Deutscher Stopp des EU-Hilfsfonds: Unbehagen in Europa

Gibt es doch keine Milliarden aus dem EU-Corona-Hilfsfonds? Der deutsche Stopp der Ratifizierung sorgt vor allem im Süden für Verunsicherung.

Emmanuel Macron mit Mund-Nasenschutz während einer Videokonferenz

Warnung aus Paris: Frankreichs Präsident Macron beim EU-Videogipfel am vergangenen Donnerstag Foto: Michel Euler/ap

BRÜSSEL taz Die Europäische Union macht sich Sorgen um ihren Corona-Hilfsfonds. Die EU-Kommission in Brüssel gab sich am Montag zwar gelassen: Der Start des 750 Milliarden Euro schweren, schuldenfinanzierten Fonds zur Jahresmitte sei durch den vorläufigen Stopp der Ratifizierung in Deutschland nicht in Gefahr, sagte ein Sprecher. Doch in Paris, Rom und im Europaparlament sieht man die Entwicklung im größten EU-Land mit wachsendem Unbehagen.

Bisher haben erst 16 von 27 EU-Ländern grünes Licht gegeben und den sogenannten Eigenmittelbeschluss bestätigt, der für die Finanzierung des EU-Fonds nötig ist. In Deutschland hängt die Ratifizierung am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Es hatte die Unterzeichnung des Gesetzes durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Freitag per einstweiliger Anordnung gestoppt.

Der sogenannte Hängebeschluss führt nun zu einer Hängepartie. Auf der einen Seite warten die Kläger – darunter AfD-Gründer Bernd Lucke – auf eine Entscheidung aus Karlsruhe. Auf der anderen Seite drängt Brüssel zur Eile, damit die Milliardenhilfen aus dem Corona-Fonds rechtzeitig ausgezahlt werden können. Deutschland soll 23 Milliarden Euro erhalten. Besonders dringend warten aber Italien und Spanien auf die Finanzspritzen aus Brüssel, die nur teilweise zurückgezahlt werden müssen.

Bisher haben erst 16 von 27 EU-Ländern grünes Licht gegeben und den so genannten Eigenmittelbeschluss bestätigt, der für die Finanzierung des EU-Fonds nötig ist. In Deutschland hängt die Ratifizierung am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Es hatte die Unterzeichnung des Gesetzes durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Freitag per einstweiliger Anordnung gestoppt. Der so genannte Hängebeschluss führt nun zu einer Hängepartie.

Warnungen aus Paris und Rom

Der deutsche Ratifizierungsstopp führe zu Unsicherheit in Südeuropa, warnt der grüne EU-Abgeordnete Rasmus Andresen. „Das Bundesverfassungsgericht sollte sich nicht vor den Karren nationalkonservativer Männer spannen lassen, die in der Sache politisch keine Mehrheit mehr haben und jetzt mit Verfassungsbeschwerden ihre politischen Vorstellungen durchsetzen wollen“, sagte Andresen zur taz.

Warnungen kommen auch aus Paris und Rom. Die EU müsse bei den Finanzhilfen aufs Tempo drücken und den Fonds notfalls aufstocken, sagte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron schon beim EU-Videogipfel am vergangenen Donnerstag. Italiens Regierungschef Mario Draghi ging noch weiter – und forderte Eurobonds. Der Coronafonds könne nur der erste Schritt zu europäischen Anleihen mit gemeinsamer Haftung sein, sagte Draghi.

Bisher sind nur EU-Anleihen ohne Gemeinschaftshaftung geplant. Jedes EU-Land soll entsprechend seinem Anteil an den Eigenmitteln haften, nicht mehr und nicht weniger. Zudem hat Deutschland durchgesetzt, dass der Hilfsfonds nach einigen Jahren ausläuft und die Schulden zurückgezahlt werden. Wie dies geschehen soll, ist allerdings noch unklar. Zudem unterliegt der neue Coronafonds kaum parlamentarischer Kontrolle.

Das letzte Wort haben die EU-Kommission und die 27 Mitgliedsländer. Sie trödeln nicht nur bei der Ratifizierung – sondern auch bei den Reformplänen, die sie in Brüssel vorlegen müssen, um an Hilfsgelder zu kommen. Bisher habe noch kein Staat einen fertigen Antrag eingereicht, sagte eine Kommissionssprecherin. 23 Staaten hätten Entwürfe vorgelegt. Sie sollen bis Ende April geprüft werden. Ab Juni könnten dann die Gelder aus dem Coronafonds fließen.

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