Neonazi-Aufmarsch in Plauen: Genehmigung selbst für den Galgen
Behörden haben im sächsischen Plauen Neonazis mit Fackeln marschieren lassen. Politiker sind entsetzt über den „Auftritt in NS-Reinform“.
Von „einem Auftritt in NS-Reinform“ spricht die Linken-Landtagsabgeordnete Jule Nagel, die sich am Gegenprotest in Plauen beteiligte. Die Neonazis seien „quasi in Uniform“ marschiert, hätten in Reden Migranten und Politiker bedroht. „Das hätte verhindert werden müssen“, so Nagel zur taz.
Auch der Grüne Jürgen Kasek, ebenfalls vor Ort, übte Kritik: Das Vorgehen der Polizei und des als Versammlungsbehörde zuständigen Landratsamtes seien „völlig unverständlich“. Die Aufzug der Neonazis habe auf eine „deutlich einschüchternde Wirkung“ gezielt. Das Versammlungsgesetz aber untersage solche uniformierten Aufmärsche. „Hier hätte gehandelt werden müssen. Das ist ein Versagen.“
Die Polizei wies die Kritik zurück. Die Fackeln, Trommeln und Fahnen seien von der Versammlungsbehörde des Landkreises genehmigt worden, sagte ein Sprecher der zuständigen Polizei Zwickau. Zur Uniformierung kenne man die Rechtsprechung. „Das, was in Plauen gezeigt wurde, war rechtlich aber nicht zu beanstanden.“
Partei „III. Weg“
Auch dass die Neonazis einen Galgen mitgebracht hatten, an dem sie eine EU-Flagge aufknüpften, sei vom Landkreis genehmigt worden, so der Polizeisprecher. Und dass die Rechtsextremen später kollektiv über die Flagge trampelten? Laut Polizei ebenfalls kein Verstoß. Dies wäre nur bei Staatsflaggen der Fall gewesen – die EU-Fahne sei hier ausgenommen. In einer Bilanz sprach die Polizei in Plauen von einem „friedlichen Geschehen“. Das Einsatzkonzept der Deeskalation sei „gelungen“.
Das Landratsamt Voigtlandkreis äußerte sich erst am Abend. Ein Sprecher bestätigte, dass die Versammlungsbehörde den Neonazis Fackeln und Trommeln genehmigt habe – das aber nur „zahlenmäßig begrenzt“. Eine verbotene Uniformierung der Neonazis habe man nicht gesehen. Dafür hätte es einen Einschüchterungseffekt geben müssen. Dieser aber habe durch das Tragen einheitlicher T-Shirts „nicht bejaht“ werden können, so der Sprecher. Erst bei einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit hätte man den Aufzug einschränken können. „Derartige Gefährdungen waren nicht erkennbar.“
Jürgen Kasek
Der Auftritt des „III. Wegs“ indes war absehbar. Die Splitterpartei ist die momentan radikalste im rechtsextremen Spektrum, 500 Mitglieder rechnet ihr der Verfassungsschutz zu. Immer wieder spielt sie mit NS-Anleihen. Plauen gehört zu ihren Hochburgen. Dort hält die Partei ein Bürgerbüro, bietet Hausaufgabenhilfe und Selbstverteidigungskurse an, läuft in „nationalen Streifen“ durch die Stadt.
Auch der Demo-Auftritt ist kein Novum: Immer wieder marschiert die Partei mit Fackeln und Trommeln auf – offenbar auch dies in bewusster Parallele zu NS-Formationen. Und in Plauen gab es schon 2016 bei einem Aufzug Ausschreitungen der „III. Weg“-Anhänger.
Grüne und Linke forderten nun Aufklärung von Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU), warum es nicht strengere Auflagen für den Aufmarsch gab. Den Neonazis sei ohne Not ein Erfolg verschafft worden. „Wir haben kein Verständnis dafür, dass die Kundgebung in dieser Form genehmigt wurde“, so Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt.
Die Neonazi-Partei selbst bejubelte ihren Aufmarsch: Es sei eine „gelungene und kraftvolle Veranstaltung“ gewesen.
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