Hamburger Elbphilharmonie: Luxushotel aus Steuermitteln
Mehr als zehnmal so teuer wie geplant wird Hamburgs Konzerthaus. Ein Bericht benennt nun die Verantwortlichen für das Planungschaos.
HAMBURG taz | Einen einzelnen Schuldigen gibt es nicht: Zu viele haben mitgemischt bei Hamburgs Elbphilharmonie. Sie sollte einer der zehn weltbesten Konzertsäle werden und Beispiel für eine gelungene Kooperation zwischen Staat und Wirtschaft mittels der Public-private-Partnership (PPP). Dann aber liefen die Kosten spektakulär aus dem Ruder. Statt 77 Millionen Euro muss die öffentliche Hand inzwischen 800 Millionen hinlegen, die Eröffnung wurde von 2010 auf 2017 verschoben. Das alles, weil Hamburgs politisch Verantwortliche desinteressiert, naiv oder überfordert waren.
Zu diesem ernüchternden Fazit kommt der eigentlich noch geheime Abschlussbericht des schon zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der zweieinhalb Jahre lang die Gründe für Kostenexplosion und Planungschaos eruierte.
Gut weg kommt dabei niemand: Die Politik – allen voran Hamburgs damaliger Bürgermeister Ole von Beust (CDU) – sei lange Zeit wenig an Details interessiert gewesen. Die städtische Projektkoordination sei ein wenig kompetenter, kaum kontrollierter „Staat im Staate“. Die beratende Anwältin und PPP-Fachfrau, Vergaberechtlerin Ute Jasper, habe wichtige Teile des Vertrags nicht einmal angeschaut.
Überdies, so der Bericht, sei der Bau derart früh ausgeschrieben worden, dass die Stararchitekten Herzog & de Meuron ihre Pläne nicht fertig hatten und nicht valide kalkulieren konnten. Genau das habe sich dann der Baukonzern Hochtief zunutze gemacht, einen unrealistisch niedrigen Preis angegeben und auf millionenschwere Nachforderungen gesetzt. Als die nicht mehr halfen, gab es einen anderthalbjährigen Baustillstand, der erst endete, als die Stadt frische 200 Millionen Euro locker machte.
Der Bericht legt nahe, dass die Stadt schlicht naiv war, als sie vermutete, Hochtief werde wie ein „ehrbarer Kaufmann“ handeln. Explizit besagt er, dass PPP bei der Elbphilharmonie gescheitert ist: Eigentlich hätte der Konzertsaal durch ein Hotel, ein Parkhaus und Gastronomie querfinanziert werden sollen. Weil Architekten und Hochtief jahrelang nicht kooperierten, stiegen die Kosten derart, dass sich kein Investor mehr fand. Die Stadt sprang ein und geriet so „in die abwegige Situation, in Millionenhöhe ein Luxushotel aus Steuermitteln zu subventionieren.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen