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Mit Volldampf an Grünen vorbei

Kanzler kündigt Einsatz deutscher Soldaten in Awacs-Flugzeugen an. Grünen-Chefin habe da „nicht zu entscheiden“. Kritik kommt nur von der Union

von LUKAS WALLRAFF

Stolz präsentieren die Grünen auf ihrer Homepage das Glückwunschfax des Kanzlers an ihre neue Führung. „Sehr herzlich“ gratuliert Gerhard Schröder da der „lieben Angelika Beer“ und ihrem Chefkollegen Reinhard Bütikofer. „Viel Erfolg“ und was man halt so schreibt. Doch dann kommt eine Mahnung. Die gemeinsamen Ziele ließen sich „nur fair und partnerschaftlich verwirklichen“. Er sei sicher, teilte Schröder am Sonntag mit, dass die Zusammenarbeit „speziell mit Ihnen von diesem Geist geprägt sein wird“. Nur drei Tage später demonstrierte der Kanzler, was er damit meinte.

In der ARD sprach Schröder über einen möglichen US-Angriff auf den Irak, über den Einsatz deutscher Soldaten in Awacs-Flugzeugen über der Türkei – und über die Rolle der Grünen bei den anstehenden Entscheidungen. „Die Bündnisverpflichtungen werden erfüllt“, stellte Schröder klar, „und das bedeutet natürlich auch, dass zum Schutze des Bündnisgebietes, und die Türkei ist Nato-Partner, natürlich auch Awacs-Flugzeuge mit deutschen Soldaten besetzt sein werden.“ Eine Vorbedingung nannte er nicht. Die Awacs-Aufklärer sollen die Türkei schützen, egal ob die USA den Irak mit oder ohne UN-Mandat angreifen. Auf mögliche Einwände der Grünen angesprochen, antwortete Schröder: „Frau Beer wird das nicht zu entscheiden haben.“ So deutlich hat ein Kanzler selten seine Hochachtung vor dem Koalitionspartner ausgedrückt.

Beer hatte sich nämlich weitaus zurückhaltender über einen Awacs-Einsatz geäußert – ebenso wie der grüne Parteitag. Bei einem US-Alleingang gegen den Irak verlangten die Grünen „eine Absage bezüglich des Einsatzes deutscher Soldaten in Awacs-Aufklärern“.

Nur wenn der UNO-Sicherheitsrat ein militärisches Vorgehen mandatieren sollte, stellte Beer am Montag deutsche Hilfe in Aussicht. „Was immer noch nicht heißt, dass wir uns aktiv militärisch qua Personal beteiligen werden.“ Der Awacs-Einsatz sei eine Frage, die „politisch letztlich zu entscheiden“ sei. Wie der Kanzler nun verriet, ist die Entscheidung längst gefallen, „natürlich“ in Absprache mit Außenminister Joschka Fischer – aber ohne Beer und Bütikofer.

Wer nun einen Sturm der Entrüstung bei den Grünen erwartete, sah sich getäuscht. „Die Grünen-Spitze sollte Schröder widersprechen“, forderte die niedersächsische Landeschefin Heidi Tischmann und blieb mit ihrer Warnung allein, bei den Awacs-Flügen könnten auch Angriffsziele ermittelt werden.

Die Grünen sollten „nicht so sensibel“ reagieren, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Winfried Nachtwei, der taz. Der „normale Awacs-Einsatz“ sei eine „exekutive Aufgabe“, über die die Regierung allein entscheiden könne, „wenn es im Rahmen der normalen Bündnisverpflichtungen läuft“. Also im Nato-Gebiet und zu defensiven Zwecken.

Solange dies sichergestellt sei, hat Nachtwei gegen Awacs in der Türkei auch dann nichts einzuwenden, wenn die USA den Irak ohne UN-Mandat angreifen. Der Kanzler habe sich „eindeutig bezogen auf den Schutz des Bündnisraumes“. Der Awacs-Einsatz sei „also unabhängig von einer Militärintervention und muss unabhängig bewertet werden“, findet Nachtwei. Im Übrigen gelte nach wie vor das Kanzlerwort, Deutschland werde sich „an einer Militärintervention im Irak nicht beteiligen“. Diese klare Haltung sollte man „nicht klein reden“. Auch Grünen-Chef Bütikofer betonte: „Es existiert hier kein Dissens und kein Konflikt zwischen Rot und Grün.“

Dieses Statement war nach Angaben von Beers Büro mit der Parteichefkollegin abgesprochen. Beer selbst will sich erst äußern, wenn sie aus Mazedonien zurückkommt. Dort nahm sie an der Abschiedsfeier des deutschen Militärattachés Peter Matthiesen teil – und einen Heiratsantrag des Offiziers an.

Deutliche Kritik an Schröders Ankündigung kam nur von der Opposition. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Christian Schmidt (CSU) warf der Regierung „Wählertäuschung“ vor. Schröder führe die Öffentlichkeit in die Irre. Die Beteiligung deutscher Soldaten bei Awacs-Flügen, „die nach unserer Auffassung richtig ist“, wäre eine aktive Beteiligung und „mit einem Kampfeinsatz gleichzusetzen“.

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