Schlecht bezahlte E-Scooter-Arbeit: Rollendes Prekariat

Die Arbeitsbedingungen rund um die E-Scooter sind miserabel. Schwere Arbeit wird schlecht bezahlt. Der Neoliberalismus lässt grüßen.

Eine „Scooter Zone“ in San Diego.

Kosten auch wieder Geld: Extra-Parkplätze für E-Tretroller Foto: reuters

Wer Leih-E-Scooter einsammelt und zu Hause auflädt, arbeitet nicht flexibel, sondern lässt sich ausbeuten. Das Unternehmen Lime beschäftigt sogenannte Juicer, die 4 Euro pro Roller bekommen, den sie einsammeln, aufladen und wieder in den Straßen verteilen. Auch die Lime-Konkurrenten Voi und Tier lassen ihre Roller einsammeln und aufladen – online suchen sie dafür nach Huntern und Rangern.

Schon die Jobbezeichnungen der Branche machen wütend. Juicer bringen neuen Saft in die Lime-Roller, dabei wird vor allem ihre Arbeitskraft ausgepresst. Hunter und Ranger fangen erschöpfte E-Roller ein, sind aber eingezäunt von strengen Vorgaben.

Die selbstständig agierenden Arbeitskräfte werden im Fachjargon Mikrojobber genannt. Die Unternehmen versprechen Flexibilität und eine einfache Möglichkeit, Geld zu verdienen – ohne große Zugangsbarrieren. Diese Versprechen sind eine Farce. Die Arbeitsbedingungen sind schlecht, die Entlohnung ist mies, dazu müssen Kosten selbst getragen werden.

Die Juicer zahlen das Benzin für das Fahrzeug, mit dem sie die Roller einsammeln. Sie tragen die Stromkosten der Aufladung. Und sie sind verantwortlich für die Versteuerung ihres Einkommens. Zusätzlich stehen sie unter hohem Druck: Werden die von Lime gesetzten Zeitfenster nicht eingehalten, gibt es statt 4 nur 2 Euro.

Für die meisten Juicer ist es zweitrangig, dass die Bezahlung lausig ist. Sie können die Auflade-Arbeit nach Feierabend erledigen. Ohne den Job würden sie in ihrer Freizeit überhaupt kein Geld verdienen. 4 Euro pro Roller bedeuten zwar Ausbeutung pur, am Ende des Tages aber auch 4 Euro mehr auf dem Konto.

Die Not, zuverdienen zu müssen, verschafft Unternehmen wie Lime billige Arbeitskräfte. Sie dürfen sich in ihrer Herangehensweise, aus Arbeit einen schlecht entlohnten Freizeitvertreib zu machen, bestätigt fühlen. Schließlich profitieren sie von den Arbeitskräften mit den lustigen Jobbezeichnungs-Wortspielen.

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Jahrgang 1996, ausgebildet an der Deutschen Journalistenschule in München. Frei tätig u.a. für die taz, Zeit Online und den Bayerischen Rundfunk. Themen: Mobilität, Sport, Soziales, Netz.

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