Nazi-Angriff auf Synagoge 2019: Halle-Attentäter wollte aus Haft fliehen
Stephan B. versuchte in Halle die Synagoge anzugreifen. Nun überkletterte er in der JVA eine Mauer, wurde aber kurz darauf wieder gefasst.
Stephan B. hatte im Oktober 2019 versucht, schwerbewaffnet die Synagoge in Halle zu stürmen. Als dies misslang, erschoss er eine Passantin und einen Gast in einem Dönerimbiss. Seine Tat übertrug der 28-Jährige ins Internet. Nach einer mehrstündigen Flucht wurde er von der Polizei festgenommen.
Stephan B. sitzt seitdem unter strengen Auflagen in der JVA Halle in U-Haft. So ist sein Haftraum kameraüberwacht und er darf sich außerhalb dieses Raumes nicht ohne Aufsicht bewegen. Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) teilte mit, es werde nun aufgearbeitet, warum Stephan B. dennoch über den Zaun klettern konnte. Die für seine Aufsicht zuständigen Beamten seien versetzt worden. Auch werde geklärt, warum der Vorfall dem Ministerium erst am Dienstagmorgen gemeldet wurde.
Die Linksfraktion in Sachsen-Anhalt forderte wegen des Fluchtversuchs eine Sondersitzung des Rechtsausschusses im Landtag. Henriette Quade, Linken-Innenexpertin von Sachsen-Anhalt, nannte den Vorfall „unfassbar“. „Es muss dringend aufgeklärt werden, wie das passieren konnte, wieso der Rechtsterrorist unbeobachtet war und warum das Justizministerium und die Öffentlichkeit erst jetzt darüber informiert werden“, erklärte sie via Twitter.
Neue Drohungen gegen Synagoge Halle
Gegen Stephan B. soll voraussichtlich ab dem 21. Juli im Justizzentrum Magdeburg verhandelt werden. Noch aber ist die Anklage der Bundesanwaltschaft nicht zugelassen. Dort wird dem Rechtsextremen zweifacher Mord und 68-facher Mordversuch vorgeworfen, wegen des versuchten Angriffs auf die gut besuchte Synagoge und mehrere PassantInnen. Ein Gerichtssprecher konnte der taz am Mittwoch noch nicht sagen, ob der Vorfall in der JVA Auswirkungen auf den Prozess und das dortige Sicherheitskonzept haben wird.
Erst am Dienstag hatten Unbekannte auf den Gehweg vor der jüdischen Gemeinde in Halle ein Hakenkreuz aus Zellstoff gelegt, wie die Polizei mitteilte. Bereits am Sonntag sei es zu einem gleichen Vorfall gekommen. Bei einer weiteren jüdischen Gemeinde in Halle sei vergangene Woche zudem ein Drohschreiben eingegangen. Zu allen Vorfällen ermittelt der polizeiliche Staatsschutz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Fortschrittsinfluencer über Zuversicht
„Es setzt sich durch, wer die bessere Geschichte hat“