Abgeschobener Uigure in China: D. Adilie lebt – und sitzt in Haft

Im April wurde ein in München lebender Uigure nach China abgeschoben. Die Uiguren werden in ihrer Heimat Xinjiang systematisch unterdrückt.

Ein mit abgelehnten Asylsuchenden besetztes Flugzeug rollt vom Flughafen zur Startbahn

Wahrscheinlich nicht in diesem, aber in einem anderen Abschiebeflugzeug saß D. Adilie im April Foto: dpa

MÜNCHEN taz | Im April war der Uigure D. Adilie unrechtmäßig von München nach China abgeschoben worden, im August wurde sein Fall publik. Nach dem Flug in die Hauptstadt Peking war er spurlos verschwunden. Nun ist der Verbleib des 23-Jährigen geklärt: Nach Informationen von Bärbel Kofler (SPD), der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, sitzt Adilie in China in Haft.

Die muslimische Volksgruppe der Uiguren werden in ihrer Heimat Xinjiang, ein autonomes Gebiet im Nordwesten Chinas, systematisch unterdrückt und unter Terrorverdacht gestellt. Kürzlich hat China zugegeben, dass große sogenannte Umerziehungslager für Uiguren existieren. In diesen sollen eine Million Menschen eingesperrt sein mit dem Ziel, sie „zu erziehen und zu transformieren“. Menschenrechtler, die UN und das EU-Parlament kritisieren diese Behandlung scharf.

D. Adilie war wegen einer Behördenpanne abgeschoben worden: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hatte dem Münchner Kreisverwaltungsreferat als Vollzugsbehörde per Fax mitgeteilt, dass Adilie nicht abgeschoben werden darf, da er nach abgelehntem Bescheid einen Asylfolgeantrag gestellt hatte und vom Bamf dazu angehört werden sollte. Sein Anwalt Leo Borgman sagte der taz dazu, dass der Uigure auch in Deutschland gegen die chinesischen Machthaber protestiert habe und dies ein nachträglicher Asylgrund sei.

Doch das Fax des Bamf will das Kreisverwaltungsreferat nicht erhalten haben, so die Aussage des Referats im August. Deshalb sind am 3. April um fünf Uhr morgens Polizisten zu Adilie in die Unterkunft gekommen, haben ihn mitgenommen und in ein Flugzeug nach Peking gesteckt. Seinen Bamf-Termin hätte er am selben Tag um 9.30 Uhr gehabt. Im Jahr 2013 war er im Alter von 17 Jahren über die Türkei nach Deutschland geflohen, 2016 wurde sein erster Asylantrag abgelehnt.

Bundesregierung soll sich für Freilassung einsetzen

Nach Informationen der taz wurde Adilie nach seiner Ankunft in Peking noch direkt am Flughafen festgenommen. Mitte Oktober wurde ein Prozess gegen ihn eröffnet mit dem Vorwurf des „Separatismus“. Ihm droht nun eine hohe Gefängnis- oder gar die Todesstrafe. Auch im April schon wurden Uiguren eigentlich nicht aus Deutschland abgeschoben. Mittlerweile hat das Bamf ein Abschiebungsverbot für Uiguren nach China beschlossen, wenn ihnen eine konkrete Gefahr droht.

Dem 23-Jährigen nutzt das aber nichts mehr. Die Menschenrechtsbeauftragte Kofler hat beim Menschenrechtsdialog in Peking die Machthaber direkt auf diesen Fall angeprochen. Auch die Grünen-Bundestagsabgeordnete Margarete Bause, die ihren Wahlkreis in München hat, setzt sich weiterhin für den Uiguren ein. „Dass er damals in einer Nacht- und Nebelaktion abgeschoben wurde, bleibt ein Skandal“, sagte sie gegenüber der taz. Die Bundesregierung müsse nun darauf pochen, dass deutsche Diplomaten den jungen Mann im Gefängnis besuchen können – „und sie muss sich für dessen Freilassung einsetzen“.

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