Kommentar Länderfinanzausgleich: Kretschmann hat recht

Baden-Württembergs Regierungschef hat einen klugen Vorschlag zu den Bund-Länder-Finanzen vorgelegt. Die Idee aber hat einen Feind: Horst Seehofer.

Hat viel Energie für den Länderfinanzausgleich: Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann. Bild: reuters

Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann handelt in der Finanzpolitik meist gnadenlos egoistisch, so, wie es alle Ministerpräsidenten tun. Das Beispiel liefert der Streit um die Erbschaftsteuer: Der Grüne Kretschmann und sein Finanzminister verteidigen das Privileg reicher Firmenerben, ihre Millionen am Fiskus vorbeizuschleusen. Allerdings sagen sie das im Moment lieber nicht mehr laut, weil diese Position die sensiblen Bundes-Grünen empören würde. Das wirkt kläglich, war aber vorhersehbar.

Bei einem anderen Finanzthema ist Kretschmann allerdings die Stimme der Vernunft. Er hat einen klugen Vorschlag zu den Bund-Länder-Finanzen vorgelegt, der viele Probleme lösen könnte. Länderfinanzausgleich, das klingt staubtrocken, ist aber ein innenpolitisches Megathema. Seit Monaten verhandeln Bund und Länder erfolglos, wie sich die komplexen Finanzströme neu regeln lassen.

Kretschmanns Vorschlag bietet für alle etwas: Der Solidaritätszuschlag würde in die Einkommensteuer integriert, Bund und Länder hätten also weiterhin Milliardeneinnahmen. Die Bürger bekämen einen kleinen Steuernachlass, weil endlich die kalte Progression wegfiele. Und die wirren Verflechtungen von Bundes- und Länderaufgaben würden etwas klarer.

Der Feind dieser vernünftigen Lösung sitzt in München. CSU-Chef Horst Seehofer fürchtet, die Integration des Soli in die Einkommensteuer könnte der Union als Steuererhöhung ausgelegt werden. Der Einwand ist bizarr, da das Konzept ja explizit eine Steuersenkung enthält. Aber Seehofer schwächt lieber die Staatshaushalte, als dass er seinen Wählern etwas Komplexität zumutet. Solche Irrationalität darf sich nicht durchsetzen. Schließlich geht es nicht um ein paar Leberkässemmeln, sondern um die Finanzarchitektur der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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