Nachsicht aus Brüssel für Türkei und China

Erstes Treffen der Außenminister unter deutscher Ratspräsidentschaft: EU sucht in Sachen Hongkong, Libyen, Istanbul und Zypern weiter den Dialog

Aus Brüssel Eric Bonse

Die Türkei und China dürfen trotz zunehmender Spannungen mit Nachsicht aus Brüssel rechnen. Sanktionen sind nicht geplant, die EU sucht weiter den Dialog mit Ankara und Peking. Dies zeichnete sich beim ersten Treffen der EU-Außenminister unter deutschem Ratsvorsitz in Brüssel ab.

Bundesaußenminister Heiko Maas hatte zuvor angekündigt, für eine robustere Außenpolitik einzutreten: „Europa soll handlungsfähiger werden und seine Werte und Interessen wirksam vertreten“, erklärte der SPD-Politiker. Doch schon beim Thema Hongkong verließ ihn der Mut.

Zusammen mit seinem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian schlug Maas vor, künftig den Export von Gütern zu untersagen, die zur Niederschlagung von Protesten genutzt werden können. Zudem sollen Bürger Hongkongs dauerhaft in der EU bleiben können, wenn sie politisch verfolgt werden.

Von Wirtschaftssanktionen oder einer Einschaltung des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag, wie sie das Europaparlament gefordert hatte, war jedoch keine Rede. Auch eine Aussetzung des deutschen Auslieferungsabkommens mit Hongkong, die die Grünen fordern, lehnt Berlin ab.

Der Hintergrund: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Ausbau der Beziehungen zu China zum Schwerpunkt des deutschen EU-Vorsitzes erklärt. Nachdem der zunächst für September geplante EU-China-Gipfel geplatzt ist, will die Bundesregierung die Beziehungen nicht noch mehr belasten. Am Wochenende hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier die Wirtschaftsbeziehungen mit China verteidigt. „Es war immer die Politik der westlichen Staatengemeinschaft, auch der EU, dass internationale Handelsbeziehungen nicht allein daran ausgerichtet werden können, wie demokratisch ein Land ist“, sagte der CDU-Politiker.

Auch im Streit mit der Türkei zeichnen sich keine Fortschritte ab. Die türkische Regierung hatte am Freitag den Status der Hagia Sophia in Istanbul geändert; künftig soll das historische Bauwerk wieder als Moschee dienen. Zudem setzt sich Ankara offen über das Waffenembargo in Libyen hinweg, was zu einem militärischen Zwischenfall mit Frankreich führte. Auch die nach EU-Auffassung illegalen türkischen Bohrungen vor Zypern gehen weiter.