Münchner Sicherheitskonferenz: Macron verdient Aufmerksamkeit

Während die anderen EU-Länder ratlos sind, plädiert Frankreichs Präsident für ein unabhängiges Europa. Doch seine Vorschläge werden kaum diskutiert.

Frankreichs Präsident Macron greift sich an die Nase

Macron scheint den rechten Riecher für Europa zu haben Foto: Andreas Gebert/reuters

Der Auftritt des französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Samstagmittag war der Höhe- und Tiefpunkt der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz zugleich. Höhepunkt, weil es dem französischen Präsidenten gelungen ist, einer gelähmt und ratlos wirkenden Kaste von westlichen Profipolitikern einen Hauch von Hoffnung und Vision einzuhauchen.

Er hat der „Westlessness“ (Konferenzmotto), also dem sich verflüchtigenden Westen, eine Alternative entgegengestellt: die eines sich stärkenden, sich bewussten, sich nicht wegduckenden Europas, das in der Substanz ohne die Vereinigten Staaten von Amerika auskommt. Im Begriff der „Westlessness“ drückt sich die wachsende Ratlosigkeit über die Abkehr der US-Regierung vom westlichen Bündnis aus.

Diese Ratlosigkeit lähmte nicht nur die Konferenz, sondern die westliche Außen- und Sicherheitspolitik insgesamt. Macrons Auftritt war aber auch der Tiefpunkt der Konferenz: weil er ganz offenkundig keinen Partner findet, der seine Vorschläge aufnimmt, allen vor­an nicht die Bundesregierung. Es ist ja nicht so, dass Macrons Ideen ausgereift wären, im Gegenteil: Seinen Vorstoß für eine atomare Bewaffnung Europas kann man für absurd halten; seine Forderung nach einer europäischen Armee ebenso.

Und trotzdem: Nur ein eigenständiges, erwachsenes Europa wird zwischen den USA, Russland und China seine Rolle behaupten können. Macrons Vorschläge, so umstritten sie auch sein mögen, verdienen eine leidenschaftliche, laute Diskussion. Man hätte gern die Bundeskanzlerin auf Macron antworten hören, aber die war leider nicht da.

Stattdessen trat eine innenpolitisch ausgeknockte Verteidigungsministerin an, die außenpolitisch schlingert und nicht die Kraft hat, Macrons Initiative angemessen zu beantworten. Irgendwer wird in diesem Europa irgendetwas anstoßen müssen, wenn die Amerikaner Europa abstoßen (und selbst allzu oft abstoßend auftreten). Allez!

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taz-Chefredakteurin, Initiatorin der taz-Klima-Offensive und des taz Klimahubs. Ehemals US-Korrespondentin des Tagesspiegel in Washington.

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