Grüne Mobilität auf der Elbe: Fähre statt Tunnel

Die Elbfähre bei Glückstadt könnte elektrisch ausgebaut werden. Und vielleicht eine Alternative zur A20 schaffen.

Die Elbfähre Glückstadt

Elbfähre zwischen Wischen Hafen und Glückstadt über die Elbe Foto: Lobeca/Ralf Homburg/imago

HAMBURG taz | Seit etwas über 100 Jahren, seit 1919 nämlich, verbindet eine Fähre Glückstadt im schleswig-holsteinischen Kreis Steinburg mit Wischhafen im niedersächsischen Landkreis Stade. Dazwischen fließt die Elbe, die hier, ungefähr auf halber Strecke zwischen Hamburg und der Nordsee, etwa dreieinhalb Kilometer breit ist. Wer mit oder ohne eigene Räder eines der vier Fährschiffe besteigt, nutzt damit die Bundesstraße 475. Übergesetzt wird ungefähr alle 20 Minuten, rund 25 Minuten dauert eine Fahrt – dazu kommen je nach Tageszeit, Ferienplan und Verkehrsaufkommen beträchtliche Wartezeiten.

Die sollen deutlich kürzer werden, geht es nach den Plänen der Reederei FRS, die diese Verbindung vor knapp zwei Jahren übernommen hat. Und es kommt noch vollmundiger: Mit einer Leistungssteigerung von bis zu 600 Prozent möchte man eine „echte Alternative“ zur Autobahn 20 schaffen, und damit einen Beitrag leisten zu „grüner Mobilität in Norddeutschland“. Und hier ist aus Sicht von Um­welt­schüt­ze­r:in­nen auf beiden Seiten des Flusses Gefahr im Verzug.

Denn eigentlich entsteht bei Glückstadt der absehbar längste Unterwassertunnel Deutschlands: 5,7 unterirdische Autobahnkilometer sollen einst das „Nadelöhr“ Hamburg entlasten, dann nämlich müsste etwa Verkehr aus und nach Skandinavien nicht durch die Stadt hindurch. Während nicht nur die Hafenbetriebe solche Entlastung kaum erwarten können, ist diese Planung aus Sicht von Kri­ti­ke­r:in­nen an der Unterelbe eine Katastrophe: Rund 19.000 Hektar „unzerschnittener Naturräume“ würden durch die Autobahn zerschnitten, mehr als 450.000 Tonnen CO2 freigesetzt. Die Reederei hat ausgerechnet, dass das den Emissionen von weiteren 90 Jahren Fährbetrieb mit den heutigen Schiffen entspricht. Kommt dieser Tunnel, ist die Fähre tot.

Emissionsfrei ist dagegen die jetzt vorgestellte Alternative – beinahe wenigstens: Die Anleger umzubauen, sodass zwei Schiffe gleichzeitig abgefertigt werden können, das ist nicht aufkommensfrei. Auch würde FRS sie leicht verlegen, weil das die Fahrtzeit verkürzt. Der eigentliche „grüne“ Clou sind aber die Schiffe selbst: Mindestens vier elektrisch betriebene Fähren würde man bauen lassen, optional zwei weitere. Einfach irgendwo kaufen lassen die sich nicht, erzählt FRS-Geschäftsführer Tim Kunstmann: denn die Bedingungen zwischen Glückstadt und Wischhafen sind anspruchsvoll.

Weil die Fähren auch bei Niedrigwasser fahren müssen, dürfen sie nicht zu viel Tiefgang haben. Gleichzeitig brauchen sie leistungsfähige Antriebe – es wollen nicht nur Rad­tou­ris­t:in­nen oder Be­rufs­pend­le­r:in­nen hier über die Elbe, sondern auch ganz schön viele Lkw. Wer nämlich Gefahrgut transportiert, darf nicht durch den existierenden Hamburger Elbtunnel. Die vielen Laster sind auch ein Grund für die teils so frustrierenden heutigen Wartezeiten – weil sie so viel Platz brauchen.

Während diese solarbetriebenen Elektroschiffe von der Reederei angeschafft würden, sieht sie bei den Maßnahmen an Land die Politik in der Pflicht: beim Umbau der Anleger und eventuell auch der Zuwege. Zentraler Wunsch des Unternehmens ist aber Planungssicherheit. Schiffe bauen zu lassen, das lohne sich ja nur, wenn die nicht in ein paar Jahren überflüssig seien, denn weiterverkaufen werde man die nicht können.

Hat das Ganze Aussicht auf Erfolg? Die Bundestags-Grünen entsandten dieser Tage zwei Abgeordnete an die Unterelbe, darunter Ingrid Nestle, stellvertretendes Mitglied im Verkehrsausschuss mit Wahlkreis auf der schleswig-holsteinischen Elb-Seite. Die bedankte sich für die gute Idee – immerhin.

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Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

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