Millionen Flüchtlinge, für die wir Polen unsere Türen und Herzen geöffnet haben. Dafür brauchen wir Geld“, sagt Morawiecki der Zeitung „Bild“. Doch für die Versorgung der Geflüchteten habe die EU „bisher keinen Cent gezahlt“. Polen wolle eine faire Behandlung: „Die Türkei wurde bei der letzten Flüchtlingswelle mit Milliarden unterstützt. Ich denke: Auch wir haben jetzt EU-Hilfe verdient.“ (rtr)

Gerechtgkeit für Opfer von Kriegsverbrechen verlangt

Mehrere Länder und UN-Organisationen haben sich bei einem informellen Treffen des UN-Sicherheitsrats öffentlich verpflichtet, den Opfern mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. „Die Täter müssen und werden zur Rechenschaft gezogen werden“, versprach die albanische Außenministerin Olta Xhacka am Mittwoch im Einklang mit verbündeten Regierungen, darunter den USA und Frankreich.

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, betonte, dass die Opfer und ihre Familien „wirksame Wiedergutmachung für den erlittenen Schaden und die Tragödie erhalten müssen“. Sie erklärte, dass ihre Dienststellen bislang „die Fälle von 5.939 zivilen Opfern dokumentiert und überprüft haben, darunter 2.787 Tote und 3.152 Verletzte“. „Die tatsächlichen Zahlen sind erheblich höher“, fügte sie hinzu.

Die Generalstaatsanwältin der Ukraine, Iryna Wenediktowa, berichtete, dass ihre Behörde mehr als 8.000 Ermittlungen wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das Kriegsrecht eingeleitet habe. Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Karim Khan, verwies auf die Rekordzahl von 43 Ländern, die seine Institution mit der Untersuchung der Situation in der Ukraine beauftragt haben. Der Westen und Menschenrechtsorganisationen beschuldigen vor allem die russischen Streitkräfte schwerer Kriegsverbrechen wie der willkürlichen Tötung von Zivilisten oder Vergewaltigungen. Russland beschuldigte seinerseits die Ukraine, Gräueltaten begangen zu haben. (afp)

Putin droht mit weiteren Gaslieferstopps und Gegenschlägen

Russlands Präsident Wladimir Putin hat den Unterstützern der Ukraine erneut gedroht – mit Gaslieferstopps, aber auch mit militärischen Konsequenzen. Wer sich von außen einmischen wolle und eine für Russland unannehmbare strategische Bedrohung schaffe, müsse wissen, dass die Antwort „blitzschnell, rasch“ sein werde, sagte Putin am Mittwoch in St. Petersburg. Seit Mittwoch sind mit Polen und Bulgarien außerdem die ersten beiden Länder ohne russisches Gas. Und auch hier drohte Putin mit Folgen auch für andere Länder. Laut Putin habe Russland für mögliche Gegenschläge „alle Instrumente“. Bei einer Versammlung von Spitzenfunktionären sagte er: „Und wir werden nicht prahlen. Wir werden sie anwenden, wenn es nötig ist. Und ich will, dass alle das wissen.“ (dpa)

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