Kommentar Weißbuch der Bundeswehr: Für ein aggressives Deutschland

Das Leitmotiv des neuen Weißbuchs der Bundeswehr heißt „Führen aus der Mitte“. Soll beruhigend unkriegerisch klingen – ist es aber nicht.

Führt aus der Mitte: Die Verteidigungsministerin. Bild: dpa

Es gibt gute Gründe für ein neues „Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“. Dass über das zuletzt vor zwölf Jahren aktualisierte Grundlagendokument zur außen- und militärpolitischen Ausrichtung die Zeit hinweggegangen ist, zeigt sich nicht nur an dem dort enthaltenen flammenden Bekenntnis zur Wehrpflicht, die sich „auch unter wechselnden sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen uneingeschränkt bewährt“ habe.

In den bislang zehn Ausgaben lässt sich anschaulich der Wandel der Bundeswehr von einer Verteidigungs- zu einer weltweit operierenden Interventionsarmee nachvollziehen. „Die Bundesregierung betrachtet den Frieden als das höchste Gut“, stand noch in dem Exemplar von 1970. „Die Bundeswehr beschreitet seit Jahren konsequent den Weg des Wandels zu einer Armee im Einsatz“, heißt es in der letzten Ausgabe aus dem Jahr 2006.

Mit der Neuauflage, die in eineinhalb Jahren erscheinen soll, will Ursula von der Leyen diesen Weg weiter gehen. Die Floskel, die die Verteidigungsministerin dafür verwendet, lautet: „Führen aus der Mitte“ – was beruhigend unkriegerisch klingen soll, es aber nicht ist. Denn darunter versteht sie nicht zuletzt, „gemeinsam zu kämpfen“.

Eine breite gesellschaftliche Debatte solle über das Weißbuch geführt werden, hat von der Leyen versprochen. Doch bei der Auftaktveranstaltung am Dienstag saß kein einziger grundsätzlicher Kritiker deutscher Auslandseinsätze mit auf dem Podium. Das schränkt das Diskussionsspektrum dramatisch ein. Dabei wäre es äußerst sinnvoll, über die künftige deutsche Führungsrolle zu diskutieren – allerdings nicht im Sinne einer militärischen Logik, sondern als Motor friedlicher Konfliktlösung.

„Krieg ist nicht mehr die Ultima Ratio, sondern die Ultima Irratio.“ Der Satz Willy Brandts mag altmodisch klingen. Richtig ist er trotzdem.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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