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EU und die TalibanBeschränkte Zusammenarbeit

Brüssel formuliert Bedingungen, wie die Beziehungen zu den Taliban aussehen sollen. Weiter offen ist die Aufnahme von fluchtwilligen Afghanen.

Frauen in Kabul fordern ihre Rechte: Protestierende in Afghanistans Hauptstadt am Freitag Foto: Wali Sabawoon/ap

Kranj dpa | Die Außenminister der EU-Staaten haben sich auf fünf Bedingungen für eine beschränkte Zusammenarbeit mit den militant-islamistischen Taliban in Afghanistan verständigt. Grundlage dafür ist eine deutsch-französische Initiative. Das „operative Engagement“ mit den neuen Machthabern soll demnach schrittweise hochgefahren werden, wenn die Taliban eine Regierung unter Einbindung auch von anderen politischen Kräften im Land bilden und die Ausreise von schutzbedürftigen Menschen ermöglichen.

Zudem sollen sie die Einhaltung von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit gewähren, humanitäre Hilfe ermöglichen und garantieren, dass Afghanistan nicht wieder zu einer Basis für international operierende Terrorgruppen wird.

„Wir werden mit der neuen Regierung in Afghanistan in einen Dialog treten müssen“, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Freitag nach Beratungen der EU-Außenminister in Slowenien. Das Engagement werde allerdings von der Einhaltung der Bedingungen abhängen. Es gehe um ein „operatives Engagement“, das in Abhängigkeit vom Verhalten zunehmen könne, und nicht um politische Anerkennung, betonte Borrell.

Sorge der EU ist es vor allem, dass es in Afghanistan wegen des anhaltenden Mangels an Lebensmitteln und medizinischer Versorgung zu einer humanitären Katastrophe kommt, die dann zu großen Fluchtbewegungen in Richtung Europa führt. Mehrere Nachbarländer haben bereits öffentlich gewarnt, dass sie nicht willens oder in der Lage seien, noch mehr hilfsbedürftige Menschen aufzunehmen.

Kontakte koordinieren

Eine Grundlage für die Verständigung auf die Bedingungen war nach Angaben von EU-Diplomaten ein deutsch-französisches Papier zum Thema. Bundesaußenminister Heiko Maas hatte den Taliban bereits am Donnerstagabend in Aussicht gestellt, dass Deutschland die derzeit gestoppten Entwicklungshilfe-Zahlungen für Afghanistan unter bestimmten Bedingungen wieder aufnehmen könnte.

„Die meisten Menschen (…) werden aufgrund der geschlossenen Grenzen Afghanistan nicht verlassen können“, erklärte der SPD-Politiker. Deshalb müsse man den Menschen in Afghanistan jetzt helfen, und dafür müsse man auch mit den Taliban sprechen.

Nach Angaben von Borrell verständigten sich die EU-Staaten bei den Beratungen zudem darauf, ihre Kontakte mit den Taliban untereinander zu koordinieren. Dazu soll es auch eine gemeinsame Präsenz der Europäischen Union in Kabul geben, wenn es die Sicherheitsbedingungen zulassen.

Mit den Nachbarländern Afghanistans soll laut Borrell verstärkt über die Steuerung von Flüchtlingsbewegungen sowie die Bekämpfung von Terrorismus und Drogen- und Menschenhandel gesprochen werden. Dazu wird den Planungen zufolge eine neue politische Plattform initiiert.

Österreich sagt nein

Weiter offen ist unterdessen, ob es von der EU konkrete Aufnahmezusagen für fluchtwillige Afghanen geben wird. Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) sprach sich bei dem Treffen in Slowenien erneut klar dagegen aus.

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn kritisierte hingegen, manche Regierungen in der EU glaubten, Europa könne nur bestehen, wenn es so wenig Flüchtlinge wie möglich habe. „In dieser Situation müssen wir bereit sein, den Menschen in Afghanistan zu helfen, die um ihr Leben kämpfen“, sagte er. Europa müsse selbstverständlich Menschen aufnehmen.

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5 Kommentare

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  • @THOMAS RAUSCH

    "Taleban zukünftig beste Freunde zu den USA ?"

    Das war schon mal so -- da hiessen sie Mudschahidin [1] und waren "die Guten" weil sie gegen die Sowjets geballert haben (Rambo II übrigens fleissig mit). Man hat sie mit Waffen und Ausbildung versorgt.

    Ich weiss, die Linien und der Verlauf der vielfältigen Fronten ist sehr komplex, aber manche Kontinuitäten lassen einen zusammenzucken (etwa die Geschichte Abu Zubaydahs [2]), der zuerst im afghanischen Bürgerkrieg kämpft (somit nach CIA zu "den Guten" gehörend), am Ende in Guantánamo die besondere Aufmerksamkeit durch dieselben, mitsamt Waterboarding geniesst.

    Versteht mich nicht falsch. Ich halte nichts vom Jihad, schon gar nicht wenn mit so barbarischen Mitteln betrieben. Ich fordere aber hinreichend Selbstkritik, wenn sich "unsere" Seite genauso barbarisch benimmt, zumal wir für unsere Seite wesentlich mehr Verantwortung tragen (wir sitzen in einer sog. Demokratie!).

    [1] de.wikipedia.org/wiki/Mudschahidin



    [2] en.wikipedia.org/wiki/Abu_Zubaydah

    • @tomás zerolo:

      Kennen Sie denn in diesem Land irgendjemanden, der Guantanamo öffentlich gutfindet?

      Da ist "Selbstkritik".

  • Taleban zukünftig beste Freunde zu den USA ?

    Entscheidend wird sein, ob die Taleban ihre eigenen Reihen geschlossen halten können. Das militärische Vorgehen der Taleban gegen die Opposition im Pandschschir Tal lässt vermuten, das die Führung ihre eigenen Taliban Hardliner beschäftigen wollen. Setzt sich die moderate Führung durch, könnte eine "dicke Freundschaft" zu den USA in einer, für beide Seiten gewollten, win win Situation enden.



    Zum Einen würde die Biden Administration gerne angeforderte Hilfe leisten um den Kritikern klar beweisen zu können, das die zwanzig Jahre nicht umsonst und der Abzug gerade jetzt richtig war, weil ein Freundschaft durch eine als Besatzung begriffene Macht nie zustande hätte kommen können, zum Anderen die Taleban Führung so nicht in die Hände Chinas getrieben würden, die gerne Hilfe leisten um sich als Gegenleistung dann auch festsetzen zu können und ihre Regierung sich stabilisieren könnte.

    Das was die Taleban dann durch die USA an Hilfe erfahren, und jede weiter durch den IS geworfene Bombe könnte da den Vorgang der Hilfen beschleunigen, würde auch nicht direkt zurückgefordert, was gegenüber China wohl nicht Fall wäre. Sinnigerweise vertritt die Ansicht auch der im Irak eingesetzte, jetzt im Ruhestand befindliche vier Sterne General David Patraeus in einem Interview auf CNN. Und die EU setzt ihre Politik in die gleiche Richtung.







    Ich denke, dem kann man sich durchaus anschließen. Das China sich dort festsetzt und ein mögliches Chaos,ist also lange noch nicht der Weisheit letzter Schluss.

    • @Thomas Rausch:

      Pandschirtal, guter Punkt, braucht Unterstützung jetzt. In unklaren Konflikten gibt es Schlüsselmomente, in denen sich Kämpfer von Zivilisten unterscheiden. Und dies ist wenn sie vorrücken. Dann ist der richtige Moment für Luftschläge. Verpasst man dies, und Extremisten nisten sich ein und verschanzen sich in Dörfern, ist jeder Luftangriff gegen Extremisten gleichzeitig ein Terrorangriff auf die Zivilbevölkerung. Ein Fehler des Westens und seiner Partner. Also. Jetzt ist der passende Moment. Lasst Massoud nicht in Stich!

  • "Zudem sollen sie die Einhaltung von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit gewähren"

    Eine hohe Messlatte: die wären besser als Ungarn und Polen! Ganz zu schweigen von Russland, der Türkei oder Iran.