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Freiheit für Geimpfte und Genesene

Justizministerin Lambrecht will Ausnahmen von der Ausgangssperre für bestimmte Gruppen schneller als geplant möglich machen

Viele der weit über 100 Verfassungs­beschwerden monieren, dass die Bundes-Notbremse keine Ausnahmen für Geimpfte vorsähe, obwohl die kaum noch infektiös sein können

Von Christian Rath

Wenn es nach Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) geht, sollen coronabedingte nächtliche Ausgangssperren nicht mehr für Geimpfte und Genesene gelten. An diesem Montag diskutiert das Coronakabinett der Bundesregierung Lambrechts Entwurf für eine entsprechende Ausnahme-Verordnung. Das 15-seitige Papier, das auch weitere „Erleichterungen“ enthält, liegt der taz vor.

Lambrecht will, dass die Verordnung „so schnell wie möglich“ in Kraft tritt. Das könnte heißen: Am kommenden Mittwoch beschließt die Bundesregierung die Verordnung, am Donnerstag würde der Bundestag zustimmen und am Freitag, den 7. Mai, der Bundesrat. Dagegen hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zunächst den 28. Mai als Ziel genannt. Er nahm dabei auch auf zögerliche Bundesländer Rücksicht, die Einschränkungen für Geimpfte erst aufheben wollen, wenn sich alle (erwachsenen) Bürger impfen lassen können. Inzwischen ist auch Spahn für ein schnelleres Vorgehen offen.

Der Entwurf von Lambrecht sieht vor, dass sich Geimpfte und Genesene trotz nächtlicher Ausgangssperre die ganze Nacht auf Straßen und Plätzen aufhalten dürfen. Auch Kontaktbeschränkungen sollen für sie nicht mehr gelten, sie könnten sich also in beliebiger Zahl draußen oder in Wohnungen treffen.

Daneben sollen Geimpfte und Genesene beim Zugang zu bestimmten Leistungen (etwa beim Einkaufen) mit Getesteten gleichgestellt werden. Und nach der Einreise aus Risikogebieten sollen sie in der Regel nicht in Quarantäne müssen. Diese Ausnahmen sollen überall dort gelten, wo die Bundesnotbremse anwendbar ist, weil die 7-Tage-Inzidenz über 100 liegt. Derzeit sind dies bundesweit 314 von 412 Landkreisen und kreisfreien Städten. Außerdem sollen die Ausnahmen auch bei Einschränkungen gelten, die die Länder aufgestellt haben. Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx, begrüßt die Regierungspläne, warnt aber zugleich vor einer Spaltung der Gesellschaft.

Für eine schnelle Verabschiedung der Verordnung spricht, dass die Bundespolitik auf diesem Weg vielleicht eine mögliche Intervention des Bundesverfassungsgerichts abwehren könnte. Viele der weit über 100 Verfassungsbeschwerden monieren, dass die Bundesnotbremse keine Ausnahmen für Geimpfte vorsähe, obwohl diese kaum noch infektiös sein können. Druck kommt auch von vielen Bundesländern, die inzwischen selbst Geimpfte und Getestete gleichstellen. Justizministerin Lambrecht hat dies ausdrücklich begrüßt.

Wenn von Geimpften die Rede ist, muss allerdings immer berücksichtigt werden, dass es um vollständig Geimpfte geht. Bei Biontech und AstraZeneca sind also zwei Impfungen erforderlich plus ein zeitlicher Abstand von 14 Tagen. Erst dann würde die Befreiung von der Ausgangssperre und anderem gelten. Derzeit sind in Deutschland jedoch erst rund 6,3 Millionen Menschen doppelt geimpft, das sind 7,6 Prozent der Bevölkerung.

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