Wahlprogramm von CDU/CSU: Mehr Jobs, mehr Geld, mehr Bullen
Nach langem Streit zwischen Merkel und Seehofer hat die Union in demonstrativer Einigkeit ihr Wahlprogramm beschlossen.
Die Vorstände der Parteien beschlossen das Programm am Vormittag. Anders als die SPD stimmen CDU und CSU darüber nicht auf Parteitagen mit vielen Delegierten ab. Seehofer sagte, es gebe „ein sehr kräftiges Band der Gemeinsamkeit zwischen CDU und CSU“. Vor der Verabschiedung des 72-seitigen Papiers fügte er hinzu: „Ich bin so froh, mit dem was da drin steht.“
Die Union beschließe in ihrem Wahlprogramm Vorschläge für eine Familienförderung, „wie wir sie jedenfalls in meiner politischen Tätigkeit noch nie hatten“. Zur Ehe für alle beziehen CDU und CSU in ihrem Programm für die Bundestagswahl am 24. September nicht Stellung, sie schreiben aber auch kein Familienmodell vor.
Seehofer sagte: „Es gab in all den Monaten, in vielen, vielen Stunden nie einen Streit. Weder innerhalb der CSU noch innerhalb der CDU noch zwischen CDU und CSU. Es lief sehr sachorientiert.“ Es stehe darin, dass sich die Situation aus dem Jahr 2015 mit fast einer Million Flüchtlinge nicht wiederholen solle. „Es steht sogar drin: Alle Seiten haben gelernt.“ Dennoch werde die von seiner Partei geforderte Obergrenze für neu ankommende Flüchtlinge in den sogenannten Bayernplan der CSU kommen. Der CSU-Chef will die Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen pro Jahr zur Bedingung für den Eintritt seiner Partei in eine nächste Koalition machen.
In den Bayernplan schreibt die CSU all das rein, was die CDU nicht mittragen will, wie die Obergrenze. „Einen Bayernplan gibt es, weil es Bayern gibt. Wir haben eine eigene Partei, die hat Hessen oder Mecklenburg-Vorpommern nicht“, sagte Seehofer. Er sei zuversichtlich, dass Punkte aus dem Bayernplan auch in einen Koalitionsvertrag auf Bundesebene einfließen würden. „Sonst würden wir es ja nicht reinschreiben.“
Nachfolgend einzelne Punkte aus dem Programm:
Steuerentlasungen: Das Volumen soll deutlich mehr als 15 Milliarden Euro bei der Einkommensteuer betragen. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll künftig erst ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 60.000 Euro greifen (bisher 54.000 Euro). Der Kinderfreibetrag (bisher 7.356 Euro) soll in zwei Schritten bis zum Grundfreibetrag für Erwachsene (derzeit 8.820 Euro) angehoben werden – die Union will sich aber nicht auf ein genaues Zieldatum festlegen.
Kindergeld: Um Gutverdiener nicht zu bevorzugen, soll zugleich das Kindergeld um 25 Euro erhöht werden. Für das erste und das zweite Kind werden aktuell 192 Euro Kindergeld pro Monat gezahlt, für das dritte Kind 198 Euro, ab Kind Nummer vier gibt es jeweils 223 Euro.
Solidaritätszuschlag: Die Union verspricht den Abbau des Solidaritätszuschlags für alle ab dem Jahr 2020 – legt sich aber nicht wie ursprünglich diskutiert auf eine Abschaffung bis 2030 fest.
Polizei: Die Union will 15.000 neue Stellen schaffen.
Familie/Ehe: Es soll ein Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung für Kinder im Grundschulalter eingeführt werden.
Baukindergeld: Wer erstmals eine Immobilie kauft, soll zehn Jahre lang pro Kind und Jahr einen Zuschuss von 1.200 Euro bekommen. Beim ersten Kauf eines Eigenheims soll außerdem die Grunderwerbsteuer erlassen werden. „Die CDU verteilt ihr Baukindergeld mit der Gießkanne, erreicht damit aber nicht diejenigen, die wirklich Hilfe beim Wohnungskauf brauchen“, kritisierte Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) die Unionspläne in der „Passauer Neuen Presse“.
Forschungsförderung: Mittelständische Unternehmen sollen bei Forschungs- und Entwicklungsausgaben steuerlich gefördert werden, wenn es für sie zu kompliziert ist, Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt zu beantragen. Für die Forschungsförderung würden Steuerausfälle von bis zu drei Milliarden Euro jährlich eingerechnet. Dennoch will die Union auch dann einen Haushalt ohne Neuverschuldung vorlegen.
Arbeitsmarkt: Bis 2025 soll die Vollbeschäftigung erreicht werden. Als Vollbeschäftigung gilt eine Arbeitslosenquote von höchstens drei Prozent. Sie liegt derzeit bei 5,5 Prozent. CDU und CSU treten zudem für die Schaffung eines „Fachkräftezuwanderungsgesetzes“ ein.
Doppelpass: Die doppelte Staatsbürgerschaft für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern soll nach dem Willen der Union nicht mehr über Generationen hinweg weitervererbt werden können. Die Union will bei Bürgern, die nicht aus der EU stammen, einen „Generationenschnitt“ einführen: „Dieser Schnitt soll nach der Generation der in Deutschland geborenen Kinder erfolgen, die durch Geburt in Deutschland die deutsche Staatsbürgerschaft erworben haben.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern