Maltas Rolle bei der Flüchtlingsrettung: In Szene gesetzt
Derzeit ist kein Rettungsschiff auf dem Mittelmeer, warnen NGO's. Auch wenn Malta die „Aquarius“ anlegen ließ, sind weitere Einsätze gefährdet.
Vielleicht lag es auch daran, dass die Regierung von Malta es sich nicht nehmen lassen wollte, eine Pressetribüne inklusive Sonnenschutz für die wartenden Fotografen aufzubauen. Das „konkrete Beispiel für europäische Führung und Solidarität“, wie Muscat die Einigung nannte, sollte wohl entsprechend in Szene gesetzt werden.
Der Deal: Die 141 Menschen von der Aquarius, die von den NGOs SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen gemeinsam betrieben wird, werden Malta von fünf EU-Staaten abgenommen. Deutschland nimmt nach Angaben des Bundesinnenministeriums bis zu 50 von ihnen auf, Spanien 60, Portugal 30, die übrigen gehen nach Luxemburg und Frankreich.
Malta, nicht dumm, hatte die Gunst der Stunde genutzt: Dafür, dass es sich als Anlaufstelle für die Aquarius bereit gestellt hatte, sprang auch für Malta etwas heraus. Die Hälfte der 114 Menschen, die Maltas Küstenwache selbst am Montag aus Seenot gerettet hatte, werden ebenfalls EU-intern umverteilt.
Rettungsschiffe werden wohl am Auslaufen gehindert
Was mit den Geretteten passiert, ist also halbwegs geklärt. Offen hingegen ist, wie es mit den Rettern weitergeht. Denn die letzten NGO-Schiffe, die nach Malta gekommen waren, hatte die Regierung in Valletta prompt lahm gelegt: Seit Juni dürfen weder die „Sea Watch“, noch das Suchflugzeug „Moonbird“ oder das Rettungsschiff Lifeline wieder zu einem Einsatz aufbrechen. Offiziell soll geprüft werden, ob mit den Registrierungen alles in Ordnung ist, beziehungsweise soll Libyen den Einsatz des NGO-Suchflugzeugs Moonbird in seinem Luftraum „anfordern“. Doch sehr viel wahrscheinlicher ist, dass die Malta schlicht verhindern will, dass die Seeretter auslaufen und nach wenigen Tagen mit womöglich Hunderten Geretteten zurück kommen.
Der Ärzte ohne Grenzen-Geschäftsführer Florian Westphal sagte, mögliche Gesetzesverstöße müssten natürlich von Behörden geprüft werden können, „aber nicht so, dass der Eindruck entsteht, man wolle die humanitäre Arbeit lahmlegen.“
Die SOS Méditerranée-Geschäftsführerin Verena Papke erinnerte am Mittwoch in Berlin daran, dass es „da draußen derzeit überhaupt kein Rettungsschiff mehr im Einsatz“ gibt. Die einzige Ausnahme war die unter der Flagge von Gibraltar fahrende Aquarius. Der könnte es nun ähnlich ergehen: Das französische Magazin Le Marin berichtete, dass die Regierung von Gibraltar am 13. August ein Kommuniqué verbreitete. Demnach wurde der Aquarius zur Auflage gemacht, die Rettungen einzustellen, weil es in Gibraltar nur als Vermessungsschiff registriert sei. Es ist durchaus möglich, dass Malta dies zum Vorwand nimmt, jetzt auch die Aquarius zu blockieren.
Papke sagte, die Aquarius sei zwar nicht in Gibraltar, aber bei der International Maritime Organization als Rettungsschiff registriert. „Das war seit zwei Jahren so und wurde nie beanstandet“, so Papke. „Es stellt sich die Frage, warum das nun zu diesem Zeitpunkt als Problem gesehen wird.“ Unabhängig von der Registrierung sei ohnehin jedes Schiff zur Seerettung verpflichtet.
Gibraltar will Aquarius die Lizenz entziehen
Gibraltar hat offenbar angedroht, dass die Aquarius bis zum 20. August ihre Lizenz verlieren könnte. Dann müsste sie die Flagge des Landes annehmen, in dem ihr Reeder ansässig ist. SOS Mediterranee hat die Aquaris bei der Bremer Reederei Jasmund Shipping gechartert. Der nächste Flaggenstaat wäre also Deutschland. Das Schiff werde „sobald wie möglich wieder in den Rettungseinsatz rausfahren“, sagte Papke. Die NGO habe Beschwerde gegen den angedrohten Entzug der Flagge eingelegt. Sollte diese keinen Erfolg haben, werde das Schiff „vermutlich unter deutscher Flagge weiterfahren“.
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