Sanktionen wegen Nord Stream 2: Falscher Grund, richtige Maßnahme

Die USA wollen Sanktionen wegen der geplanten Pipeline Nord Stream 2. Ihre Motive mögen zweifelhaft sein – doch muss die Pipeline gestoppt werden.

Ein Teilstück einer Erdgasleitung

Die Leitung soll russisches Erdgas aus der Nord Stream 2 ins europäische Netz speisen Foto: Stefan Sauer/dpa

Es kommt ja nicht oft vor, dass man Donald Trump loben kann. Doch wenn es dem US-Präsidenten tatsächlich gelingen würde, die Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 noch zu stoppen, dann wäre das wirklich eine gute Botschaft. Auch, wenn Trumps Hauptmotiv alles andere als nobel ist – er will schlicht mehr US-amerikanisches Flüssiggas nach Europa verkaufen und hofft, dass die Chancen dafür ohne Nord Stream 2 höher sind.

Schon überzeugender ist sein zweites Motiv, eine politische und finanzielle Schwächung der Ukraine zu verhindern. Über deren Territorium fließt das russische Gas bisher nach Westeuropa – und sichert dem Land damit neben Einnahmen auch eine geostrategische Position, die ein wenig Einfluss und Schutz gegenüber dem übermächtigen Nachbarn im Osten bietet, mit dem es sich noch immer im Krieg befindet.

Dazu kommt aber vor allem ein Argument, für das sich Trump überhaupt nicht interessiert, das aber ebenfalls gegen Nord Stream 2 spricht: Die neue Pipeline passt absolut nicht zum Ziel, Europa bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu machen.

Zwar gilt Erdgas allgemein als weniger klimaschädlich als Kohle oder Öl. Doch zum einen stimmt das nicht mehr, wenn das Gas mit der umstrittenen Fördermethode Fracking gewonnen wird. Denn dabei gelangt neueren Studien zufolge so viel Methan in die Atmosphäre, dass der Klimavorteil verschwindet. Zum anderen geht es längst nicht mehr darum, von einem sehr klimaschädlichen auf einen etwas weniger schädlichen Energieträger umzusteigen.

Die Pipeline ist inzwischen fast fertig

Wenn Deutschland bis 2050 wirklich komplett klimaneutral sein will, dürfen zur Energieversorgung nämlich überhaupt keine fossilen Rohstoffe mehr eingesetzt werden. Und auch wenn der deutsche Gasverbrauch zur Stromerzeugung angesichts von Kohle- und Atomausstieg vorübergehend ansteigen dürfte, ist insgesamt durch die Zunahme von Effizienz und erneuerbaren Energien mit einem Rückgang zu rechnen. Massive Investitionen in neue Pipelines oder Flüssiggasterminals für fossiles Gas sind unsinnig, wenn der Umstieg ernst gemeint ist.

Allerdings ist unklar, ob die angekündigten Sanktionen die Fertigstellung von Nord Stream 2 wirklich noch aufhalten können – schließlich hat Trump mit seinen Gegenmaßnahmen so lange gewartet, dass die Pipeline inzwischen fast fertig ist. Und Gazprom wird alles daran setzen, das Projekt zu Ende zu bringen.

Es könnte also gut sein, dass Trump mal wieder mehr verspricht, als er halten kann. Und zumindest in diesem Fall wäre das bedauerlich.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.