Lauter schöne Zahlen für die Schulen

Schulsenator Ties Rabe (SPD) legt Zahlen vor, die die These der sicheren Schulen unter-mauern sollen. Derweil protestieren Lehrer der Ida-Ehre-Schule gegen Präsenzunterricht

In der Schule werde er sich nicht anstecken, glaubt Ties Rabe Foto: Markus Scholz/dpa

Von Kaija Kutter

Schulsenator Ties Rabe (SPD) bleibt dabei, dass Schulen in der Coronapandemie relativ sichere Orte sind. Er ließ von seinen Fachleuten alle 372 Infektionen von Schülern auswerten, die zwischen dem 4. August und 4. Oktober auftraten. Sein Fazit: Sie infizierten sich viermal häufiger außerhalb der Schule.

Als Beleg führt Rabe an, dass 292 Schüler jeweils die einzigen Fälle ihres Jahrgangs waren. „Dann muss man ganz nüchtern sagen: Dann kann man sich eigentlich in der Schule gar nicht infiziert haben.“ Das sei bei fast drei Viertel der 171 betroffenen Schulen so gewesen. Bei den ­übrigen 116 Infizierten gab es an der Schule mindestens einen weiteren Coronafall. 36 davon holten sich laut Rabe das Virus nachweislich in ihrer Freizeit. Damit könnten lediglich die übrigen 80 Fälle auf eine Infektion in der Schule zurückgehen.

Auffällig war Rabe zufolge auch, dass sich jüngere Schüler unter zwölf Jahren nur halb so häufig infiziert hätten wie ältere. Und Infektionen an Gymnasien seien seltener als an Stadtteilschulen. Die Gründe dafür müssten nun untersucht werden. Auch die Frage, warum jene 292 Schüler tagelang zur Schule gingen und vermutlich niemanden ansteckten, müsse geprüft werden.

Man habe hier nur einen „ersten Aufschlag“, sagte Rabe. Nun müssten Wissenschaftler dies evaluieren. Die Daten überlasse Hamburg der Kultusministerkonferenz (KMK) für eine Studie. Angefragt sind das Helmholtz-Institut und die Uni Köln.

Doch ob das den Streit um die Corona-Schulpolitik beruhigt? Immerhin gab es auch gestern 49 Neuninfektionen an 39 Schulen. CDU-Politikerin Birgit Stöver sagte, eine Studie zur Nachbetrachtung helfe nicht, die Lage an Schule spitze sich jeden Tag weiter zu. Die Linke Sabine ­Boeddinghaus sprach von „Schönwetterzahlen“. War es doch im August warm und trocken.

Und GEW-Lehrer der Ida-Ehre-Schule wollen heute früh vorm Schultor für geteilte Lerngruppen protestieren. An der Eimsbüttler Schule blieben zwei Wochen lang alle zu Hause, nachdem bei einem Massentest am 6. November bei 55 Kindern und Erwachsenen das Virus gefunden wurde. Nun, da am Montag der normale Schulalltag wieder starten soll, fordern sowohl der Elternrat als auch die GEW-Betriebsgruppe, die Behörde möge erlauben, dass in verkleinerten Gruppen gelernt wird, als Hy­bridunterricht teils in der Schule, teils zu Hause.

Laut Rabe wünscht die Mehrheit der weiterführenden Schulen ein Festhalten am Präsenzunterricht

Ties Rabe sagte gestern, alle Ministerpräsidenten und die Kanzlerin hätten sich darauf geeinigt, am Präsenzunterricht festzuhalten. Der Hybridunterricht habe sich nicht bewährt. Allerdings hatte am Montag das Kanzleramt in diese Richtung gedrängt.

Für manche überraschend: Ausgerechnet Rabe, der hier als Hardliner gilt, soll einen Plan erarbeiten, auf den sich alle Länderchefs einigen. Rabe veröffentlichte sein Konzept im Abendblatt. Demnach soll es Präsenzunterricht geben bis zu einem Inzidenzwert von 200. Wird der erreicht, soll es Hybrid­unterricht ab Klasse 11 geben, Maskenpflicht ab Klasse 5, Verzicht auf klassenübergreifendes Lernen und Überprüfung des Musik- und Sportunterrichts.

Nach der Forderung aus der Ida-Ehre-Schule gefragt, sagte Rabe, er habe gerade die 14 Sprecher der Schulleitungen der 120 weiterführenden Schulen gesprochen: „Alle sagten: ,In unseren Schulen wünscht eine große, manchmal übergroße, manchmal sehr eindeutige Mehrheit das unbedingte Festhalten am Präsenzunterricht‘“. Bei drei, vier Schulen sei die Stimmung halbe-halbe, alle anderen seien hier sehr klar.