piwik no script img

Bahnhofswald geräumt

In Flensburg versuchen Besetzer seit Oktober, den Bau eines Hotels samt Parkhaus zu verhindern. Jetzt werden ihre Baumhäuser zerstört

Von Gernot Knödler

Ein seit Oktober besetztes Wäldchen neben dem Flensburger Bahnhof wird derzeit geräumt. Die Besetzer, die sich in mehreren Baumhäusern eingerichtet haben, wollen den Bau eines Hotels samt Parkhaus für die Steigenberger-Gruppe verhindern, für den der Wald mit einzelnen alten Bäumen gerodet werden soll. Anwohner befürchten, dass durch den Bau ein benachbarter Hang ins Rutschen kommen könnte. Der Umweltverband BUND sorgt sich um eine Biotopverbindung.

Die polizeiliche Räumung ab Sonntagmittag kam überraschend. Erst kürzlich hatte die Stadt mitgeteilt, aus Corona­schutzgründen werde man nicht eingreifen. Weil sich die hochansteckende britische Mutante in Flensburg ausbreitet, solle ein enger Kontakt zwischen Polizisten und Besetzern vermieden werden. „Wir können in dieser Phase keine Maßnahmen in Gang setzen, die das Ziel gefährden, die Ausbreitung des Virus zurückzudrängen“, so Stadtsprecher Clemens Teschendorf zur taz.

Nun drohte den Investoren allerdings die Zeit davonzulaufen. Ende Februar beginnt die Brut- und endet die Fällsaison. Also schickten die Bauherren am Freitagmorgen ihren eigenen Fälltrupp samt Sicherheitsleuten. Sie sägten Bäume um und brachten ein Baumhaus zum Absturz. „Es war niemand drin, doch das war Zufall“, sagte ein Sprecher der Ak­ti­vis­t*in­nen der taz.

Teschendorf versichert, die Stadt habe nichts von der Aktion gewusst und sie „zunächst mal gestoppt“. Ein Grund dafür sei gewesen, dass ein Sicherheitsmann von einem Gegenstand am Kopf getroffen worden sei.

Dass die Stadt jetzt die Polizei um eine Räumung gebeten hat, begründete Teschendorf ebenfalls mit Corona. Aufgrund der Pandemie gilt in der Stadt eine nächtliche Ausgangssperre. Da seien die Baumhäuser und die Protestaktivitäten drumherum nicht zu tolerieren.

Aus Protest gegen die Räumung seilte sich am Montagmorgen eine Person von der Brücke am Busbahnhof ab und behinderte den Verkehr. Am Samstagabend brannte ein Fahrzeug der Investoren. „Versprochen worden war, dass für jeden Baum, der gefällt wird, ein Auto in Flammen aufgeht“, teilten die Besetzer im Internet mit.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen