Fruchtbarer Wald in Burkina Faso: In der Wüste wächst wieder etwas

In Burkina Faso hat Yacouba Sawadogo einen einzigartigen Wald geschaffen. Mit einer alten Technik belebte er staubtrockene Böden.

Yacouba Sawadogo, ein älterer Mann mit weißer Kappe und braunem Hemd, blickt in die Kamera

Sawadogo bekam den Alternativen Nobelpreis für seine Methode zur Begrünung der Wüste Foto: Katrin Gänsler

OUAHIGOUYA taz | Immer wieder bleibt Yacouba Sawadogo stehen. Er nimmt ein Blatt zwischen Zeigefinger und Daumen und erklärt, um welchen Baum es sich handelt, wie häufig er vorkommt und welche Heilkräfte ihm nachgesagt werden. Sawadogo führt durch einen Wald in Gourga. Das Dorf grenzt an die Provinzhauptstadt Ouahigouya im Nordwesten von Burkina Faso.

Auf dem 27 Hektar großen Gelände der Familie Sawadogo sind in den vergangenen Jahrzehnten 96 verschiedene Baum­arten sowie Gräser und Sträucher gepflanzt worden. Der Wald gilt deshalb für den Norden von Burkina Faso, wohl aber auch für das ganze Land, als einzigartig.

Doch es ist kein weicher, erdig riechender Waldboden, auf dem die Bäume und Sträucher wachsen, die für die Ernährung der Dorfbewohner elementar sind. Der Boden hier ist hart und trocken und übersät mit winzigen rotbraunen Steinen, die unter jedem Schritt knirschen. So wie auf den schmalen Wegen habe es überall einmal ausgesehen, sagt Sawadogo und bleibt auf einer Lichtung stehen.

Trotz der Artenvielfalt drumherum wächst hier, auf der wüstenartigen Lichtung, kein einziger Grashalm. Sawadogos Vater, Yacouba Sawadogo, kannte den Boden als Kind und Jugendlicher nur so, bis er vor 50 Jahren entschied, die Wüste zurückzudrängen. Er habe sich vorgenommen: „Ich muss den Wald zurückholen.“

Zuerst wurde er für sein Vorhaben verspottet

Dafür ist der heute 75-Jährige vielfach ausgezeichnet worden, zuletzt im vergangenen Jahr mit dem Champion of the Earth Award, einem Umweltpreis, der seit 2005 vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (Unep) verliehen wird. Weltweit bekannt gemacht hat den „Mann, der die Wüste aufhält“, – so wird er häufig bezeichnet – die Auszeichnung mit dem Alternativen Nobelpreis im Jahr 2018. Damit dürfte er zu den international bekanntesten Burkinabè gehören.

In den 1970er und 1980er Jahren traf ihn allerdings vor allem Spott. „Ein Verrückter, der seine Zeit verschwendet“, habe es oft geheißen, erinnert sich Yacouba Sawadogo. Niemand habe sich damals vorstellen können, etwas aus der Erde zu holen, in der nichts mehr war, erzählt er. Jetzt sitzt der 75-Jährige unter einem großen Baum im Schatten am Eingang des Waldes und trinkt Wasser. Zum Aufstehen braucht er Zeit. Die Schritte, die er macht, sind langsam geworden. Deswegen hat er längst Teile seiner Arbeit an seine Kinder übergeben, allen voran Lookman, das „Kind Nummer 25“, wie Lookman sich selbst grinsend bezeichnet.

Anders als sein Vater hat der Sohn eine Ausbildung zum Förster und zieht unter anderem in einer Baumschule und in einem Garten Pflanzen, die später im Wald ausgepflanzt werden. Von Reisen in Nachbarländer bringt er außerdem Samen und Jungpflanzen mit. „Es ist wichtig, die Vielfalt zu erhalten“, betont er.

Die Auszeichnungen, die Yacouba Sawadogo erhielt, haben der Familie geholfen. „Ganz Burkina Faso hat sich geehrt gefühlt, und ich konnte verschiedene Projekte umsetzen. Es braucht aber mehr solcher Preise“, sagt Yacouba Sawadogo.

Zuletzt wurde im Juni der Wald eingezäunt, denn es hat immer wieder Versuche gegeben, dort nach Brennholz zu suchen. Das Nutzen von Holzkohle gilt als größte Bedrohung der afrikanischen Wälder. Vor allem auf dem Land wird überwiegend mit Holzkohle gekocht. Auch kam es vor einem Jahr zu einem Brand, der einen knappen Hektar vernichtete. Wie dieser ausbrach, ist unklar. Eine Einzäunung kann aber zum Schutz beitragen.

Die Regenzeit wird immer unsicherer

Denn längst zieht der Sawadogo-Wald Interessierte aus dem ganzen Land an, die sich Tipps und Ideen holen sowie die eine oder andere Jungpflanze aus der Baumschule mitnehmen. Für ein besseres Netzwerk hat Lookman Sawadogo mittlerweile eine kleinere Organisation gegründet. Längst geht es jedoch nicht nur um das Pflanzen von Bäumen, Sträuchern und Gräsern. Um langfristig Wälder anzulegen, sind gerade im Norden von Burkina Faso, der teilweise in der Sahelzone liegt, besondere Bewässerungs- und Düngetechniken notwendig.

In den Monaten von April bis Juni steigen die Temperaturen auf mehr als 40 Grad Celsius. Regen gibt es nur etwa von Juni bis September, und dieser Zeitraum wird wie vielerorts im Sahel immer unvorhersehbarer. Mal bleibt der Niederschlag aus, mal kommt es zu Starkregen. In diesem Jahr kamen mindestens neun Menschen durch die Regenzeit ums Leben, mindestens 87 wurden verletzt. Die Sahelzone gilt als höchst komplexes und störungsanfälliges Ökosystem.

Yacouba Sawadogo

Meine Nachricht an die Jugend lautet: Sie sollen sich für die Wälder und den Boden interessieren

Zurück im Wald: Lookman Sawadogo bleibt vor einem kleinen Grabensystem stehen, das Regenwasser speichert. Immer wieder fallen Löcher auf, die einen Durchmesser von 20 bis 30 Zentimetern haben. Auch sie sind Speicher.

Dass der Wald über die Jahrzehnte so grün und artenreich geworden ist, liegt auch an der sogenannten Zaï-Technik. Sie zeichnet sich durch Pflanzlöcher aus, die in ordentlichen Reihen angelegt werden. Yacouba Sawadogo hat die Technik weiterentwickelt, die Löcher vergrößert und nicht nur Samen, sondern auch Kompost hineingefüllt. Das hilft beim Wachsen und lockt Termiten an, die den Boden auflockern. Viele Familien nutzen die erfolgreiche Technik heute. Allerdings ist sie auch mühsam und arbeitsintensiv.

Yacouba Sawadogo findet Fridays for Future gut

Genau wie der Kampf gegen den Klimawandel, der der Region schwer zusetze, sagt Lookman Sawadogo. Von großen Demonstrationen hält er nur bedingt etwas. „Es ist wichtiger, praktische Dinge zu machen“, sagt er. Sein Vater ist da milder, er findet Fridays for Future unterstützenswert. „Es ist gut, wenn gegen einen hohen CO2-Ausstoß protestiert wird“, sagt er. „Meine Nachricht an die Jugend lautet: Sie soll sich für die Wälder und den Boden interessieren. Nur so lässt sich wieder etwas ernten.“

In der Verantwortung ist aber auch die Politik, sagt Yacouba Sawadogo. Es sei gut, dass sich burkinische Po­li­ti­ke­r*in­nen immer wieder von seiner Arbeit haben inspirieren lassen. Zur Fertigstellung des Zauns, der den Wald schützen soll, schickte die Regierung einen hochrangigen Vertreter. Die zuständige Behörde heißt längst „Ministerium für Umwelt, grüne Wirtschaft und Klimawandel“.

Wichtig seien aber Persönlichkeiten wie Thomas Sankara, der bis zu seiner Ermordung am 15. Oktober 1987 vier Jahre lang Präsident war. „Er führte damals einen Kampf gegen das Aussterben von Tierarten, die Abholzung und die Buschfeuer“, erzählt Sawadogo. „wir folgen heute seinem Pfad.“

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