Verkehrspolitik in Frankreich: Paris wird sicherer und leiser

In Frankreichs Hauptstadt gilt fortan Tempo 30. Viele ignorierten die neue Regelung zwar am ersten Tag, doch eine breite Mehrheit steht dahinter.

Tempo 30 Schild in Paris

In Paris gilt ab jetzt Tempo 30, das finden viele Be­woh­ne­r*in­nen gut Foto: Luc Nobout/imago

PARIS taz | Was in deutschen Großstädten als ausgeschlossen gilt, ist jetzt – nach Brüssel, Madrid oder Barcelona – auch auf (fast) allen Straßen der französischen Hauptstadt Paris Realität: ein Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde.

Ausgenommen von der neuen Geschwindigkeitsbegrenzung sind nur eine wenige Durchfahrtachsen, die Avenue des Champs Élysées, wo es vorerst bei Tempo 50 bleibt, sowie außerdem die Ringautobahn „Périphérique“, auf der die Fahrzeuge weiterhin mit maximal 70 Kilometern pro Stunde verkehren dürfen.

Am ersten Tag ignorierten jedoch viele Motorrad- und Pkw-Lenker*innen die neue Regelung, sei es, dass sie angeblich davon keine Kenntnis hatten, oder weil sie sich aus Ablehnung dieser Maßnahme zur Verkehrsberuhigung vorsätzlich darüber hinwegsetzten.

Diejenigen, die das verordnete Tempo 30 brav, aber oft nicht ohne Anfangsprobleme einzuhalten versuchen, fallen auf. Sie sind vorderhand wenigstens noch klar eine Minderheit. Vielleicht auch, weil am ersten Tag keine besonderen polizeilichen Kontrollen zu beobachten waren.

Auto-Verein will Entscheidung rückgängig machen

Der Grünen-Vizebürgermeister Daniel Belliard hatte diese Geschwindigkeitsbegrenzung schon im letzten Frühling als Umsetzung eines Wahlversprechens der sozialistischen Bürgermeisterin Anne Hidalgo angekündigt, die generell eine Verminderung der fossil betriebenen Fahrzeuge im Zentrum der Hauptstadt anstrebt.

Belliard erklärt die damit verfolgten Zielsetzungen: „Der erste Grund für Tempo 30 ab dem 30. August ist die Sicherheit. Die Geschwindigkeitsbegrenzung erhöht die Sicherheit der Fußgänger, Fahrradfahrer und verletzlicher Personen.“ In der letzten Dekade seien im Jahresdurchschnitt 18 Menschen bei Unfällen mit Lkw, Pkw und Motorrädern ums Leben gekommen, in diesem Jahr bereits fünf.

Sein zweites Argument ist nicht die Umwelt- oder Klimapolitik, da anscheinend diesbezüglich kaum weniger CO2-Ausstoß zu erwarten sei, sondern der Lärm: Die Senkung von 50 auf 30 Kilometern pro Stunde halbiere die von der Bevölkerung empfundene Belästigung durch den Verkehrslärm.

Dass damit der gesamte Straßenverkehr stark verlangsamt werde oder gar neue Staus geschaffen würden, hält die rot-grüne Stadtregierung für unwahrscheinlich, denn bereits heute liege das reale Durchschnittstempo bei einer Autofahrt durch die Innenstadt bei weniger als 20 Kilometer pro Stunde. Dennoch möchten Vereine wie „Rouler libre“ („Frei fahren“) mit einer gerichtlichen Beschwerde die an sofort geltende Senkung der Höchstgeschwindigkeit wieder rückgängig machen.

Ihnen steht indes eine Mehrheit von 61 Prozent der Pariser Bevölkerung gegenüber, die laut einer Umfrage die Verkehrspolitik unterstützt. Die Befragten mit hohen Einkommen befürworten diese mit nur 54 Prozent deutlich weniger als die Bür­ge­r*in­nen mit niedrigen Einkommen (74 Prozent). Auch unter jenen, die sich selbst als Autofahrer bezeichnen, ist die Zustimmung mit 36 Prozent geringer.

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