Abkommen mit Hongkong gekündigt: Zu zahm, Herr Außenminister

Chinas KP betreibt die Auflösung der Demokratie in Hongkong. Ein Auslieferungsabkommen zu kündigen, ist keine adäquate Antwort.

Heiko Maas vor den Flaggen Chinas und Deutschlands, dahinter ein Wandgemälde, das einen Wald zeigt.

Eher der Leisetreter: Außenminister Heiko Maas, hier bei einem Besuch in Peking im November 2018 Foto: ap

Was vor wenigen Monaten kaum jemand für möglich gehalten hat, das peitscht Chinas kommunistische Führung nun in Rekordgeschwindigkeit durch. Ihr Ziel: die Auslöschung von Hongkongs Demokratie.

Die inzwischen völlig gleichgeschaltete Hongkonger Regierung lässt mit dem neuen Sicherheitsgesetz Demokratie-Aktivisten einsperren, verbietet pekingkritische Publikationen. Selbst Staatsbürger anderer Nationen trifft es. Die Hongkonger Polizei hat am Freitag die Festnahme eines in Washington lebenden US-Bürgers angeordnet, weil dieser sich für Hongkongs Freiheit einsetzt. Und nun hat die Hongkonger Regierungschefin auch noch die für September vorgesehenen Parlamentswahlen abgeblasen, offiziell unter dem Vorwand: Infektionsgefahr durch Corona. Jeder in Hongkong weiß, sie würde bitter abgewatscht werden, würden die Wahlen in einem Monat stattfinden.

Und wie reagiert die Bundesregierung? Erst hält sich ihr blasser Außenminister Heiko Maas wochenlang mit Kritik an Peking zurück und verweist auf eine gemeinsame Positionierung der EU. Diese bleibt aus. Nun hat er sich durchgerungen, das Auslieferungsabkommen mit Hongkong auszusetzen. Ein Witz – angesichts dessen, was in Hongkong passiert.

Maas scheint zu glauben: Was sich im Fernen Osten abspielt, ist für Deutschland nicht von Belang. Wen kümmert ein totalitäres Sicherheitsgesetz, solange deutsche Firmen in Hongkong weiter ihren Geschäften frönen können? China selbst ist schließlich auch kein Rechtsstaat. Trotzdem machen Deutsche dort Bombengeschäfte.

Ein verheerender Irrtum. China statuiert an Hongkong ein Exempel. Was es mit der Sonderverwaltungszone macht, droht auch Taiwan. Das Regime in Peking zeigt zudem seit einiger Zeit eine unheilvolle Neigung, sein System zu exportieren. Im Rahmen seiner Seidenstraßen-Initiative erhalten vor allem solche Staaten Vergünstigungen, die auf autoritärem Kurs sind.

Damit es nicht zum Dammbruch kommt, muss die Bundesregierung jetzt klare Kante zeigen. Die Zeit drängt.

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war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.

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