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Debatte um Kurdistan-Reise einer FriedensdelegationLinkenpolitikerin festgehalten

Die Polizei verhinderte die Ausreise der Hamburger Linkenfraktionschefin Cansu Özdemir nach Kurdistan. Das wird nun ein Thema im Bundestag.

Prüft auch rechtliche Schritte gegen die Bundespolizei: Cansu Özdemir Foto: Markus Scholz/dpa

Hamburg taz | Die Bundesregierung soll sich kommende Woche zur umstrittenen Hinderung der Hamburger Linkenpolitikerin Cansu Özdemir an ihrer Reise nach Kurdistan äußern. Die Bundespolizei hatte am vergangenen Samstag die Co-Fraktionschefin in der Bürgerschaft über Stunden festgesetzt.

Dabei dürfen Man­dats­trä­ge­r:in­nen nicht an ihrer politischen Arbeit gehindert werden. Gökay Akbulut, Abgeordnete der Linken, will am Mittwoch in der aktuellen Stunde des Bundestags von der Bundesregierung wissen, was sie von der Hinderung weiß – und ob es im Vorfeld Gespräche zwischen deutschen und türkischen Behörden dazu gab.

Özdemir wollte mit weiteren Teil­neh­me­r:in­nen einer Friedensdelegation vom Düsseldorfer Flughafen nach Südkurdistan in den Nordirak reisen. Dort eskaliert einerseits ein innerkurdischer Konflikt, andererseits führt die türkische Regierung Bombardements aus der Luft durch, um gegen die PKK vorzugehen.

Anweisung von oben?

„Ich wollte mir mit anderen Teilnehmenden einer Friedensdelegation ein Bild vor Ort machen und versuchen, durch Gespräche mit dortigen Organisationen, Parteien und der Zivilgesellschaft einen Beitrag zum Frieden zu leisten“, sagte Özdemir der taz. Stattdessen nahm die Bundespolizei den Teil­neh­me­r:in­nen die Ausweise ab und befragte sie stundenlang, bis das Flugzeug ohne sie abhob.

Die Festsetzung sei, so sollen Be­am­t:in­nen Özdemir erklärt haben, eine „Anweisung von oben“. Da zeitgleich auch irakische Sicherheitskräfte Teil­neh­me­r:in­nen der Friedensdelegation – darunter auch Jour­na­lis­t:in­nen – festgesetzt hatten, spricht dies laut Özdemir für eine Absprache zwischen der deutschen und der irakischen Regierung.

Mehrere Teil­neh­me­r:in­nen der Delegation hatten am Samstag am Flughafen eine Ausreiseverbot erteilt bekommen. Begründet wurde das mit der Vermutung, sie würden vor Ort „menschliche Schutzschilde“ für die PKK bilden. Özdemir hält das für vorgeschoben: „Wie soll ich mich denn bitte bei einer Luftbombardierung als Schutzschild hinstellen?“

Hinzu sollen, so die Begründung der Bundespolizei, durch die Reise die deutsch-türkischen Beziehungen nicht zu Schaden kommen. Özdemir wirft der Bundesregierung vor, mit „Erdoğan-Methoden“ den türkischen Machthaber besänftigen zu wollen.

Neben der politischen Aufklärung prüft Özdemir auch rechtliche Schritte. Nach Ansicht der Präsidentin der Hamburger Bürgerschaft, Carola Veit (SPD), dürfte das Vorgehen der Bundespolizei rechts- beziehungsweise verfassungswidrig gewesen sein.

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4 Kommentare

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  • Wir sollen Erdoğan nicht dabei stören, "seine" Kurden zu massakrieren.

    Naja, autoritär und autoritär gesellt sich scheinbar gerne.

    • @tomás zerolo:

      Wir sprechen hier von unterschiedlichen Konflikten, die teilweise miteinander verwoben sind.

      In der Autonomen Region Kurdistan (Nordirak), gibt es spätestens seit den '80 Basen der PKK, vor allem im Kandil Gebirge. Dort ist sie relativ autonom und untersteht nicht den örtlichen kurdischen Autoritäten.

      Die KDP (Demokratische Union Kurdistans) stellt die stärkste Gruppe im Nordirak, zu ihr gehört auch der Barzani Clan, der die wichtigen Posten im Nordirak besetzt. Sie unterhält auch teilweise gute Kontakte zur Türkei und hat wenig Interesse daran, das sich in ihrem Gebiet dir türkische Armee und die PKK bekämpfen, sie stört auch die Autonomie der PKK im Nordirak und es gab in den 1990 teils schwere Gefechte zwischen PKK und KDP.

      Es gibt allerdings auch irakische Kurden, die mit der PKK sympathisieren/kämpfen, die sammeln sich vor allem in der PUK (Patriotische Union Kurdistans) und steht in Opposition zur KDP.

      Am 5. Juni wurden 5 Peschmerga, so nennen die irakischen Kurden ihre Kämpfer, getötet, die KDP sagt, Hinterhalt der PKK, die PKK sagt, wir haben niemanden umgebracht. Ein weiterer ist in der Nähe Zakho bei Kämpfen gefallen.

      Nun besteht die Möglichkeit massiver Auseinandersetzungen zwischen PKK und KDP, die Kurden gaben dafür ein Wort, brakuji, Brudermord, darum geht es bei dieser Friedenskonferenz.

      * Das ist eine sehr grobe Darstellung des Sachverhaltes, aber innerkurdische Streitigkeiten sind noch komplexer als Israelische, soviel Platz ist hier nicht... und die Meinung meiner kurdischen Bekannten ist da auch, nennen wir es mal unterschiedlich.

  • Das ist das schöne am Rechtsstaat. Erst schafft man Fakten, dann "klärt man auf". Die Fakten bleiben.

  • Ich hätte ja gern Näheres zu der Begründung gelesen.

    So ist mir der Artikel zu dünn.

    Dass Frau Özdemir alles für unbegründet hält, liegt in der Natur der Sache.