Erster großer Ausbruch der Saison: 87 Coronafälle auf Spargelhof

Die Behörden haben Hinweise auf Verstöße gegen Infektionsschutzregeln in dem Betrieb. Die Grünen fordern, alle Ern­te­hel­fe­r:in­nen zu impfen.

Ein Erntehelfer hält auf einem Feld frisch gestochenen Spargel

Hierfür infizieren sich Menschen: Spargel Foto: Silas Stein/dpa

BERLIN taz/dpa | Nach dem ersten großen Corona-Ausbruch auf einem Spargelhof in dieser Erntesaison drohen im niedersächsischen Landkreis Diepholz härtere Infektionsschutzmaßnahmen. Laut Robert Koch-Institut lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Montag bei 132,7 und damit zum dritten Mal in Folge über der kritischen Marke von 100. Der Kreis hatte für diesen Fall angekündigt, dass ab Mittwoch die zusätzlichen Maßnahmen der Bundesnotbremse sowie der Coronaverordnung des Landes wie Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen gelten.

Bei einer Reihentestung auf dem großen Spargel- und Beerenbetrieb Thiermann waren 87 Corona-Infektionen bestätigt worden, wie der Kreis am Wochenende mitgeteilt hatte. Insgesamt seien 1.011 Menschen untersucht worden. Die positiv Getesteten wurden demnach isoliert und befinden sich in Quarantäne. Die 935 negativ Getesteten dürften ihre Unterkünfte verlassen, um zu arbeiten. Eine Landkreissprecherin geht davon aus, dass bei weiteren Reihentestungen zusätzliche Coronafälle entdeckt werden. Es gebe Hinweise darauf, dass manche Regeln missachtet wurden, sagte sie. Nach den Hinweisen sollen nicht alle Beschäftigten im Bus zur Arbeitsstätte eine Maske getragen haben. Die Mehrheit der Infizierten sind Ern­te­hel­fe­r:in­nen, die in Sammelunterkünften wohnen.

„Dass die restlichen 935 Spar­gel­ste­che­r:in­nen jetzt in Arbeitsquarantäne weiter schuften müssen, ist verantwortungslos“, sagte Friedrich Ostendorff, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag. „Laut Corona-Impfverordnung zählen Saisonarbeitskräfte zum Personenkreis mit erhöhter Priorität. Statt Arbeitsquarantäne muss es jetzt ein Impfangebot für alle Saisonarbeitskräfte geben!“

„Im letzten Jahr wurde das Hygienekonzept noch in den Himmel gelobt, jetzt droht dem Kreis Diepholz aufgrund des Ausbruchs beim Spargelgiganten Thiermann die Coronanotbremse“, so Ostendorff. Weder dem Betrieb noch den politischen Verantwortlichen ist ernsthaft daran gelegen, den Saisonarbeitskräften maximalen Schutz zu bieten. 87 Neuinfizierte auf dem „vermeintlichen Vorzeigebetrieb Thiermann“ zeigten, dass die Vorsichtsmaßnahmen offensichtlich nicht ausreichten.

Deutsche Landwirte stellen jedes Jahr rund 300.000 Saisonkräfte ein, die vor allem aus Osteuropa kommen. Die Bauern brauchen sie etwa für die Spargelernte. Danach holen Ern­te­hel­fe­r:in­nen zum Beispiel Erdbeeren vom Feld. Sie bekommen meist nur den gesetzlichen Mindestlohn von 9,50 Euro die Stunde – oft minus Abzüge für Unterkunft und Verpflegung. Die meisten sind nicht regulär sozialversichert und haben keine gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.