Frauen in Führungspositionen: Ohne Druck geht nichts

Nur eine Quotenregelung sorgt wirklich dafür, dass mehr Frauen in der Topetage landen, sagt ein neuer Bericht des Familienministeriums.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey steigt in einem Montagewerk auf ein Motorrad.

Will Beschleunigung in Sachen Frauen und Chefetagen: Bundes­familienministerin Franziska Giffey Foto: Wolfgang Kumm/dpa

BERLIN taz | Es sind ernüchternde Nachrichten, die Franziska Giffey zu verkünden hatte, als sie am Mttwoch vor die Presse trat. Gerade hatte die SPD-Frauenministerin dem Kabinett zusammen mit Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) einen Bericht über Frauen in Führungsposi­tionen vorgestellt. Dessen Inhalt: Noch immer sind die Chefetagen in der deutschen Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung dominiert von Männern.

Zwar stieg der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der etwa 100 größten börsennotierten Unternehmen von 32,5 Prozent im Jahr 2017 auf aktuell 35,2 Prozent. Diese Unternehmen unterliegen aber seit Anfang 2016 einem Gesetz, das sie zwingt, im Aufsichtsrat eine Frauenquote von mindestens 30 Prozent einzuhalten. Bei allen anderen Unternehmen, die nicht an solche Regeln gebunden sind, liegt der Frauenanteil in den Aufsichts­räten nur bei knapp 20 Prozent.

In den Vorständen, für die generell keine Quoten gelten, ist der Frauenanteil noch viel geringer. Hier erhöhte sich der Anteil von Frauen zwischen 2015 und 2017 lediglich von 6,3 Prozent auf 7,7 Prozent. Und: Bei 80 Prozent der Unternehmen sitzt weiterhin keine einzige Frau im Vorstand. Besonders peinlich: Zwar müssen die Unternehmen sich eine selbst gewählte Frauenquote als Ziel für ihre Vorstände setzen. Rund 70 Prozent aller Unternehmen setzen sich derzeit aber als Ziel schlicht eine Frauenquote von null Prozent.

Auch im öffentlichen Dienst gibt es Neuigkeiten, die nicht unbedingt optimistisch stimmen. Zwar liegt der Anteil der Frauen im höheren Dienst in den obersten Bundesbehörden bei vergleichsweise guten 45 Prozent – damit aber trotzdem um 1 Prozentpunkt niedriger als noch 2018. Und in Führungspositionen bei den obersten Bundesbehörden liegt der Frauenanteil bloß bei 34 Prozent.

Es hängt an der Union

Bei so vielen enttäuschenden Zahlen verwundert es nicht, dass sich die Pressekonferenz der Familienministerin am Mittwoch teils anhörte wie eine Werbe­ver­anstaltung für die Ausweitung der Quotenregeln. „Ohne politischen Druck bewegt sich gar nichts.“ sagte Giffey mehrmals in verschiedenen Variationen.

Und tatsächlich wird an einer Verschärfung des Quotengesetzes bereits gearbeitet. Der entsprechende Entwurf hängt aber gerade am Widerstand der Union fest. Giffey will, dass die Quotenregelung für die Aufsichtsräte auch auf nichtbörsennotierte Unternehmen ausgeweitet wird, und dass in Vorständen mindestens eine Frau sitzen muss. Das wolle sie noch in dieser Legislaturperiode erreichen, sagte sie am Mittwoch.

Für eine wirksamere Quote warb mit Blick auf die neuen Zahlen auch der Deutsche Frauenrat. Dessen Vorsitzende, Mona Küppers, betonte insbesondere die Bedeutung von Frauen in der Coronakrise: „Damit die Krisenwirtschaft nicht zur Männerwirtschaft wird, muss die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen durch eine feste Quote geregelt werden“, sagte sie. Ihre Forderung: Der Geltungsbereich der Quotenregelung müsse auf weitere Unternehmen ausdehnt werden.

Besonders dringend nötig wäre eine solche Quote auch bei den deutschen Familienunternehmen. Das zeigt eine Studie der deutsch-schwedischen Albright-Stiftung, die ebenfalls am Mittwoch veröffentlicht wurde. Dessen Autor*innen untersuchten den Frauenanteil in den Chefetagen der 100 umsatzstärksten deutschen Familienunternehmen. Ihr Ergebnis: Bloß knappe 7 Prozent der Mitglieder in den Geschäftsführungen sind Frauen.

In absoluten Zahlen heißt das: Am Stichtag 1. März 2020 arbeiteten 406 Männer und 30 Frauen in den Topetagen der deutschen Familienunternehmen.

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