Rassismus in Deutschland: Der Europarat macht sich Sorgen
Die vielen Angriffe auf Flüchtlingsheime in Deutschland werden vom Europarat kritisiert. Die Bundesregierung weist einen „institutionellen“ Rassismus zurück.
BERLIN afp | Der Europarat hat sich besorgt über „eindeutige Anzeichen“ für eine Zunahme von Rassismus und Intoleranz in Deutschland geäußert. Diese Tendenz spiegele sich in der gestiegenen Zahl von Angriffen auf Einrichtungen für Asylbewerber wider, erklärte der Menschenrechtskommissar des Europarats, Nils Muiznieks, in einem am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Bericht, der allerdings die Auswirkungen der aktuellen Flüchtlingskrise auf die Lage in Deutschland nicht berücksichtigt.
Die Bundesregierung wies in einer Stellungnahme zu dem Bericht den Vorwurf eines „institutionellen Rassismus“ zurück. Muiznieks hingegen forderte die deutschen Behörden auf, ihren Kampf gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit zu verstärken. Bisher beschränke sich dieser vor allem auf die Aktivitäten extremistischer, insbesondere rechtsextremer Gruppen. Rassistisch motivierte Straftaten würden aber häufig von Menschen verübt, die nichts mit extremistischen Gruppen zu tun hätten. Dieser Realität müssten die Behörden Rechnung tragen.
Unter anderem verlangte Muiznieks eine bessere Schulung „aller Akteure“ der Strafverfolgungsbehörden, einschließlich der Richter, zum Umgang mit rassistischen Straftaten. Auch die Erfassung solcher Delikte müsse verbessert werden. Vertreter von Behörden und Politiker müssten „alle Arten von Hassrede und Hassverbrechen nachdrücklich und eindeutig verurteilen“, heißt es in dem Bericht weiter. Sie müssten sich zudem „aller Rhetorik enthalten“, die bestimmte Gruppen der Bevölkerung stigmatisiere.
Nach der NSU-Affäre um rassistisch motivierte Morde müsse überdies untersucht werden, inwieweit es bei deutschen Strafverfolgungsbehörden eine „strukturelle Voreingenommenheit gegen Ausländer“ gebe, heißt es in dem Bericht weiter. Angaben zu „rassistischem oder rassistisch diskriminierendem Verhalten“ von Strafverfolgungsbeamten müssten „sorgfältig untersucht“ werden.
Die deutschen Ermittler und das Bundesamt für Verfassungsschutz waren wegen der NSU-Affäre in die Kritik geraten. Die Neonazi-Zelle hatte jahrelang unerkannt Morde und Sprengstoffanschläge gegen Menschen ausländischer Abstammung verüben können, bis sie 2011 aufgeflogen war. Kritiker werfen den Behörden vor, die rassistische Motivation dieser Verbrechen lange ignoriert zu haben.
Mindeststandards gefordert
In der Reaktion der Bundesregierung auf den Bericht heißt es, die Themen Menschenrechte, Verhütung von Rassismus und Rassendiskriminierung seien in Deutschland Teil der Polizeiausbildung und gehörten auch zum Programm der Fortbildung von Richtern.
Muiznieks hatte sich mit einer Delegation im April und Mai vor Ort über die Lage in Deutschland informiert. Die Europarats-Experten sprachen mit Regierungsmitgliedern, Abgeordneten sowie mit Vertretern von Behörden und Nichtregierungsorganisationen. Außerdem besuchten sie Aufnahmezentren in Karlsruhe, Berlin und Potsdam.
Die aktuelle Flüchtlingskrise und ihre Auswirkungen auf Deutschland werden in dem Bericht nicht berücksichtigt. Muiznieks äußert sich aufgrund seiner Erkenntnisse vom Frühjahr anerkennend zu den Anstrengungen der Bundesregierung bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Im vergangenen Jahr hätten mehr als 202.000 Flüchtlinge in Deutschland Asyl beantragt. Damit sei Deutschland weltweit das Land mit der höchsten Zahl von Asylanträgen gewesen.
Es gebe aber „wichtige Herausforderungen“, vor allem hinsichtlich der Aufnahmebedingungen und der Dauer der Asylverfahren. Der Menschenrechtskommissar forderte Deutschland auf, bundesweit verbindliche Mindeststandards für das Betreiben von Aufnahmezentren festzusetzen.
Leser*innenkommentare
Jürgen Klute
Was hindert die Bundesregierung eigentlich daran, sich an den Standards des UNHCR zu orientieren. Auf der Webseite des UNHCR sind alle Handbücher und Rechtstexte, die für den Umgang mit Asylsuchenden relevant sind, zugänglich. Insbesondere das Handbuch für die Mitarbeitenden des UNHCR sind eine gute Quelle für die Entwicklung von Mindeststandards im Umgang mit aus ihrer Heimat vertriebenen Asylsuchenden – insbesondere "A Community-based Approach in UNHCR Operations", "The UNHCR Tool for Participatory Assessment in Operations" und die "UNHCR Tool Boxes on EU Asylum Matters". Die Anwendung dieser Standards sollte selbstverständlich sein für ein Mitgliedsland der EU.
70023 (Profil gelöscht)
Gast
"Rassismus in Deutschland"
"Der Europarat macht sich Sorgen"
Was für ein Überschrift. Seit wann gibt es denn Europarat, dass sie erst jetzt von den Rassismus in Deutschland mitbekommen. Übrigens nicht nur die Deutschen sondern ganze Europa ist Rassistisch. Ich weise es nicht, wo die Damen und Herren von Europarat leben.
robby
Natürlich haben wir einen institutionellen Rassismus:
1. Die Anerkennungsquote der Roma beträgt vom Balkan beträgt 0,3 Prozent, während selbst Frankreich und die Schweiz bis zu 40% anerkennen, das oberste französische Gericht die Verfolgung der Roma auf dem Balkan ausdrücklich anerkannt hat und unsere Politiker die Zustände auf dem Balkan genau kennen.
2. Weil in Sachsen die gesamte Regierung und Verwaltung passiv udn bewußt dem rechten Treiben zu schaut und
3. weil die "Christliche" Partei (welch Hohn in dem Zusammenhang) in Bayern den Rassismus schürt.
ShieTar
"Im vergangenen Jahr hätten mehr als 202.000 Flüchtlinge in Deutschland Asyl beantragt. Damit sei Deutschland weltweit das Land mit der höchsten Zahl von Asylanträgen gewesen."
Das klingt dann auch nur so lang beeindruckend bis man sich in Erinnerung ruft das andere Länder Millionen von Flüchtlingen ohne den ganzen Asyl-Formalismus aufgenommen haben.
70023 (Profil gelöscht)
Gast
Das ist wohl die deutsche Realität. Man kann ja alles so verdrehen, wie es einer so braucht.
Die Behauptung "Damit sei Deutschland weltweit das Land mit der höchsten Zahl von Asylanträgen gewesen."
Abgesehen, dass es überhaupt nicht stimmt. Was soll Libanon, Jordanien oder Türkei mit Millionen Flüchtlinge in den einzelnem Ländern sagen. Ich weise es nicht, warum die Deutschen immer neigen zu übertreiben. Es ist zwar erfreulich, dass die anständigen Deutschen die Flüchtlinge Willkommen heißen aber insgesamt finde ich Europäische Flüchtlingspolitik für reicher Europa beschämend. Man darf nicht immer nehmen. Man muss auch fähig sein abzugeben. Wie man so schön sagt. Nehmen und Geben.
Georg Schmidt
@ShieTar ich finde es immer schön, dass man so schön an DEutschland rumkritisiren kann,
Georg Schmidt
@ShieTar welche denn ? 1992 hat D in folge des Jugoslawiwnkonflikts 1000-000Menschen aufgenommen und mla so nenebei, jetzt gibts Vergleiche von Heimatvertriebenen 1945 und den jetzigen Flüchtlingen und dern Behandlung, ich bin selber einer der 1945 aus Polen vertreben wurde, würde man diie heutigen Flüchtlinge so aufnehmen, wie damals die Heimatvertriebenen gäbs einen Aufschrei ohne Ende !
DR. ALFRED SCHWEINSTEIN
@Georg Schmidt Leute, die bereits 1945 vertrieben wurden, pflegen meist eine weniger moderne, dafür korrektere Sprache, Rechtschreibung und Grammatik.
Konrad Ohneland
@Georg Schmidt Geben Sie sich doch bitte etwas mehr Mühe beim Tippen.
Vladimir 52
@ShieTar Ja, das sind die Länder, aus denen sie flüchten.