Nordafrika als Auffanggebiet: Flüchtlinge sollen kaserniert werden

Österreichs Bundeskanzler Kern rührt eine alte Idee neu auf. Und macht sie so politisch salonfähig. Doch bislang ist sie stets gescheitert.

Zwei Männer in Anzügen sitzen auf Stühlen

Dänen empfängt er hingegen gerne: Bundeskanzler Kern mit seinem Amtskollegen Rasmussen in Wien Foto: reuters

WIEN taz Die EU sollte Flüchtlingslager in Afrika einrichten. Zu deren Bewachung könnte auch das österreichische Bundesheer Kontingente abstellen. Diese markante Flüchtlingsabwehr formulierte Österreichs Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) in einem Interview in der Presse am Sonntag. Kern stelle „die Frage in den Raum“, wie er sagte.

„Wir wissen ja, über welche Staaten wir reden: Libyen, Senegal, Mali, auch Afghanistan.“ Trotz möglicher Bedenken erklärt Kern, „dass Europa und die Welt das Problem anders nicht in den Griff kriegen werden“. Militärische Sicherung sei zu diskutieren. Wer die Mittelmeerroute schließen wolle, „muss bereit sein, diese Frage zu beantworten“.

Kern, der vor bald einem Jahr angetreten ist, die Politik wieder näher an die Menschen heranzubringen, befindet sich nach Ansicht von Beobachtern auf einem gefährlichen Pfad. Der Politologe Anton Pelinka meint, Kern wolle seine Partei in eine „FPÖ light“ verwandeln. Kern weist diesen Vorwurf in dem Interview als „besonders unsinnig“ und platt zurück. Er glaubt nicht, dass die Parteienlandschaft insgesamt nach rechts gerutscht sei.

Wählerschaft geht nach rechts

Tatsache ist, dass die Wählerschaft in den letzten zehn Jahren skeptischer gegenüber der Demokratie geworden ist. Laut einer vom Zukunftsfonds der Republik beim Sora-Institut in Auftrag gegebenen Umfrage halten zwar 78 Prozent die Demokratie für die beste Regierungsform, doch waren es vor zehn Jahren noch 86 Prozent.

Österreichs bundeskanzler Kern

„Wir reden über Libyen, Senegal, Mali, auch Afghanistan“

Gleichzeitig hat die Zustimmung zu einem „starken Führer“, der „sich nicht um ein Parlament und Wahlen kümmern“ muss, zugenommen. 12 Prozent stimmen dem voll zu, weitere 35 Prozent lehnen diese Idee zumindest nicht ab. Bei einer vergleichbaren Umfrage 2007 waren es noch 10 und 25 Prozent. 42 Prozent wünschen sich (volle Zustimmung), dass „man stärker gegen Außenseiter und Unruhestifter vorgehen“ sollte, um Recht und Ordnung zu wahren. Nur 7 Prozent lehnen das völlig ab.

Die Sozialforscherin Martina Zardanella vom Sora-Institut erklärt diese Entwicklung „mit der Abnahme des Gefühls, mitbestimmen zu können“. Sie sorgt sich weniger um die zehn Prozent der Bevölkerung, die „konsistent autoritär ausgerichtet“ seien, als um die zunehmende Anzahl, die sich eine autoritäre Herrschaft vorstellen können. Der Historiker Oliver Rathkolb zeigte sich bei der Präsentation der Studie am vergangenen Donnerstag „irritiert über das Ergebnis der 15- bis 20-Jährigen“, die besonders demokratieskeptisch seien.

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