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Zwei Jahre #MeTooBewegung ohne prominentes Urteil

Ein Bericht über die sexuellen Übergriffe Harvey Weinsteins war der Anfang. Mit der Zeit wurden immer mehr Fälle publik.

Die Schauspielerin Rose McGowan (links) und Tarana Burke, die Gründerin der #MeToo Bewegung Foto: ap

Wann immer jemand den Mut aufbrachte, von einem sexuellen Übergriff öffentlich zu sprechen, waren auch die Vorwürfe nicht weit: Wichtigtuerei. Geldgier. Wieso hat sie denn vorher nie etwas gesagt? Seit #MeToo hat das zwar nicht aufgehört. Aber es wird nicht mehr einfach so hingenommen. #MeToo hat seit 2017 Frauen und Männer weltweit vereint in ihrem Kampf gegen sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch. Es war das erste Mal, dass es zu viele Stimmen waren, um zu sagen: Ach, das war doch bestimmt nicht so gemeint. Oder: Sieh es doch als Kompliment.

Ausgelöst wurde diese weltweite Bewegung durch die Recherchen der beiden Journalistinnen Jodi Kantor und Megan Twohey. Sie berichteten am 5. Oktober 2017 in der New York Times, wie Dutzende Frauen den US-Produzenten Harvey Weinstein des sexuellen Missbrauchs, der Belästigung und Vergewaltigung beschuldigen. Kurz danach ging der von der US-amerikanischen Aktivistin Tarana Burke initiierte Hashtag #MeToo viral, Millionen Frauen (und auch Männer) erzählten von ihren Erfahrungen des sexuellen Missbrauchs. Täter haben ihren Job verloren, Beratungsstellen oder Initiativen wie „TimesUp“, die Betroffene mit Geld und Anwälten unterstützen, wurden gegründet.

Doch während immer mehr Menschen ihre Rechte einfordern, wird die gesamte Bewegung auch von massiver Kritik begleitet. Und der Mythos der Falschbeschuldigung besteht fort. Dieser Mythos ist eine Art gesellschaftlicher Reflex, den es bei anderen Vorwürfen von Straftaten nicht gibt. Anstatt den Betroffenen zu glauben, wird bei sexualisierter Gewalt erst nach Gründen gesucht, warum die Geschichte unglaubwürdig sein könnte. Getragen von dem Narrativ, dass ein harmloser Flirt ohne Weiteres als sexueller Übergriff ausgelegt werden kann.

Zwar muss auch bei Vorwürfen der sexualisierten Gewalt „Im Zweifel für den Angeklagten“ gelten, doch im gleichen Maße muss das „im Zweifel für die Betroffenen“ bedeuten. Sonst wird ein gesellschaftliches Klima geschaffen, in dem Machtmissbrauch nicht nur dazu führt, dass es sexualisierte Gewalt gibt, sondern in dem Betroffene auch noch als Lügner*innen dastehen.

Wenig Beweise, wenig Prozesse

Viele der Vorwürfe waren 2017 bereits verjährt und haben nie zu Ermittlungen geführt, viele Ermittlungen wurden aufgrund mangelnder Beweise abgebrochen, einige Prozesse fanden statt – doch verurteilt wurde bislang kaum eine*r.

Einer der prominentesten Beschuldigten im Zusammenhang mit #MeToo ist wohl der US-amerikanischen Schauspieler Kevin Spacey. Seit Oktober 2018 warfen ihm Dutzende Menschen Missbrauch und Belästigung in einem Zeitraum von dreißig Jahren vor.

In zwei Fällen kam es bisher zu Anklagen – doch beide scheiterten. Der erste Strafprozess wurde Ende Juli dieses Jahres eingestellt. Denn der mutmaßlich Betroffene, William Little, verweigerte im laufenden Verfahren seine Aussage. Grund dafür war laut übereinstimmenden Medienberichten das Verschwinden eines wichtigen Beweismittels: des Telefons von Little. Während die Polizei aussagt, sie habe Little das Handy zurückgegeben, widerspricht die Familie. Sie hätten das Telefon nie erhalten. Zwei Monate später sollte der nächste Prozess gegen Spacey beginnen. Doch bevor es so weit kam, verstarb der Kläger unter bisher ungeklärten Umständen – ein anonymer Massagetherapeut, der Spacey beschuldigte, er habe ihn 2016 bei einer Massage­sitzung zum Oralsex zwingen wollen.

Auch die Klage gegen den Fußballer Cristiano Ronaldo wurde unter anderem wegen eines verschwundenen ­Beweismittels fallen gelassen. Die Klägerin Kathryn Mayorga hatte im August 2018 Klage eingereicht und ihn beschuldigt, sie vor zehn Jahren in einer Hotelsuite in Las Vegas vergewaltigt zu haben. Es gab Videomaterial, das die beiden vor und nach dem Vorfall zeigen sollte. Doch dieses Material ist laut Staatsanwaltschaft verschwunden. Acht Jahre zuvor soll Ronaldo ihr 375.000 Euro Schweigegeld gezahlt haben, wie der Spiegel berichtete. ­Sowohl bei Spacey als auch bei Ronaldo ist es also mitnichten ein Beweis der ­Unschuld, der zum Freispruch führte.

Die beiden Fälle reihen sich neben denen weiterer Prominenter ein. Etwa dem Fall von R. Kelly, dem unter anderem Kindesmissbrauch vorgeworfen wurde und der sich daraufhin mit vielen seiner mutmaßlichen Opfer außergerichtlich geeinigt hat. Kelly, von dem kinderpornografische Aufnahmen existieren, der als R-’n’-B-Sänger aber trotzdem in ausverkauften Stadien auftreten konnte. Oder dem Fall von Louis CK, der fünf Frauen sexuell belästigt hat, das auch zugibt und kurz darauf sein Comeback als Comedian feierte. Von Brett Kavanaugh, dem von Christine Blasey Ford sexueller Missbrauch vorgeworfen und die vor einem Jahr öffentlich vom Senat befragt wurde. Kavanaugh ist mittlerweile Richter am obersten Gerichtshof der USA. Blasey Ford wurde massiv bedroht und musste mehrmals ihren Wohnort wechseln.

#MeToo hat bis heute nichts daran geändert, dass Frauen, die sich öffentlich zu ihren Erfahrungen äußern, massiv bedroht werden. The Cut, ein Ableger vom New York Magazine, hat kürzlich betroffene Frauen gefragt, wie es ihnen ergangen ist, nachdem sie ihre Vorwürfe laut ausgesprochen haben. Die meisten sprechen von Einsamkeit und Isolation, viele verloren ihren Job und viel Geld, wurden beleidigt und bedroht.

Angst vor Frauen

Doch in den vergangenen zwei Jahren kamen nicht alle ungestraft davon: So sitzt Bill Cosby seit einem Jahr wegen sexueller Nötigung in Haft. Und auch der Sportarzt Lary Nassar, dem von 250 Mädchen und Frauen sexualisierte Gewalt vorgeworfen wird, wurde zu 40 bis 175 Jahre Haft verurteilt. Dass aber viele der mutmaßliche Täter*innen nicht zur Rechenschaft gezogen werden, ist nicht nur für die Betroffenen schwer. Solange die Frage der Schuld nicht geklärt wird, sind sie für die einen eine potenzielle Gefahr und für andere ein potenzielles Beispiel, was man sich als Mann alles ungestraft erlauben kann.

Der Mythos der Falschbeschuldigungen hat sich in den letzten zwei Jahren sogar verfestigt. Das geht aus der Studie der beiden US-amerikanischen Wissenschaftlerinnern Leanne Atwater und Rachel Sturm hervor: Darin haben sie 152 Männer und 303 Frauen befragt. Mit dem Ergebnis: Im Vergleich zum Vorjahr stellen mehr Männer keine attraktiven Frauen mehr ein, vermeiden One-on-one-Meetings oder gehen nicht mehr mit ihnen auf Arbeitsreisen. Aus Angst vor unberechtigten Vorwürfen. Und so sind am Ende wieder die Betroffenen die Leidtragenden. Zudem gaben Frauen in einer Umfrage der Veranstalter der Women&Work, Europas Leitmesse für Frauen, an, dass sie nicht das Gefühl haben, ihr Arbeitsplatz sei für Frauen sicherer geworden. Zudem sagten 30 Prozent der Befragten, dass sie Belästigungen am Arbeitsplatz nicht gemeldet haben.

Frauen, die sich öffentlich zu ihren Erfahrungen äußern, werden auch heute noch massiv bedroht

Wie hoch die Zahl der Falschbeschuldigungen tatsächlich ist, lässt sich zwar schwer sagen, doch verschiedene internationale Studien der letzten Jahren beziffern Falschbeschuldigungen im einstelligen Prozentbereich. Damit sind nur die Fälle gemeint, in denen die Polizei oder ein Gericht zu dem Schluss gekommen ist, dass es sich um eine Falschbeschuldigung handelt und kein Missbrauch stattgefunden hat.

Täter*innen, die nicht verurteilt werden; Betroffene, denen nicht geglaubt wird, Männer, die Frauen noch mehr als zuvor gesellschaftlich exkludieren. Dieser Backlash zeigt nicht, dass #MeToo umsonst war, sondern wie viel Arbeit noch zu tun ist.

Gesellschaftlicher Wandel braucht Zeit, und er lässt sich wohl auch nicht an einzelnen Gerichtsfällen festmachen. Doch gerade die prominenten Fälle haben die nötige Schlagkraft, den Wandel zu beschleunigen. Viele Prozesse stehen noch aus. Im September hätte der Prozess gegen Harvey Weinstein beginnen sollen, doch er wurde auf Januar 2020 verschoben. Auch der Prozess gegen R. Kelly soll im April 2020 beginnen.

Saubere Ermittlungen und ein fairer Prozess: Das ist das Mindeste, was die Betroffenen erwarten können sollten. Zwei Jahre nach #MeToo.

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23 Kommentare

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  • Wenn ich mir so einige Kommentare durchlese, bekomme ich den Eindruck, die Vorlage für Don Quixote waren Feminist*innen im Kampf gegen uneinsichtige Männer.

  • 8G
    81514 (Profil gelöscht)

    Damit ich nicht falsch verstanden werde in der Verve: Mit der gleichen Verve muss man jede*n, der*die einem anderne Menschen sexuelle Gewalt antut mit den Mitteln des Rechtsstaats wirkam verfolgen. Es darf keine Verharmlosung geben. Aber eben unabhängig von Geschlecht und sexueller Identität/Orientierung, Art. 3 GG und unter Beachtung der Unschuldsvermutung. Und es brauch ein begründetes Vertrauen in den Rechtsstaat der für uns alle Sicherheit liefern soll, aber auch weithin leistet. Das Argument, es wären ja 1% nur Falschanzeigen ist ebenso ungeeignet, wie zu behaupten der nachweislich unschuldig von metoo in den Tod gehetzte schwedische Mann sei eben unvermeidliches Opfer. Wir brauchen einfach mehr Kopf und nicht missbrauchte Emotion.

    • @81514 (Profil gelöscht):

      Fromme Wünsche. Leider sieht die Wirklichkeit anders aus – ganz anders.







      Auch Ihnen möchte ich das Buch (Reni Eddo-Lodge) sehr ans Herz legen. "BME" und "Poeple of color" mit "Frauen" ersetzen, dann wird das ganze Ausmaß einer strukturell benachteiligenden und männer-previlegierten Gesellschaft jenseits von Relativierung und Pochen auf's GG erst wirklich deutlich.







      Klar muss Unrecht – egal von welchem Geschlecht begangen – auch als solche geahndet werden.



      Aber hier geht es nicht um objektiv verhandelbares, bereits geschehenes Unrecht, sondern um das alltäglich stattfindende strukturell angelgte Unrecht einer Ungleichbehandlung, das nur unter Einbeziehung aller Geschlechter in Richtung auf Gleichstellung, Gleichbehandlung und Gleichberechtigung beseitigt werden KANN.



      Das lässt sich nicht als "ungeschehen" oder als "nicht vorhanden" WEGschreiben.

  • 8G
    81514 (Profil gelöscht)

    Kommentar entfernt. Bitte verzichten Sie auf pauschale Unterstellungen. Danke, die Moderation

  • Die Betroffenen Frauen, Männer und Kinder haben mein volles Mitgefühl, wie es sich bei jedem anständigen Menschen einstellen sollte.



    Dennoch ist die Grundhaltung dieses Artikels nicht in Ordnung, wenn es etwa heisst in diesem oder jenem Fall sei "mitnichten ein Beweis der ­Unschuld" erbracht worden. Schon die Erwartungshaltung, dass ein Angeklagter seine Unschuld beweisen muss, zeugt von einer Rückständigkeit in Sachen Justiz, die ins Mittelalter verweist.

  • Es wird Zeit das man Aktivisten nicht mehr nur nach ihren Absichten beurteilt, sondern ihnen auch Verantwortung für die Folgen ihres Aktivismus angedeihen lässt. Außer Lippenbekenntnissen ist doch nicht viel rumgekommen und in vielen Bereichen ist es für Frauen nun schwerer Fuß zu fassen als zuvor, weil viele Männer in der nahen Zusammenarbeit mit Frauen ein erhöhtes Risiko für ihre Karriere und ihr Privatleben sehen.

    Das liegt daran das Männer von dieser Bewegung vor allem eines gelernt haben: Es ist egal ob man schuldig ist oder nicht, entscheidend ist ob Anschuldigungen erhoben werden. Dieser Standpunkt ist nachvollziehbar und ganz klar die Konsequenz einer Bewegung, die in ihrem vermeintlich gerechten Zorn keinen Zweifel daran gelassen hat das sie willens ist Kollateralschäden bereitwillig hinzunehmen. Es ist also schon wahr das (auch) „die Betroffenen die Leidtragenden“ sind, jedoch leiden Sie unter den Folgen einer undifferenzierten Debatte, die von vielen Medien für ihre Radikalität auch noch abgefeiert wurde.

    Zudem würde ich auch einen Unterschied machen zwischen Fällen die öffentlich ausgetragen werden und solchen die es nicht werden. Denn mit vorsätzlich öffentlichkeitswirksam ausgetragenen Fällen hat man, auch in Deutschland, eindeutig negative Erfahrungen gemacht. Man denke mal an Türck, Kachelmann, Gina Lisa,… Falschbeschuldigungen sind kein Mythos sondern Realität und wenn Feministinnin diesen Umstand nicht endlich mal in ihr Weltbild integrieren und entsprechend differenzierter agieren werden sie auch in Zukunft häufig mehr Schaden als Nutzen anrichten. Denn so lernt man einmal mehr: Was sich im Moment der aktivistischen Betätigung gut anfühlt muss nicht unbedingt auch zugunsten der eigenen Ziele gehen.

    • @Januß:

      "…wenn Feministinnin diesen Umstand nicht endlich mal in ihr Weltbild integrieren und entsprechend differenzierter agieren werden sie auch in Zukunft häufig mehr Schaden als Nutzen anrichten. " ☎️ !!! .



      Echt jetzt? Die Verantwortung liegt schon wieder bei uns Frauen für das erlittene Unrecht und die jahrhundertelange Unterdrückung, für die Benachteiligung bei Bezahlung, in Job und "Haushalt", bzw. Alleinerziehende zu sein?



      Wir Frauen haben ein "falsches" Weltbild?



      Sie verleugnen schlicht und ergreifend Tatsachen und halten sich an Haarspalterei auf (damit will ich keinesfalls Ungerechtigkeiten auch gegenüber Männern entschuldigen, aber das wurde ja nicht von Frauen allein in die Presse wegen Auflagenerhöhung "gepresst"), und Ungerechtigkeit bleibt selbstverständlich Ungerechtigkeit – egal von welchem Geschlecht verübt! Ist doch logisch, oder nicht?!







      ☎️ Auch Ihnen empfehle ich Reni Eddo-Lodge zu lesen, indem Sie "Frauen" einsetzen anstatt BME oder People of color…. dann wird die Dimension, um die es geht, sehr gut sichtbar.



      Denn genauso wie es schwarze Mörder gibt, gibt es Frauen, die sich unrechtmäßig an Menschen vergreifen. Eine Relativierung in diesem Zusammenhang führt aber zur Relativierung aller Verbrechen, und nicht zu Gleichbehandlung, Gleichberechtigung und Gleichstellung.

      • @Frau Kirschgrün:

        "... bei uns Frauen" & "Wir Frauen ..."

        Dieses "uns" / "wir" gibt es schlich nicht. Feministinnin und Frauen sind nicht das gleiche und Feministinnin sind auch nicht die legitimen Repräsentanten "der Frauen".

        Zudem ist es völlig legitim von Menschen, die politisch aktiv sind die Übernahme von Verantwortung für das zu verlangen was sie verzapft haben.

        "Ungerechtigkeit bleibt selbstverständlich Ungerechtigkeit – egal von welchem Geschlecht verübt! Ist doch logisch, oder nicht?!"

        Ja dem kann ich nur zustimmen.

        "Auch Ihnen empfehle ich Reni Eddo-Lodge zu lesen"

        Danke, aber nein Danke! Identitätspolitik ist rassistische Logik auf der Metaebene und die wird auch dadurch nicht besser das eine schwarze Frau statt einem weißen Mann sie verkündet.

        • @Januß:

          Btw. es ging mir um Inhalte, nicht um Begrifflichkeiten wie "wir/uns Frauen" etc.… 😉 .



          Aber wenn Ablenkung Ihnen hilft, so sei es.

        • @Januß:

          Ich finde Sie schließen das Lesen dieses Buches vorschnell aus.



          Schade.



          Frau Eddo-Lodge schafft es ausgesprochen gut, den Rassimus auf andere Weise zu beleuchten und darzustellen als es üblicherweise geschieht.



          Ihr (und mir) geht es nicht um Identitätspolitik.



          Es geht dabei wie auch bei Feminismus (Gleichberechtigung, u.a. – suchen Sie sich einen Begriff aus) in D und Europa um Gerechtigkeit, um Gleichbehandlung, um Chancengleichheit, um Privilegienabbau, nicht um Identitäten als Machtinstrument.

          • @Frau Kirschgrün:

            Ihre Reaktion zeigt doch das es Ihnen schwer fällt noch zwischen feministischen Aktivsten und Frauen zu unterscheiden. Das ist keine Kleinligkeit. Die Vereinnahmung der vermeintlich vertretenen Gruppe ist zentrales Merkmal von identitätsbasierter Politik. Feministische Aktivisten sind im Übrigen auch nicht nur Frauen.

            Der Standpunkt den Frau Eddo-Lodge vertritt ist mir bekannt. Ich habe mir einige Interviews mit ihr angesehen, einige Artikel von und über sie gelesen. Ihre Sichtweise und Darstellung ist in der Tat für deutsche Verhältnisse ungewöhnlich, jedoch ist mit der ganze Bums aus den USA bereits seit einiger Zeit geläufig und in dem Kontext ist sie alles andere als außergewöhnlich.

            Ihnen fehlt in diesen Belangen einfach das Vermögen kritisch zu denken. Nehmen wir nur mal eine Äußerung wie ". . . jahrhundertelange Unterdrückung . . .". Das hört man ja aus der feministischen Ecke gerne. Und jetzt erklären Sie mir bitte mal wie man vor 500 Jahren ohne zuverlässige Verhütungsmittel für die Massen, Tampons, Rentenversicherung, sichere Abtreibung eine gleichberechtigte Welt schaffen soll. Das ist schlichtweg unmöglich gewesen. Frauen wurden nicht unterdrückt, sie waren, ebenso wie Männer, Opfer der Umstände.

            • @Januß:

              "Danke" für Ihre Bewertungen meiner Person.



              Auch 1,5 Jahrhunderte sind JahrhundertE.



              Außerdem stehen nur 2000 Zeichen zur Verfügung, da muss frau ja nicht jedes Mal bei Adam und Eva anfangen…



              Wer wirklich etwas für Frauengleichberechtigung tun möchte, muss nicht Kleinklauberei in akademisch abgehobenen Begrifflichkeiten betreiben. Wer verstehen will, kann und wird verstehen. Vor allem würde dieser Mensch Lösungen finden wollen, und nicht weiterhin auf den gegebenen Umständen beharren.



              Sie wollen m. E. einfach an den bestehenden Verhältnissen nicht wirklich etwas verändert sehen ("Das hört man ja aus der feministischen Ecke gerne." Verächtlich, wo Veränderungswille nötig wäre…). Wirklicher Veränderungswille würde auch eine Reduzierung bzw. Abschaffung sowohl des "white privilege" als auch der "männlichen Privilegien" nach sich ziehen. Das wäre mein Anspruch.



              Und verletzend oder desavouierend zu werden, zeigt m. E. mehr vom Verletzer, als ihm lieb sein kann, lieb sein sollte. Als gingen diesem Menschen die Argumente bzw. Einsichtsfähigkeit aus.



              Never mind.

  • Hier wird behauptet, das #metoo eine von Frauen und Männern getragene Bewegung gegen sexualisierte Gewalt sei.



    Es folgt eine Aufzählung von Fällen hauptsächlich männlicher Gewalt gegen Frauen. Das die #metoo Ikone Asia Argento einen abhängigen Minderjährigen verführt und anschließend mit Geld zum Schweigen bringen wollte fehlt jedoch in der Aufzählung bezeichnenderweise.



    Genau solche Affären sind vielen Männern aber zum Verhängnis geworden. Sie wurden öffentlich gebrandmarkt, sozial zerstört und teilweise dadurch in den Suizid getrieben. Dies ist auch „unschuldigen“ Männern widerfahren.



    Der mittelalterliche Pranger war da insofern gelegentlich humaner, weil dem Urteil immerhin ein öffentliches Justizverfahren vorausgegangen ist.



    Bei #metoo hingegen reicht schon die Existenz einer veröffentlichten Anklage zum „Schuldbeweis“.



    Mit solchen „Doppelstandards“ verspielt #metoo die Chance, das sich viele Männer wie damals in den 70er Jahren beteiligen. Und fördert tatsächlich eine Kultur der Angst. Und davon profitieren letztlich dann diejenigen, die keine Veränderung wollen.

    • @neu_mann:

      Sie sitzen der Relativierung auf, vorsichtig formuliert:



      taz.de/Essay-metoo-Debatte/!5481091/



      Nicht zielführend. Es soll meinerseits gar nichts beschönigt oder weggelassen werden!



      Jahrhunderte langes Partriarchat erfordert etwas gänzlich anderes als mit dem Finger auf auch straffällig gewordene Frauen zu zeigen.



      ❝Normalisieren. „Willkommen in der Wirklichkeit. So ist die Welt, so sind die Männer.“ „Für wirklich schwere Fälle haben wir das Strafrecht, alles geregelt.“ „Ist Sex nicht immer irgendwie übergriffig?“



      Bagatellisieren. „Ein paar ungehobelte Typen sind sexistisch, Einzelfälle.“ „Stell dich nicht so an.“



      Pathologisieren. „Du bist zu blöd, dich zu wehren“ „Du machst dich ja selbst zum Opfer!“ „Hysterische Weiber.“ Und ganz einfach und effektiv: „Dieser Frau kann man nicht glauben. Sie übertreibt.“



      Blame the victim. „Frauen mit Dekolleté sehnen Übergriffe geradezu herbei!“ „Dann mach doch die Bluse zu!“



      Relativieren I. „Vergewaltigung, Gewalt, das ist eine Straftat. Was du da erlebst, ist nichts dagegen.“



      Relativieren II: „Männer erleben auch Sexismus.“



      Relativieren III: „Früher, da war Patriarchat, da war es schlimm. Aber heute können Frauen sich ja wehren!“



      Rationalisieren: „Wo sind deine Beweise? Warum zeigst du nicht an? Ich glaube dir kein Wort.“❞

      • @Frau Kirschgrün:

        Eigentlich wollte ich WOLFGANG LEIBERG und NEU_MANN etwas schreiben. Sie haben allerdings bereits alles gesagt. Ihren Ausführungen kann ich mich nur anschließen :)

        • @Uranus:

          Danke 😉 .

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @neu_mann:

      Ihren Ausführungen stimme ich im Wesentlichen zu.

      Was Ihre Schlussbemerkung angeht: seit einiger Zeit entsteht in mir der Verdacht, dass #metoo - willentlich oder durch eigene blinde Flecke - alles dafür tut, dass sie von keinen Männern mehr unterstützt werden. Die 'Pflege' des Feindbildes besitzt offenbar höchste Priorität.

      Und die meisten Männer haben kein Interesse daran, sich zum willfährigen Werkzeug für Lügen, Scheinheiligkeit und Doppelmoral benutzen zu lassen.

      #Withoutme

  • Auch bei diesem Thema ist ein fehlender "Beweis der Unschuld" keine sinnvolle Grundlage einer rechtlichen oder auch nur moralischen Argumentation, geschweige denn Verurteilung.



    Solange das MeToo et al. nicht begreifen, wird sich exakt überhaupt nichts bewegen - es werden sich lediglich die Strategien der Täter ändern.

  • So weit, so erschütternd unverändert.







    ☎️

    So lange ganz "normale" Männer nichts ähnliches sagen können



    - "Es tut mir leid, dass Frauen so benachteiligt sind|werden, ich werde es besser machen."



    - "Es muss Gerechtigkeit für belästigte und missbrauchte Frauen geben."



    - "Frauen sind doch per se keine Lügnerinnen!"



    - "Die Polizei sowie die Staatsanwaltschft müssen auch in den eigenen Reihen nach Misogynie suchen und sie beseitigen."



    - "Wir Mämner hängen alle noch viel zu sehr in den patriarchalen Strukturen fest – ich werde ab sofort jede meiner Äußerungen überprüfen und frauenfeindliche und Frauen desavouierende Äußerungen unterlassen."



    so lange



    🔻 hilft auch das Lesen von "Frauen"Büchern nichts



    🔻 werden Frauen weiterhin benachteiligt werden



    🔻 werden sich Männer weiterhin über Frauen stellen, wenn sich die eigene "Komfortzone" bedroht anfühlt



    🔻 werden sich alle "gut gemeinten" Vorsätze der meisten Männer unverzüglich in Luft auflösen, wenn sie die eigenen Vorteile durch eine Frau "bedroht" sehen (was immer diese Bedrohung sein soll, bzw. von diesen Männern als solche "gefühlt" ¡ist¡.

    Vielleicht wird sich an der Misogynie mit viel Glück etwas ändern, wenn die alten Männer gestorben und die jungen Männer hoffentlich klüger sind.



    Erleben werde ich das nicht mehr dürfen.

    So lange Männer sich das Recht herausnehmen können (mangels Widerstand, mangels Gruppenschelte), für eigene Lust und Laune die Regeln zu verletzen – und sei es "nur", um stammtischähnliche Schwanks aus der gleichen|ähnlichen Wohngegend|Bundesland, der gleichen|ähnlichen Erfahrungen aus der Vergangenheit, u. ä., wird sich wenig bis nichts für Frauen wirklich ändern. Da ist dann off topic und Netiquette sehr ·s e h r · deeeeehh n ·b ··a ···r… Aber wehe "ein Weib" erdreistet sich!



    Ich empfehle die Lektüre von "Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche" von Reni Eddo-Lodge, und dabei einfach mal MBE oder People of color mit dem Wort "Frauen" ersetzen. Der Unterschied nicht sooo groß…

    • @Frau Kirschgrün:

      Ich erlebe das eher gegenteilig. Es wird gar nicht gewünscht, dass wir Männer uns äussern. Kritisch schon mal gleich gar nicht.

      Und viele könenn das sagen, aber der Eindruck ist da, dass auch die Frauen das nicht wollen.



      Also bleibt es beim Fazit... dann machts halt ohne uns.

      Wir kümmern uns ums Kleine... die Familie, die Töchter und die Söhne. Da versuchen wir das richtig zu machen.



      Im Grossen will man uns nicht dabeihaben.

      • @armist:

        Lesen hilft manchmal eben doch: Reni Eddo-Lodge und "Frau|en" einsetzen…







        Klar wollen "wir". Aber doch nicht zu EUREN Bedingungen.



        Vielleicht sollten Sie auch meinen Kommentar nochmals lesen…mir ist unerklärlich wie Sie danach zu so einem, Ihrem, Kommentar kommen können…



        Vielleicht soll mir ja auch Ihr Nickname schon etwas mitteilen, und jede wahrhafte Diskussion erübrigt sich?



        "Kritisch schon mal gleich gar nicht."



        Doch. Sehr wohl kritisch: Selbstkritisch, aber das ist nach meiner Erfahrung bei den meisten Männern (genetisch) gar nicht vorgesehen.

    • @Frau Kirschgrün:

      Danke für den Kommentar und die kurze Info zu Reni Eddo-Lodge! Auf Youtube fand ich ein paar aufschlussreiche Vorträge, Interviews mit/von ihr.

  • Ist das wirklich so?



    Zumindest Kevin Spaceys Karriere ist de facto nachhaltig beschädigt wenn nicht komplett zerstört worden - bisher ohne Verurteilung. Der Mann ist erledigt. Weinstein ebenso.



    Michael Jackson ist auch vor Leaving Neverland niemals das Stigma losgeworden, dass er ab den 90ern bekommen hatte, auch nicht, nachdem er freigesprochen wurde. Hat seinen Verkäufen vielleicht nicht geschadet, war aber halt auch Michael Jackson. Seiner Gesundheit hat es mit Sicherheit geschadet und sein frühes Ableben hat vermutlich ebenfalls damit zu tun. Nach Leaving Neverland fingen Radiosender an, seine Musik nicht mehr zu spielen. Unabhängig davon, was man glauben mag, wurde dieser Mann ebenfalls niemals von einem Gericht verurteilt, von der breiten Öffentlichkeit schon.



    Andreas Türck wurde freigesprochen; "der Fall erhielt hohe mediale Aufmerksamkeit und stellte eine Zäsur in der Karriere Türcks dar, durch die seine Moderatorentätigkeit im Fernsehen über acht Jahre unterbrochen wurde."



    Das sind auch alles Gründe, warum es im Zweifel für den Angeklagten gilt, was bei sexueller Gewalt aber in der Öffentlichkeit aber eben oft nicht gilt und weshalb hier eine Falschbeschuldigung so schädigend sein kann, da der Vorwurf alleine durchaus Leben und Karrieren zerstört, wie oben gezeigt: Selbst bei Freispruch bleibt etwas hängen. Siehe hierzu auch insbesondere den Fall Kachelmann.