Die SPD und das TTIP: Frau Malmström sagt Nein

Sigmar Gabriel will seine Partei für den Freihandelsdeal begeistern. Doch die EU-Kommissarin lehnt seine Forderungen ab.

Vor dem Auftritt von Frau Malmström war die Stimmung noch gut... Bild: dpa

BERLIN taz | Cecilia Malmström hat Manieren. Die schwedische EU-Kommissarin, zuständig für die Freihandelsabkommen mit Kanada (Ceta) und den USA (TTIP), hat die Einladung der SPD nicht ausgeschlagen. Sie ist am Montag in der Berliner Parteizentrale erschienen, um dort mit der deutschen Regierungspartei zu diskutieren. Zur Begrüßung sagt sie auf deutsch „Guten Tag“. Und dann macht sie auch noch das, was die Herzen eines jeden Sozialdemokraten öffnet: Sie zitiert Willy Brandt.

Eine entscheidende Freundlichkeit verwehrt Malmström ihren Gastgebern aber. Den Vorschlag von SPD-Chef Sigmar Gabriel, zumindest im Abkommen mit Kanada auf die umstrittenen privaten Schiedsgerichte zu verzichten, unterstützt sie nicht. „Kleinere Änderungen an Ceta sind noch möglich. Aber wir können das Abkommen nicht komplett wieder aufschnüren“, sagt die Schwedin.

Ein Dämpfer für Gabriel, der mit der Veranstaltung im Willy-Brandt-Haus seine Partei für die Freihandelsabkommen begeistern wollte. Vor SPD-Abgeordneten, Parteimitgliedern und Zuschauern des Livestreams hatte er Minuten vor Malmströms Auftritt über sein Wochenende berichtet. Am Samstag war er nach Madrid geflogen; mit sozialdemokratischen Parteichefs aus anderen EU-Ländern hatte er dort Forderungen an die EU-Kommission formuliert.

Statt der privaten Schiedsgerichte, wie sie das Ceta-Abkommen bisher vorsieht, wollen sie einen internationalen Handelsgerichtshof etablieren – mit staatlichen Richtern, öffentlichen Verfahren und Berufungsmöglichkeiten. Sowohl seiner Partei als auch der Wirtschaft will er es recht machen. Die Streitpunkte der Abkommen will er entschärfen, platzen lassen will er Ceta und TTIP aber auf keinen Fall. Damit würde er schließlich die Bosse gegen sich aufbringen.

Die Sorgen der Wirtschaft

Vor dem Termin in der SPD-Zentrale hatte Gabriel am Vormittag führende Wirtschaftsvertreter besucht, die ebenfalls über den Freihandel diskutierten und sich grundsätzlich kompromissbereit zeigten. „Unser Ansatz kann nicht sein, irgendein TTIP haben zu wollen, egal um welchen Preis“, sagte Eric Schweitzer, der Chef der Handelskammern. Ein kategorisches Nein der SPD würden er und andere Sigmar Gabriel aber kaum verzeihen. Auf die Sorgen des Publikums im Haus der Wirtschaft reagierte Gabriel selbst flapsig. „Wie sich die Meinung in der SPD entwickelt, weiß man nie. Das ist eine historische Erfahrung“, rief er in den Saal.

In der SPD wird man sich nun aber eine andere Frage stellen: wie sich die Meinung ihres Parteichefs entwickelt. Rote Linien für die Ceta-Verhandlungen hatte er im Herbst zunächst gemeinsam mit der Basis formuliert, um sie kurz darauf auf eigene Faust wieder zu beerdigen. Nun hat er zwar zusammen mit EU-Kollegen neue Bedingungen gestellt. Was passiert aber, wenn Malmström und andere bei ihren Positionen bleiben und auch weiter auf die privaten Schiedsgerichte bestehen?

Immerhin ein Versprechen hat Gabriel schon vor Monaten abgegeben: dass die SPD-Mitglieder zu TTIP und Ceta befragt werden, bevor die endgültige Entscheidung über die Abkommen fällt. Entweder darf dann der Parteitag sein Votum abgeben oder der SPD-Konvent, der kleine Parteitag also. Wann, steht jedoch noch nicht fest.

Auf Nummer sicher

Sigmar Gabriel könnte das Okay seiner Genossen einholen, bevor der EU-Ministerrat abschließend über die Abkommen berät. Der Wirtschaftsminister selbst sitzt in diesem Gremium. Wenn seine Partei TTIP und Ceta vor der entscheidenden Abstimmung ablehnen, müsste er im Rat gegen die Abkommen stimmen – oder erneute Nachverhandlungen mit den Nordamerikanern beantragen. Er könnte die Parteigremien aber auch erst später befragen, wenn die Abkommen auf europäischer Ebene durch sind und nur noch in den nationalen Parlamenten abgenickt werden müssen. Nachverhandlungen sind zu diesem Zeitpunkt kaum mehr möglich.

Teile der Partei wollen jetzt auf Nummer sicher gehen. „Die Partei muss befragt werden, bevor der Ministerrat über Ceta entscheidet. Das wird deutlich vor der abschließenden Befassung des Bundestags sein“, sagt Carsten Sieling, Sprecher der Parlamentarischen Linken der Bundestagsfraktion. Im Juni steht der nächste Parteikonvent der SPD an.

Ceta und TTIP sind dort als Themen fest eingeplant. Wenn zumindest das Abkommen mit Kanada bis dahin abstimmungsreif ist, könnten die Sozialdemokraten schon im Sommer über den Freihandel entscheiden.

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