Unionsspitzen zu Ehe für alle: Seehofer verärgert, Merkel traurig
Die Abstimmung über die Ehe für alle wird wohl nicht mehr zu verhindern sein. Unionspolitiker sind über das zügige Verfahren nicht sonderlich glücklich.
Auch wenn am Freitag einzelne Abgeordnete seiner Partei für die Ehe für alle stimmen wüden, bleibe die Ehe zwischen Mann und Frau das Leitbild der CSU, sagte Seehofer: „Sie wird weiterhin im Zentrum unserer Gesellschafts- und Familienpolitik stehen.“ Der CSU-Chef kritisierte das Tempo, in dem das Gesetzesvorhaben vorangetrieben werde: „Man hätte das auch in aller Ruhe im Herbst machen können.“
Angela Merkel kritisierte in einem Interview mit der Wirtschaftswoche erstmals öffentlich das Vorgehen des Koalitionspartners SPD. „Mir ist es fremd, wie eine solche Entscheidung genau in dem Moment, als sich die realistische Aussicht auf ein fraktionsübergreifendes Vorgehen ergab, in eine parteipolitische Auseinandersetzung gezogen wurde.“ Dies sei „traurig, und es ist vor allem auch völlig unnötig“. Es gehe „um eine Entscheidung, die die tiefsten Überzeugungen von Menschen und die Ehe, einen Grundpfeiler unserer Gesellschaft berührt“. Jeder Abgeordnete solle deswegen in Respekt vor den unterschiedlichen Sichtweisen seinem Gewissen folgen können.
Die Kanzlerin war am Montagabend überraschend vom klaren Nein der CDU zur Ehe für alle abgerückt und hatte damit die aktuelle Entwicklung ins Rollen gebracht. Die SPD nahm ihre Äußerungen zum Anlass, eine schnelle Abstimmung gemeinsam mit Linken und Grünen durchzusetzen und die Union damit drei Monate vor der Wahl in die Enge zu treiben.
Die Mehrheit der Deutschen befürwortet die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Wie die Bild-Zeitung mit Verweis auf eine Insa-Umfrage vom Mittwoch berichtet, sind 74,7 Prozent der Befragten für die „Ehe für alle“, 19,8 Prozent sind dagegen. Zwei Drittel der 1.001 Befragten (65,9 Prozent) befürworten zudem ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Nur jeder Fünfte (22 Prozent) ist der Umfrage zufolge dagegen.
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