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Entlastungspaket der BundesregierungErster Entwurf zum Tankrabatt

Das Finanzministerium will die Steuer auf Kraftstoffe senken, SPD und Grüne leisten keinen Widerstand. Bis die Preise sinken, kann es einige Tage dauern.

Die Steuersenkung soll das Autofahren deutlich billiger machen Foto: Jens Büttner/dpa

Berlin taz | Das Bundesfinanzministerium will die Steuer auf Kraftstoffe senken. Das geht aus einem Referentenentwurf hervor, welcher der taz vorliegt. Die Energiesteuer soll im Juni, Juli und August für Benzin, Diesel, Flüssiggas und Erdgas, soweit sie als Kraftstoff verwendet werden, auf das von der EU festgelegte Mindestniveau sinken. Benzin könnte dadurch inklusive Mehrwertsteuer bis zu 35 Cent und Diesel bis zu 17 Cent billiger werden. Nachdem Benzin- und Dieselpreise zwischenzeitlich auf Rekordhöhen geklettert waren, liegen sie jetzt wieder bei unter 2 Euro pro Liter.

Bis sich die Steuersenkungen im Benzinpreis niederschlagen, kann es aufgrund der langen Lieferkette einige Tage dauern. Außerdem sind die Mineralölkonzerne, bei denen die Steuer anfällt, nicht verpflichtet, derartige Steuersenkungen vollständig an die End­kun­d*in­nen weiterzugeben. Eine Greenpeace-Studie hat kürzlich festgestellt, dass die Unternehmen entlang der Lieferkette zwischen Tankstelle und Ölförderung zwischen Januar und März ihre Gewinnspannen um 107 Millionen Euro vergrößert haben.

Dass das nicht unvermeidlich ist, zeigt der Ländervergleich: Während in Skandinavien die Gewinnmarge zwischen Ölproduktion und Verkauf an der Tankstelle steuerbereinigt um 16 Cent pro Liter Benzin gewachsen ist, waren es in Deutschland 28 Cent. Schon im März war bekannt geworden, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) das Bundeskartellamt angewiesen hatte, die Benzin- und Dieselpreise „sehr genau zu beobachten“, um mögliche Preismanipulationen entlang der Lieferketten zu entdecken.

Innerhalb der Koalition scheint Einigkeit bezüglich der Steuersenkung zu herrschen. Die Sprecherin der Arbeitsgruppe Verkehr der SPD-Fraktion, Dorothee Martin, sagte der taz, der Tankrabatt sei „zusammen mit vielen weiteren Maßnahmen Teil unseres Entlastungspakets für Bürgerinnen und Bürger“. Im Gesamtpaket ergebe er durchaus Sinn. Ob damit nicht der Ölverbrauch und dementsprechend auch der Einkauf russischen Öls angeregt werde, ließ Martin unbeantwortet.

Stefan Gelbhaar, der in der Grünen-Fraktion das entsprechende Amt innehat, weist diesbezüglich darauf hin, dass diejenigen am meisten sparten, die das ebenfalls im Entlastungspaket der Bundesregierung enthaltene 9-Euro-Ticket für den ÖPNV nutzen, und hofft deswegen auf den Umstieg vom Auto auf Bahn und Bus. Er fordert gleichzeitig das FDP-geführte Bundesverkehrsministerium dazu auf, „zeitnah“ Maßnahmen zur Senkung des Ölverbrauchs und damit zur Unabhängigkeit von russischem Öl vorzuschlagen.

Das Bundesfinanzministerium geht von 3,15 Milliarden Euro Kosten für den Bundeshaushalt aus. Nur wenig mehr würde es dem Verband deutscher Verkehrsunternehmen zufolge kosten, im gleichen Zeitraum den Nahverkehr bundesweit kostenlos für alle zu machen, statt das monatliche 9-Euro-Ticket einzuführen.

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8 Kommentare

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  • Ich verstehe nicht wie man so eine Unsinnige Steuererleichterung in diesen Zeiten beschließen kann. Die Preise steigen bei so vielen Dingen aber ausgerechnet das klimaschädliche Autofahren wird bezuschusst. Wie wäre es wenn Regionales Essen günstiger wird? Oder die Bahn endlich bezahlbar wird (das 9-Euro Ticket für 3 Monate ist ein Lichtblick! Warum nicht mehr davon und länger?).



    Ich verstehe nicht das immer noch Klimakiller subventioniert werden und bin maßlos enttäuscht von den Grünen in dieser ganzen Misere.

  • Ich habe noch nicht ganz verstanden, was die Mineralölkonzerne denn nun davon abhalten soll, weiterhin am Markt die maximal möglichen Preise zu erzielen und davon nun eine deutlich höhere Marge für sich zu behalten? Da wird es doch bestimmt einen unfehlbaren Plan für geben, oder etwa nicht?

  • Also doch noch mal einen Frühling und Sommer mit dem Wohnmobil. Da wird Diesel wieder mit Liebe verbrannt. Und am Ende des Sommers eine schöne Abwrackprämie für irgendwas mit Auto?

  • Nachdem die Tankstellenpreise wieder gefallen sind, sollten sowohl Tankrabatt wie 27 Euro bzw. 9 für 90 schnellstens wieder zu den Akten gelegt werden. Bei der Bahn wären Preismaßnahmen im Fernverkehr wichtiger, beispielsweise mit der Wirkung einer "Bahncard50 für alle".

  • unnütze Symbolpolitik! Wer wird wohl die Steuern für den Spaß aufbringen?

    Es gibt nur eines was helfen würde: Die Besitzer von Unternehmen stopfen weniger in die eigene Tasche und zahlen den Arbeitnehmern endlich gute - bessere, der Produktivität angepasste - Löhne. Dann kann man sich auch teureren Sprit und Lebensmittel leisten.

    • @danny schneider:

      Und entlassen die Hälfte Ihrer Mitarbeiter um mit den Firmen konkurieren zu können , die in Ländern produzieren, die niedrigere Energiekosten haben. Unser Problem ist es , die höchsten Energiekosten, die höchsten Löhne in Europa zu haben ! Das ist in einer globalisierten Welt eine ganz schlechte Kombi! Wenn dann auch noch die eigenen Bürger , nach dem Motto „geiz ist geil“ konsumieren , ist es schwer für die deutsche Wirtschaft… 2022 wird das Jahr der Pleiten im Mittelstand werden…Corona, Ukraine, und Tolle Klimaschutzprogramme werden Ihren Tribut fordern! Verabschieden wir uns schon mal von den Arbeitsplätzen…

      • @Thomas Zwarkat:

        Hallo, informieren: wir gelten gemessen an der Produktivität als Niedriglohnland. Wir haben den größten Niedriglohnsektor Europas.

        Und Energie ist hier nur für den Bürger teuer - nicht für die Industrie. Ja die Lobby jammert laut. Nicht blenden lassen. die würden auch Jammern, wenn die Preise negativ wären.

        • @danny schneider:

          Was für unsinniges Argument gemessen an der Produktivität grins,,,, Deutschland hat den größten Industriesektor in Europa , und sie vergleichen mit Ländern bei der Produktivität durch Landwirtschaft oder Dienstleistungen verfälscht wird

          Glauben sie wirklich dass wenn ein deutsches Industrieunternehmen seine Produktion ins europäische Ausland verlagert die Produktivität nach unten geht es sind die selben Prozesse und Maschinen. Die VW WERKE in Bratislava haben mit die höchste Produktivität in der VW Welt! Aber klar glauben wir dran