#Pimmelgate: Lass' es, Andy!

Andy Grotes Problem ist, dass es wirkt, als gälten für ihn andere Regeln – als Polizeisenator und als Mann.

Hamburgs Innensenator Andy Grote krämpelt sich die Hemdsärmel hoch

Nich lang schnacken: Andy Grote (SPD) krempelt die Hemdsärmel hoch Foto: Marcus Brandt/dpa

Viel hat Andy Grote einstecken müssen in dieser Woche, wobei: Darf man das in seiner Hörweite noch sagen respektive schreiben: „einstecken“, zumal es ja um Hohn geht und um Spott? Lassen wir es mal drauf ankommen – denn eine Lektion dürfte auch Hamburgs SPD-Innensenator mitnehmen aus den vergangenen Tagen: Manchmal ist es klüger, nicht über jedes, Pardon, Stöckchen zu springen.

Denn sie hat ihm zwar maximale Aufmerksamkeit beschert, die Sache mit dem Pimmel-Tweet. Die Polizei war ausgerückt, hatte im Stadtteil St. Pauli eine Wohnung durchsucht in aller Frühe, und das wegen, eben, eines Tweets, in dem der Senator als männliches Geschlechtsteil bezeichnet worden war – wenn auch weiß Gott nicht in der drastischsten vorstellbaren Weise. Oder war das Grotes Problem? Dass ein erwachsener Mann – und dann auch noch mit dem Nachnamen! – sich nicht mit so einem geradezu niedlichen Sandkastenwort bezeichnet sehen muss?

Nachdem die taz darüber berichtet hatte, zog die lokale, die nationale und – mit der Washington Post – sogar die internationale Presse nach: Unseren Andy kennt nun die Welt – allerdings lacht sie halt auch über ihn. Dass ihm der polizeilich verfolgte Pimmel, nein, Tweet nun anhängt, das wird er so bald nicht los, bis zu 20.000 Tweets widmeten sich am Donnerstag Grotes #Pimmelgate. Wenn er – oder sein Social-Media-Team – sich mal langweilen, können sie ja den Streisand-Effekt nachschlagen: Der bezeichnet, wie das versuchte Deckeln unliebsamer Informationen sein genaues Gegenteil bewirkt.

Frauen haben es schwerer

Er könnte sich stattdessen aber auch mit der Grünen-Politikerin Renate Künast unterhalten, die eine juristische Achterbahnfahrt erlebte, als sie gegen sehr viel drastischere Vokabeln vorging. Oder mit einer der vielen deutlich weniger prominenten Frauen, in deren Namen er den ganzen Verfolgungszirkus ja auch angestrengt haben will.

Denn Online-Hassrede oder auch Beleidigung per Geschlechtsteilbezeichnung sind reale Probleme, das stellt niemand in Abrede. Grotes Problem ist der partout nicht einfach wieder verschwindende Eindruck, für ihn gälten eben doch andere Regeln: weil er Polizeisenator ist und weil er kein Pimmel sein mag, aber nun mal einen hat.

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Wollte irgendwann Geisteswissenschaftler werden, ließ mich aber vom Journalismus ablenken. Volontär bei der taz hamburg, später auch mal stv. Redaktionsleiter der taz nord. Seit Anfang 2017 Redakteur gerne -- aber nicht nur -- für Kulturelles i.w.S.

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