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Hassen lohnt sich nicht

Olaf Latzel schweige in der Kirche: Tut er es freiwillig, hat der Martini-Pastor Chancen, die wirtschaftliche Existenz zu retten. Wenn nicht, will ihn die Landeskirche zwingen

Von Benno Schirrmeister

Olaf Latzel darf künftig und bis auf Weiteres nicht mehr als Pastor der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) auftreten. Das hat der Kirchenausschuss als Lenkungsgremium der kleinsten deutschen Landeskirche am Donnerstagabend beschlossen. Der wegen Volksverhetzung in erster Instanz schuldig gesprochene Martini-Pastor könne „während der Dauer des weiteren Verfahrens keinen Dienst als Pastor in unserer Kirche tun“. Deshalb werde er vorläufig des Dienstes enthoben – es sei denn, man komme kurzfristig zu einer „Einigung über das Ruhen seines Dienstes“.

Damit stellt die BEK ihn vor eine knifflige Entscheidung, die seine wirtschaftliche Existenz betrifft. Stellt er einen Antrag auf Beurlaubung, so kann sie „als ruhegehaltfähige Dienstzeit angerechnet werden, sofern die Beurlaubung im Interesse des Dienstherrn liegt“, heißt es im Pfarrdienstgesetz (PDG). Das wäre hier der Fall. Wird er enthoben, bekäme er nichts – könnte sich aber rechtlich wehren. Allerdings: Auch in der BEK mit ihrer großen Lehrfreiheit haben evangelische Pfarrer*innen darauf zu achten, „dass das anvertraute Amt sie an alle Gemeindeglieder weist und mit der ganzen Kirche verbindet“, so Paragraf 34 des PDG. Öffentliches Rumhassen hat gute Chancen, dem zuwiderzulaufen. Das dürfte zur Begründung der vorläufigen Enthebung reichen. So oder so dürfte Latzel künftig also nur noch privatim predigen.

„Wir begrüßen diese Entscheidung“, sagt Robert Dadanski, Vorsitzender des Bremer „Christopher Street Day“-Vereins. Er hatte direkt nach Verkündung des Urteils am 25. November Kontakt mit dem Kirchenamt aufgenommen und darum gebeten, dem Pastor die Plattform zu entziehen. „Nur so ist es möglich, Dritte zu schützen“, so sein Argument. Immerhin habe ja ein deutsches Gericht bereits die Äußerungen des Geistlichen als Volksverhetzung eingestuft, „da ändert auch eine Berufung nichts dran“.

Vor diesem Hintergrund wäre es fahrlässig, den Ausgang des Strafverfahrens abzuwarten – zumal die Verteidigung bereits angekündigt hatte, zur Not bis vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen. „Das dauert ja mindestens fünf Jahre“, so Dadans­ki. Es wäre unerträglich gewesen, wenn während der gesamten Zeit weiter ungehemmt zum Hass auf LGBT-Menschen angestachelt worden wäre.

„Nur so ist es möglich, Dritte zu schützen“

Robert Dadanski, Vorsitzender CSD-Bremen e. V.

Das ist ein gravierendes Problem. Seit der Jahrhundertwende hat sich die Zahl gemeldeter „Straftaten gegen die sexuelle Orientierung“ mehr als verzehnfacht. Gestiegen ist zudem der Anteil von Gewalttaten daran: Während die Polizeiliche Kriminalstatistik hier im Jahre 2001 nur zehn Vorfälle erfasst hatte, sind es 2019 mit 151 fünfzehnmal so viele gewesen. Das mag teils aufs veränderte Anzeigenverhalten zurückgeführt werden, vor allem aber gilt es als Folge von Propagandisten, die wie Latzel vor der „teuflischen Homo-Lobby“ als vermeintlicher Gefahr warnen, die überall lauern und hineindrängen würde. Das hatte Latzel seinen Schafen im Eheseminar weiszumachen versucht – und dann später auch via Youtube verbreiten lassen.

Der Kirchenausschuss der BEK hat sich der Argumentationslinie Dadanskis angeschlossen. Eine „glaubwürdige Verkündigung des Evangeliums“ sei „während der Dauer einer derartigen rechtlichen Auseinandersetzung nicht denkbar“, so Bernd Kuschnerus, der als Schriftführer theologischer Leiter der BEK ist. Gerade weil eine solche Auseinandersetzung lange dauern und öffentlich Wellen schlagen dürfte, sehe man keine andere Möglichkeit, als Latzel schon jetzt die Kanzel zu verbieten. Andernfalls würden Glaubwürdigkeit und Ansehen der BEK leiden, so Kuschnerus. Ausdrücklich wandte er sich an die Opfer des fundamentalistischen Predigers: „Der Kirchenausschuss bittet die Menschen, denen durch die Äußerungen von Pastor Latzel Leid und Unrecht zugefügt wurde, um Verzeihung.“

Maja Tegeler, queerpolitische Sprecherin der Linksfraktion, begrüßte die Haltung der BEK. „Ich finde die Entscheidung überraschend konsequent“, sagte sie der taz. Auch die Entschuldigung erscheine ihr glaubwürdig. Ähnlich bewertete das Kai Wargalla, Grünen-Sprecherin für Queer. Lange genug habe sich die BEK zwar eindeutig positioniert, „aber es hatte keine Konsequenzen“, so Wargalla zur taz. „Es war an der Zeit, dass sie sich dazu durchringt.“

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