Lager auf den griechischen Inseln: Wieder niemanden aufgenommen

Hilfe für Geflüchtete kündigt der Senat bisher nur an. Doch solche gut gemeinten Absichtserklärungen sind keine News mehr wert. Ein Wochenkommentar.

Auf Lesbos: Ein Junge sitzt in Decken eingewickelt am Strand, nachdem er mit einem Beiboot die Ägäis von der Türkei aus überquert hat

Auf Lesbos: ein Junge sitzt am Strand, nachdem er die Ägäis von der Türkei aus überquert hat Foto: picture alliance/Angelos Tzortzinis/dpa

BERLIN taz | Auch heute hat Berlin keine Menschen aus den völlig überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln aufgenommen – diese Nachricht stimmt so seit Monaten. Nach Medienkriterien kann, was jeden Tag richtig ist, keine wichtige Nachricht sein. In diesem Fall aber dröhnt die Meldung täglich lauter in den Ohren.

Denn unerträglich ist diese Nachricht nicht nur, weil wir ziemlich genau wissen, wie elend das Leben in Lagern ist – nicht nur in denen auf den griechischen Inseln. Ohne fließendes Wasser, ohne ausreichende ärztliche Versorgung, ohne rechtlichen Schutz und ohne Platz.

Unerträglich ist die Nachricht auch, weil in der Zwischenzeit mehrmals diese andere Nachricht zu hören war: Berlin sei bereit, Menschen direkt von den griechischen Inseln aufzunehmen.

Mal 70 Plätze, mal 300

Die Regierungsparteien sind sich weitgehend einig. Etwa im Dezember, als der Regierende Bürgermeister (SPD) sich der von den Grünen angestoßenen Forderung anschloss und verkünden ließ, dass Berlin 70 Jugendliche sofort aufnehmen könnte.

Dann Anfang März, als die Sozialsenatorin (Linke) noch mal vorrechnete, dass sie Platz für 2.000 Menschen habe. Laut Bildungssenatorin (SPD) gäbe es sogar aktuell 300 Plätze in der Jugendhilfe. Zuletzt hatte Anfang April der eigentlich gar nicht direkt zuständige Justizsenator (Grüne) erklärt, dass es nun aber mal wirklich höchste Zeit wäre, 1.500 Menschen von den Inseln nach Berlin zu holen und dass das nun bald losgehen müsse.

Dem folgte am Dienstag vor Ostern ein Senatsbeschluss, dass Berlin Geflüchtete aufnehmen wolle – dem Vernehmen nach 50 Kinder, außerdem sei das Land nach Presseberichten bereit, zehn Kinder aus dem nun gestarteten Bundesprogramm aufzunehmen –, und dass der Senat dazu sehr bald mit dem Bund Kontakt aufnehmen werde.

Leere Ankündigungen

Das ist aber nichts Neues: Auch diese Nachricht stimmt bereits seit Monaten. Sie wird bloß, im Unterschied zur ersten, nicht dringlicher, sondern erbärmlicher.

Denn wenn sich die Politiker*innen hier einig sind, wenn es dazu sogar Beschlüsse gibt und Arbeitsaufträge, dann sollten auf die erste Nachricht Schlag auf Schlag weitere folgen. Etwa Meldungen zum Fortschritt der Planungen, zur konkreten Organisation – vielleicht wird es ja eine Luftbrücke? –, zum Ankunftstag der Menschen, zu ihrer rechtlichen Lage und ihren Unterkünften in Berlin. Und dann könnten wir auch mal darüber reden, ob das alles überhaupt genug ist.

Doch auf die nächste leere Ankündigung, das nächste leere Vorpreschen eines*einer Politiker*in können die Menschen in den Lagern gut verzichten – so wie auch die zahlreichen Unterstützer*innen von See- und Luftbrücken, die überall in der Stadt und im Internet zeigen: „Wir haben Platz!“

Sie erwarten, dass etwas passiert. Bis dahin bleibt die andere, wichtige Nachricht: Auch morgen wird Berlin keine geflüchteten Menschen aus den Lagern auf den griechischen Inseln aufgenommen haben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.