Nach verhinderter Kurdistan-Reise: Linken-Politikerin will klagen
Nach der verhinderten Ausreise von Cansu Özdemir (Linke) nach Kurdistan äußert sich nun das Innenministerium. Die Hamburgerin will nun klagen.
Hamburg taz | Die Hintergründe der umstrittenen Behinderung der Reise von Hamburgs Linken-Politikerin Cansu Özdemir nach Kurdistan sind weiter offen. Nun hat sich das Bundesinnenministerium zum Vorgehen der Bundespolizei geäußert. Aus Sicht der Linken-Politikerin stünden diese Äußerungen allerdings im Widerspruch zu den anfänglichen Aussagen der Bundespolizei. Sie will nun rechtliche Schritte einleiten.
Die Bundespolizei hatte am vorvergangenen Samstag die Ko-Chefin der linken Bürgerschaftsfraktion über Stunden festgesetzt. Özdemir wollte mit weiteren Teilnehmer:innen einer Friedensdelegation vom Düsseldorfer Flughafen nach Südkurdistan in den Nordirak reisen. Dabei dürfen gewählte Abgeordnete nach dem Grundgesetz und nach der Hamburger Verfassung nicht ohne Weiteres verhaftet oder in sonstiger Weise in ihrer Freiheit und in der Ausübung ihres Mandats behindert werden.
„Ich bin wirklich überrascht, wie das Ministerium den Fall plötzlich darstellt“
In einer Mitteilung hob die Bundespolizei hervor, Özdemir habe sich zunächst nicht als Mandatsträgerin zu erkennen gegeben. Sie widerspricht dem. Ihr sei zudem vorübergehend der Reisepass abgenommen worden.
Gegenüber Özdemirs Parteikollegen und Bundestagsabgeordneten Niema Movassat stellt das Bundesinnenministerium den Fall nun anders dar: „Auf eigenen Wunsch wurde der in der Fragestellung genannten Person (Anmerkung: Cansu Özdemir) bis zum Ende der Befragung der anderen Personen der Verbleib in der Dienststelle der Bundespolizei ermöglicht.“ Sie sei nicht befragt, in Gewahrsam oder gar festgenommen worden.
Innenministerium: Keine Absprache mit irakischen Behörden
Movassat glaubt der Darstellung nicht. „Das Bundesinnenministerium verstrickt sich in erhebliche Widersprüche“, sagt er. Die Aussage passe nicht zur Aussage, dass Özdemir in den entsprechenden Stunden auf Schritt und Tritt von einem Beamten begleitet worden sei.
Özdemir will nun Strafanzeige wegen Nötigung und Freiheitsberaubung erstatten. Zudem will sie per Klage beim Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit der Maßnahme bestätigen lassen – womit sich die Darstellung des Innenministeriums als falsch herausstellen würde. „Ich bin wirklich überrascht, wie das Ministerium den Fall plötzlich darstellt“, sagt Özdemir.
Am Mittwochnachmittag erklärte das Innenministerium darüber hinaus, dass es bei dem Einsatz keinerlei Absprachen mit den türkischen oder irakischen Behörden gegeben habe. Özdemir hält das für absurd, da nahezu gleichzeitig auch im Irak Teilnehmer:innen der Friedensdelegation festgesetzt wurden.
Leser*innenkommentare
What If
Wäre mir neu, dass eine Reise nach Kurdistan ein "Mandat" einer Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten ist.
Sonnenhaus
Mit einem solchen Innenministerium sollen wir uns in diesem Land sicher fühlen? Intransparenz zerstört bürgerschaftliches Vertrauen. Warum agiert sich Hr. Seehofer derart gegen unsere Verfassung?! Oder wusste er von dieser Sache mal wieder nichts?
Joachim Petrick
Statt nun Cansu Özdemir direkte Aussprache anzubieten, den Fall eingehend umfassend zu klären, stellt das Bundesinnenministerium den Fall gegenüber Özdemirs Parteikollegen und Bundestagsabgeordneten Niema Movassat anders dar. Das allein lässt aufhorchen. Aufklärungswille von Amtswegen sieht anders aus.
rero
@Joachim Petrick Was soll hier eine "direkte" Aussprache?
Es geht um rechtliche Maßnahmen der Bundespolizei, zu denen Frau Özdemir der Rechtsweg offensteht.
Ein Kaffeekränzchen im Innenministerium ist etwas anderes als eine Fortsetzungsfeststellungsklage.
Mich würde das "direkte" Gespräch aufhorchen lassen.