Queerer Schwimm-Wettkampf: Bunte Bahnen ziehen
Am Samstag fand der Queer Cup Hamburg statt, ein Wettkampf für queere Schwimmer:innen. Geschwommen wurde, doch fast mehr noch: ausgelassen getanzt.
Doch die müssen nun weichen, ein bisschen ernst wird es nun doch: Die Schwimmer*innen haben sich schon umgezogen, gleich beginnt der diesjährige Hamburger Queer Cup.
Der Hamburger Queer Cup ist ein internationaler Schwimmwettkampf, der vom queeren Hamburger Sportverein Startschuss veranstaltet wird. Der Verein will queeren Personen einen geschützten Raum geben, um Sport zu treiben. „Wir sind aber offen für alle und freuen uns über jeden und jede Schwimmer*in“, sagt Emrah Camli, Organisator des Queer Cups. „Ein Safe Space zu sein und sich trotzdem für alle Sportler*innen zu öffnen, schließt sich nicht aus.“
Geschwommen wird an diesem Samstag in verschiedenen Disziplinen: Freistil, Rücken, Schmetterling und Brust sowie eine Staffel in Teams. Auch wenn der Queer Cup viel bunter als andere Schwimmwettkämpfe sei, laufe die Zeitnahme und Wertung genauso professionell, sagt Camli. Es gibt eine elektronische Zeitmessung – mit Platten, die am Vorabend an der Beckenwand angebracht wurden.
Teilnehmer:innen sogar aus Peru
Dass der Schwimmwettkampf nicht nur für queere Sportler*innen interessant zu sein scheint, zeigt sich beim Blick auf die Meldeliste. Insgesamt haben sich 84 Teilnehmer*innen aus Deutschland, Irland, Tschechien, Frankreich, den Niederlanden, Norwegen und sogar Peru angemeldet – nicht alle kommen aus queeren Vereinen. Auf der Liste tummeln sich Hamburger Traditionsschwimmvereine neben einem queeren Sportverein aus Hannover oder dem Verein OUTsiders Paris. 70-jährige Athleten vom alteingesessenen SV Poseidon Hamburg springen gemeinsam mit halb so alten Schwimmer*innen ins Wasser.
Teilnehmerin Britta will es beim diesjährigen Cup entspannt angehen lassen: „Ich habe in letzter Zeit nicht so viel trainiert und habe heute keine großen Ziele“, erklärt sie. Die 50-Jährige schwimmt bereits seit sieben Jahren im Verein Startschuss. Auch beim Queer Cup ist sie nicht zum ersten Mal und trotzdem ist der Queer Cup noch etwas Besonderes für sie: „Obwohl das Event professionell organisiert ist, geht es nicht nur um Leistung – die Stimmung ist lockerer.“
Die Wettkämpfe reihen sich aneinander, Schlag auf Schlag. Und doch wippen im Takt der Musik einige Schwimmer*innen und Kampfrichter*innen in den kurzen Pausen – manch eine*r tanzt dann auch am Beckenrand. Kurz vor der Mittagspause trifft eine Dragqueen ein. Mit ihr können Medaillen-Gewinner*innen nachher Fotos machen. Alle klatschen, als sie den Beckenrand kurzerhand zum Laufsteg macht und mit hohen Schuhen über den nassen Boden läuft.
Den ersten Queer Cup veranstaltete Startschuss im Jahr 2010. Das Event fiel mit rund 110 Teilnehmer*innen direkt groß aus. Über die Zeit ist zwischen den Schwimmer*innen und Vereinen ein Netzwerk entstanden. Queer-Cup-Organisator Emrah Camli erzählt, dass Startschuss zu den Wettbewerben der anderen Vereine reist und sie sich auf weiteren queeren internationalen Schwimmwettbewerben, wie den EuroGames oder Gay Games, treffen.
Kritik an offiziellen Wettkämpfen
Neben dem Vernetzen mit anderen Vereinen wollen die Mitglieder von Startschuss mit dem Cup darauf aufmerksam machen, dass sich im Sport noch eine Menge tun muss: „Bei offiziellen Wettkämpfen wird oft weiterhin zwischen männlich und weiblich unterschieden. Das adressieren wir durch Vereinsarbeit und weisen durch unseren Cup daraufhin hin, dass wir nichtbinär als Möglichkeit der Anmeldung für unseren Wettkampf brauchen“, so Camli. Startschuss würde den Queer Cup auch mit der Hoffnung veranstalten, dass sich das bald ändert.
Britta hat ihre zwei Läufe mittlerweile hinter sich gebracht. Auf 50 Meter Schmetterling habe sie eine neue Bestzeit erreicht. Ein Grund zum Feiern? Das hatte sie ohnehin vor: Spät am Abend gibt es für die Teilnehmer*innen noch eine Party auf St. Pauli. Tanzen kann man schließlich auch außerhalb der Schwimmhalle.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt