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Meer für Naturgenießer

Steinhuder Meer Norddeutschlands größter See ist noch erstaunlich naturbelassen. Paradies für Sumpfschildkröten, Seeadler, Rastvögel – und auch für Radfahrer

von Sven-Michael Veit

Mit etwas Glück begegnet man einem lebenden Fossil. Die in weiten Teilen Deutschlands ausgestorbene Europäische Sumpfschildkröte ist am Steinhuder Meer wieder heimisch geworden. 2015 wurden erstmals 50 Jungtiere in den sumpfigen Uferzonen von Norddeutschlands mit 30 Quadratmetern größtem Binnensee in die Freiheit entlassen. Die letzte in Mitteleuropa natürlich vorkommende Schildkrötenart galt seit etwa 300 Jahren als nahezu ausgestorben, nur in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern blieben kleine Populationen erhalten. Der Hauptgrund für ihr Verschwinden war die Zerstörung ihrer Lebensräume: Die Intensivierung der Landwirtschaft und großflächige Entwässerungen entzogen ihr die Lebensgrundlage.

Feuchtgebiet voninternationaler Bedeutung

Auch Deutschlands seltenste Ente, die Moorente, wurde seit 2012 vom Naturschutzbund (Nabu) an dem flachen Gewässer im Südwesten Niedersachsens wieder ausgewildert, ebenso Laubfrösche und Karauschen, kleine Verwandte des Karpfens. Fischotter und Biber fanden allein den Weg zurück in ihre ursprünglichen Lebensräume, auch mehrere Seeadler haben hier wieder ihre Reviere: Das Steinhuder Meer ist zu Recht eines von nur 32 „Feuchtgebieten von internationaler Bedeutung“ in Deutschland.

Hauptort der dünn besiedelten Region ist mit rund 5.000 Einwohnern Steinhude am Südostufer des Sees, der hier nur Meer genannt wird. In dem einstigen Fischerdorf, das sich zum Touristenzentrum entwickelt hat, gibt es die meisten Hotels, Ferienwohnungen und Restaurants, in der zweiten Ortschaft Mardorf am Nordwestufer leben 2.000 Menschen, davon mehr als die Hälfte aber nur am Wochenende und im Sommer in Zweitwohnsitzen und als Dauercamper. Rein rechnerisch kommt ein Einwohner auf 12.000 Quadratmeter.

Scheunenviertel undSkulpturenpromenade

Sehenswert in Steinhude ist das sanierte Scheunenviertel mit historischen Gebäuden, die bis ins Jahr 1756 zurückreichen. Es war nach mehreren Bränden am Rande des historischen Ortskerns errichtet worden. Die Scheunen fassen an zwei Seiten einen dreieckigen Platz ein, der früher zum Dreschen diente und seit 1871 für Festveranstaltungen genutzt wird. Im Zuge eines Revitalisierungsprojekts zur Expo 2000 in Hannover wurden die Scheunen renoviert und um einige aus anderen Orten hierhin versetzte Bauten ergänzt. Heute bieten sie kleinen Läden, Cafès und Restaurants Platz.

In unmittelbarer Nähe beginnt die 1,5 Kilometer lange Skulpturenpromenade am Seeufer. Sieben Kunstwerke am und im Wasser wurden hier zwischen 1996 und 2010 aufgestellt, die allesamt Bezüge zum Steinhuder Meer haben. Die Edelstahlskulptur „Undines Traum“ von Hans Jürgen Zimmermann aus Hannover ist einer der Vorentwürfe des Künstlers zu den Bühnenbilder der Ballettfassung von „Undine“ in der Oper von Hannover. Sie huldigt dem Verfasser von Undine, Friedrich de la Fouqué, der 1796 als französischer Offizier in der Nähe stationiert war. Daher gilt es als sicher, dass sich die Geschichte um die Meerjungfrau am Steinhuder Meer abspielt.

Eine Minifestungmitten im Meer

Von der Promenade aus gut zu sehen ist die künstlich aufgeschüttete Insel Wilhelmstein mit der gleichnamigen Miniaturfestung. Zwischen 1761 und 1767 ließ Graf Wilhelm I. zu Schaumburg-Lippe Insel und Festung errichten, die sternförmige Zitadelle war Militärschule und Gefängnis. Heute beherbergt sie ein Infozentrum des Naturparks und ein Museum. Zu erreichen ist das Eiland mit Fahrgastschiffen von Steinhude und Mardorf aus.

Umrunden lässt sich das flache, im Durchschnitt nur 1,35 Meter tiefe, Steinhuder Meer auf einem 32 Kilometer langen Radweg. Weil etwa zwei Drittel der Uferzone weder kultiviert noch besiedelt sind, kann man hier weitgehend ursprüngliche Natur mit dem Rad durchqueren. Vor allem der Meerbruch, der das Südufer des Sees umschließt, ist ein Paradies für Wat- und Wasservögel. Im Frühjahr und Herbst rasten hier zusätzlich Hunderttausende Zugvögel. Die Ökologische Schutzstation Steinhuder Meer (ÖSSM) hat Wege und Beobachtungshütten angelegt, am Nordufer führt ein Erlebnispfad durch das Steinhuder Moor, ein Teil des riesigen Toten Moores. Auch das gehört zum 310 Qudratkilometer großen Naturpark Steinhuder Meer mit dem See in seinem Zentrum – und mit viel Raum für Naturgenießer.

Informationen: Tourismusinformation Steinhude, www.steinhuder-meer.de; Naturpark: www.naturpark-steinhuder-meer.de; ÖSSM: www.oessm.org

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