piwik no script img

trans Sportlerin Lia ThomasEs geht ums Recht aufs Mitmachen

Martin Krauss
Kommentar von Martin Krauss

Die trans Athletin Lia Thomas wird US-College-Meisterin im Schwimmen. Dann wird sie zur Zielscheibe rechter Meinungsmacher.

Schwimmerin Lia Thomas am 19. März bei den Schwimmmeisterschaften in Georgia, Atlanta Foto: Brett Davis/Reuters

D ie Schwimmerin Lia Thomas ist neue US-College-Meisterin über 500 Yards Freistil. Doch, so etwas ist eine Meldung. Die Sportlerin ist nämlich eine Transgenderfrau, und das ist für große Teile der US-Rechten Grund genug, sie als „biologischen Mann“ zu bezeichnen, soll heißen: sie als Betrügerin zu beschimpfen. Viele Trans­gen­der­sport­le­r*in­nen gibt es nicht, weder in den USA noch sonst auf der Welt.

Aber diese Minderheit ist einer Hetze ausgesetzt, die selbst nach fünf Jahren Trump-Präsidentschaft überrascht. Elf US-Bundesstaaten, alle von Republikanern regiert, haben unter dem Motto „Save our Girls“ Gesetze auf den Weg gebracht, die es transsexuellen Kindern verbieten, in selbstgewählten Sportmannschaften zu spielen.

Trump hatte schon im Februar 2021 den Takt vorgegeben: „Junge Mädchen und Frauen sind empört, dass sie nun gezwungen sind, gegen biologische Männer anzutreten.“ Während eine der aktuell weltbesten Basketballerinnen, Brittney Griner, in einem Moskauer Gefängnis sitzt und wegen Besitzes von Haschischöl mit zehn Jahren Haft rechnen muss, hat sich die US-Rechte dazu entschieden, lieber für einen Frauensport zu streiten, zu dem die schwarze Queer-Frau Brittney Griner offensichtlich nicht gehört.

Als Kim Reynolds, republikanische Gouverneurin von Iowa, ihre Gesetzesunterzeichnung für den „geschützten Mädchensport“ inszenierte, postierte sie „richtige“ Sportlerinnen um ihren Schreibtisch: nur weiße Mädchen, die meisten blond, niemand mit „falscher“ Hautfarbe und vermutlich auch keine mit „falscher“ sexueller Orientierung oder mit „falschem“ Geschlecht.

Wenn im Falle der Schwimmerin Lia Thomas von Chancengleichheit die Rede ist, so ist fast immer die undemokratische Verteidigung von Privilegien gemeint. Ginge es wirklich um mögliche physiologische Vorteile, die sich aus ihrer Vergangenheit als Mann ergeben, würde die Debatte anders geführt. Als erster Punkt stünde nämlich fest, dass auch sie ein Recht auf Sport hat. Und danach könnte man sich gemeinsam überlegen, wie und wo das für sie und andere am besten machbar ist.

In den USA vergleichen etliche Beobachter Lia Thomas’ Erfolg mit der Verpflichtung des Afroamerikaners Jackie Robinson in der höchsten Baseballliga. Der durchbrach 1947 als erster Profi die „Color Line“. Diese Barriere, die für einen rein weißen Sport sorgte, war unübersehbar rassistisch – und begründet wurde sie pseudobiologisch: Schwarze hätten andere Muskeln, brächten nicht die nötige Trainingsdisziplin auf – der ganze rassistische Müll eben.

Auch das, was jetzt an Hetze gegen Lia Thomas veranstaltet wird, zielt auf Ausschluss, auf Aufkündigung ihrer Menschenrechte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Martin Krauss
Jahrgang 1964, freier Mitarbeiter des taz-Sports seit 1989
Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • Wichtige und grundlegende Entscheidungen über Sitten und gesellschaftliches Miteinander sollen dem demokratischen Diskurs entzogen werden: fast alles soll nur noch über die Definition von Grundrechten entschieden werden.

  • Für mich ist eine Transfrau eine Frau im Körper eines Mannes. D.h., sie hat bei Sportarten, wo auch körperliche Kraft eine Rolle spielt, zumindest theoretisch, einen Vorteil.



    Das darf nie ein Grund sein, diese Frauen zu diffamieren, aber man sollte vllt. mal darüber nachdenken, unter diesem Gesichtspunkt sportliche Wettbewerbe neu zu ordnen. Wobei dies nicht dazu führen darf, sie auszuschließen oder alle Männer und Frauen grundsätzlich gegeneinander antreten zu lassen.



    Die Freiheiten und Errungenschaften, die die Emanzipation mit sich bringen, erfordern eben auch neue Regeln im Zusammenleben.

  • Einfach eine Kategorie für Trans-Athleten einführen und fertig ist der Lack.

  • Wenn man konsequent fortdenkt, daß Geschlechtszugehörigkeit nicht binär ist, sondern ein Kontinuum darstellt, wäre es folgerichtig, die getrennten Wettbewerbe für Männer und Frauen abzuschaffen, und durch gemeinsame Wettbewerbe für alle zu ersetzen. Dies wird in der internationalen Diskussion zu diesem Thema durchaus auch schon vertreten, und stellt meiner Meinung nach die stringenteste Lösung dar.

    • @Stefan Schaaf:

      Ein Kontinuum oder Spektrum bedeutet, daß jedes Ergebnis annähernd gleich oft auftauchen kann bzw die Ergebnisse gleichmäßig verteilt sind.



      Das lässt sich jetzt weder auf das biologische noch das soziale Geschlecht anwenden, da die überwältigende Mehrheit eben nicht zwischen 2 Stühlen sitzt, um es mal flapsig zu sagen.

    • @Stefan Schaaf:

      Ihre stringenteste Lösung stellt aber nicht unbedingt die beste dar. Allerdings habe ich auch keine andere anzubieten, was wiederum nicht bedeutet, dass es keine gäbe.

    • @Stefan Schaaf:

      Dann gewinnen nur noch gesunde, nicht-QT biologische Männer. Der Frauensport wird damit abgeschafft.



      Das Gegenteil sind die Paralympics, wo Behinderte separat antreten und dadurch auch mal gewinnen können.

    • @Stefan Schaaf:

      "...wäre es folgerichtig, die getrennten Wettbewerbe für Männer und Frauen abzuschaffen, und durch gemeinsame Wettbewerbe für alle zu ersetzen..."

      Dann können Sie die Frauen aus manchen Sportarten gleich rausschmeißen. Der Weltrekord für den Marathon z.B. liegt bei Männern bei 2:01:39 und bei Frauen bei 2:15:25. Stabhochsprung: Frauen 5,06m, Männer 6,16m, Weitsprung: Frauen 7,52m, Männer 8,95m, Gewichtheben Stoßen: Frauen 158kg, Männer 198kg. Warum sollten Frauen da überhaupt noch mitmachen?



      Und um beim Thema zu bleiben, der Frauenweltrekord 1500m Freistilliegt bei 15:19,71, der von Männern bei 14:31,02. Das sind Welten im Unterschied. Ihre "stringente" Lösung schafft den Leistungssport der Frauen ab. Punkt.

    • @Stefan Schaaf:

      Man kann die Wettbewerbe ja in "XX" und "XY" umbenennen. Die sportliche Fairness bleibt erhalten, und jeder Teilnehmer kann das Geschlecht auf die Anmeldung schreiben, dass er/sie/x gerade fühlt ;)

  • Vielen Dank für's klarstellen!



    Ist schon erstaunlich: meistens verlieren Transfrauen, dann wird nie berichtet. Nur wenn doch mal und wenn man ne Sau durchs Dorf treiben will.

  • Es dürfte unbestritten sein, dass jemand, der 20 Jahre ein Mann war, und als Schwimmer bei den Männern nicht sonderlich erfolgreich war, unfaire Vorteile durch Muskel- und Körperbau hat als jemand, der als Frau geboren wurde und daher über deutlich weniger Muskeln verfügt.



    Dann muss man eben eine neue Kategorie für Transmenschen schaffen - aber Transfrauen bei den Frauen starten zu lassen, ist schlicht und einfach unfair .

    • @Renate Wolff:

      Das funktioniert natürlich nur in einer Welt, in der alle Männer und Frauen die jeweils gleichen körperlichen Merkmale (Größe, Gewicht, Muskel- und Lungenvolumen, etc.) aufweisen. Richtig. Tun sie nicht. Insofern gibt es hier nicht prinzipiell Vor- oder Nachteile für eine*n trans Sportler*in gegenüber cis Sportler*innen.

      Und ganz im Allgemeinen (auch insbesondere an den Autoren des Artikels: trans ist ein Adjektiv. Es heißt: trans Person, trans Frau/Mann, etc. und nicht "Transgenderfrau".

    • @Renate Wolff:

      SIE war nie ein Mann.

      Danke fürs misgendern. Damit haben Sie mit ihrer Position ihr Menschenbild verdeutlicht.

    • @Renate Wolff:

      Sie sollten mit solchen Äußerungen vorsichtig sein, denn die diese wurden durch Herrn Kraus bereits mit dem Vergleich "Schwarze hätten andere Muskeln... – der ganze rassistische Müll eben." als rassistisches Vorurteil entlarvt.

      Selbst bin ich da sehr progressiv, da die binären Geschlechter Illusion sind, sollten künftig Wettbewerbe allen Menschen offenstehen.