Extinction Rebellion-Aktionen in Berlin: XR gehört rehabilitiert

Die Aktionen der Klima­schüt­ze­r*in­nen sind mutig und bildstark und treten genau jenen auf die Füße, die einem ökologischen Umbau im Wege stehen.

Die Polizei beendet am Freitag, 20. August, eine XR-Aktion auf dem Brandenburger Tor Foto: dpa

Die Klimaschutzbewegung Extinction Rebellion nervt: all jene, denen die Blockadeaktionen im Straßenverkehr ein Dorn im Auge sind, aber auch viele Linke, die sich für gewöhnlich nicht an Aktionen des Zivilen Ungehorsams stören. Übel genommen werden XR die Holocaust-Vergleiche und relativierenden Äußerungen ihres britischen Mitbegründers Roger Hallam sowie die Art und Weise der Politikvermittlung ihrer Aktivist*innen: Weltuntergangsraunen gepaart mit persönlicher Opferbereitschaft.

Nun gibt es an den Aussagen Hallams nichts zu entschuldigen, doch sie liegen bereits zwei Jahre zurück, und die deutsche XR-Sektion hat sich davon schnell und glaubhaft distanziert. Auch das Unbehagen gegenüber dem Auftreten der Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen ist nachvollziehbar, man muss Bilder nicht gutheißen, auf denen sie an Galgen hängen oder auf schmelzenden Eisblöcken stehen. Im Kern ist das aber nicht mehr als eine Stilkritik. Politisch, das hat die Aktionswoche August Rise up deutlich vor Augen geführt, gehört Extinction Rebellion endgültig rehabilitiert.

In Berlin gab es in dieser Woche unter anderem Blockaden vor den Büros des Bauernverbandes, dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, der Landesvertretung Nordrhein-Westfalens, dem Wirtschaftsrat der CDU. Aktionen richteten sich gegen den Lobbyverband „Gas Zukunft“ und die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.

Mit Chuzpe, aber letztlich erfolglos wurde zudem versucht, ein Camp im Monbijoupark durchzusetzen. Während linke Demos bevorzugt durch ihre Kreuzberger Kieze latschen, tritt XR genau jenen Akteuren auf die Füße, die einem ökologischen Umbau der Gesellschaft im Wege stehen.

Das verdient Anerkennung

Die Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen tun das mit Mut und einer kreativen Bildsprache, die in der außerparlamentarischen Bewegung auch nicht allenthalben zu finden ist. Eine großflächig mit Kunstblut beschmierte Fassade der CDU, ein NRW-Landeslogo, das zu einem N-RWE umgewandelt wurde, das Eindringen beim Wirtschaftslobbyverein mit CDU-Kontakt unter der Tarnung als Junge Union-Mitglieder, das Erklettern von Dächern, Ankleben von Händen und Füßen oder Festschließen zeigen die Bandbreite auf.

Die Aktionen sind aufwändig, materialintensiv und plakativ. Muss man mehr über die Regierungspolitik der CDU sagen, als es XR auf einem im Parteidesign gehaltenen Transparent getan hat: „16 Jahre regiert, die Lobby stets hofiert – das Klima ruiniert“?

Die Klimakrise ist real, die Blo­ckie­re­r*in­nen von Veränderungen sind mächtig, die Werkzeuge der Klimabewegung oftmals nicht durchschlagend. XR versucht das zu ändern. Das verdient Anerkennung.

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Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".

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