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Außenminister Maas in PekingMaas kritisiert Umerziehungslager

Der SPD-Politiker ignoriert Chinas Warnungen und übt Kritik am Umgang mit den Uiguren. Er fordert außerdem ein Ende des Handelsstreits mit den USA.

Maas spricht sich trotz Chinas Warnung gegen sogenannte Umerziehungslager aus Foto: dpa

Peking dpa | Außenminister Heiko Maas hat von der chinesischen Regierung ungeachtet von Warnungen vor einer Einmischung in innere Angelegenheiten mehr Transparenz im Konflikt um die Menschenrechte der Uiguren verlangt.

Zum Auftakt seines zweitägigen Antrittsbesuchs in Peking betonte der SPD-Politiker am Montag aber auch: „Mit Umerziehungslagern können wir uns nicht abfinden.“ Nach offiziell unbestätigten Berichten sollen bis zu eine Million Angehörige des Turkvolkes in Umerziehungslagern sitzen.

Peking rechtfertigt sein Vorgehen mit extremistischen Strömungen in Xinjiang und macht die Uiguren für Unruhen und Terroranschläge verantwortlich. Die chinesische Botschaft in Deutschland hatte dem Bundestag und der Bundesregierung kurz vor dem Besuch von Maas eine „eklatante Einmischung in die inneren Angelegenheiten und eine grobe Verletzung der Souveränität Chinas“ vorgeworfen.

Auslöser war eine Debatte, in der Abgeordnete Verstöße gegen die Menschenrechte der Uiguren angeprangert hatten. Maas sagte nach einem Treffen mit dem für Handel zuständigen Vize-Ministerpräsidenten Liu He, bei dem Gespräch sei „von Eklat nichts zu spüren“ gewesen.

EU will sich im Handelsstreit geschlossen zeigen

Auf die Frage, ob er den Zutritt von Menschenrechtsorganisationen zu den Lagern fordere, äußerte sich Maas zurückhaltend. Es sei sinnvoll, Transparenz herzustellen und dafür ein vernünftiges und objektives Verfahren zu finden. „Wer für diese Transparenz sorgt, ist zunächst einmal zweitrangig.“

Angesichts des Handelsstreits zwischen den USA und China betonte Maas, Berlin und Peking hätten gemeinsam ein Interesse am Ende der Handelskonflikte. Europa werde sich hier sowohl gegenüber den USA als auch gegenüber China geschlossen zeigen. Bei seinen Gesprächen werde es auch darum gehen, was China etwa mit einer stärkeren Marktöffnung oder einem besseren Schutz geistigen Eigentums dazu beitragen könne.

Nach Ansicht des Chefs des Berliner China-Instituts Merics, Frank Pieke, verschafft der Handelskrieg zwischen China und den USA Deutschland „mehr Einfluss auf China“. In einem dpa-Interview riet Pieke Maas, die Chinesen stärker zur Marktöffnung zu drängen. „Sie sind momentan in der Stimmung, Konzessionen zu machen, weil sie das Welthandelssystem und Europa plötzlich viel mehr brauchen als noch vor einem halben Jahr.“

Am Nachmittag (Ortszeit) wollte Maas an einem Treffen mit Vertretern der chinesischen Wirtschaft teilnehmen. Mit einem Handelsvolumen von gut 186 Milliarden Euro war China 2017 zum zweiten Mal in Folge der wichtigste Handelspartner Deutschlands, vor den Niederlanden (177 Milliarden) und den USA (knapp 173 Milliarden Euro).

Gespräch mit Chinas Vizepräsident geplant

Nach dem angedrohten Ausstieg der USA aus einem wichtigen Abrüstungsvertrag mit Russland brachte Maas ein weiter gefasstes Nachfolgeabkommen unter Einbeziehung Chinas ins Gespräch. Fragen der Rüstungskontrolle und der Abrüstung sollten Gegenstand multilateraler Vereinbarungen sein.

Die USA beschuldigen Moskau, den sogenannten INF-Vertrag verletzt zu haben und wollen ihn deshalb aufkündigen. INF steht für „Intermediate Range Nuclear Forces“ und ist eine Vereinbarung aus dem Jahr 1987 zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion. Sie untersagt den Bau und Besitz landgestützter, atomar bewaffneter Raketen oder Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern.

Am Abend stand ein Treffen mit dem für außenpolitische Fragen zuständigen Staatsrat Yang Jiechi auf dem Programm. Im mächtigen Politbüro ist Yang der oberste Außenpolitiker und steht damit über Außenminister Wang Yi, den Maas an diesem Dienstag treffen wollte.

Am zweiten Tag seiner Chinareise war auch ein Gespräch mit Vizepräsident Wang Qishan geplant, der sich ebenfalls um Außenpolitik kümmert. Wang gilt als enger Vertrauter von Staats- und Parteichef Xi Jinping.

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1 Kommentar

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  • Warum traut er sich das nicht in Saudi Arabien?