Zustand der Ampel: Auf Eigentore spezialisiert
Es hat sich der Eindruck festgesetzt: Alles aus Berlin ist Mist. Und mit dem Haushaltsstreit steuert die Ampel auch noch auf Neuwahlen im Herbst zu.
W eil sich gerade alles um Sport dreht, sei das Bild erlaubt: In der Politik ist es wie im Fußball. Gewinnt die Nationalmannschaft, sind sie die Helden. Verliert sie, sind das alles Loser. Hopp oder topp eben. Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP ist aktuell eindeutig der Loser. Alles, was aus Berlin kommt, ist Mist!
So sehen es die Wähler:innen, die die Ampelparteien bei der Europawahl abgestraft haben. Die Frage ist gegenwärtig nicht mehr, ob diese Koalition es schafft, das Spiel zu drehen, sondern, ob sie es überhaupt zu Ende bringt.
Der Haushalt fürs kommende Jahr wird zum Prüfstein. Platzen die Verhandlungen, gibt’s womöglich im Herbst Neuwahlen mit besten Aussichten auf einen Kanzler Friedrich Merz und einem Innenminister Jens Spahn. Na, steigt die Vorfreude?
Verklärung der Groko
Man ahnt, dass eine andere Regierung womöglich auch nicht zaubern wird. Die in der Rückschau verklärte Groko gab sich zwar prima Klimagesetze, ließ aber offen, wie sie diese erreicht. Die Ampel hat es immerhin geschafft, einige der speziell von der Union eingebauten Blockaden zu lösen, der Ausbau der Erneuerbaren Energien hat Tempo aufgenommen.
Und ja, die Ampel hat Deutschland auch ganz gut durch die erste Krisenwelle gelotst, die Russland mit dem Überfall auf die Ukraine auslöste. Keine Blackouts, kein Gasmangel, der Staat bezahlte einen Teil der Energierechnung, der Arbeitsmarkt blieb stabil.
Krisenbewältigung und Modernisierung, die Ampel versucht alles gleichzeitig. Dabei passieren Fehler. Ein Heizungsgesetz etwa, das Hausbesitzer wie vermögende Immobilieneigner behandelte. Fehler, die zum Teil korrigiert wurden. Dennoch bleibt in der Summe hängen: Die Ampel hat den Kontakt zur Realität verloren.
Kompetenzabsturz der SPD
Ein Drittel der Wähler:innen, die bei der Europawahl die AfD ankreuzten, schätzt die eigene wirtschaftliche Situation als schlecht ein. Die SPD erlebte einen Kompetenzabsturz im Sozialen. Der von ihr geführten Koalition gelingt es offensichtlich nicht, den notwendigen ökologischen Umbau mit der sozialen Komponente zu verbinden.
Aktuell scheitert sie zudem daran, die Sehnsucht nach Frieden mit der Notwendigkeit, Waffen an die Ukraine zu liefern, zu verknüpfen. Populisten fällt es leicht, daraus Gegensätze zu konstruieren: Klimaschutz oder bezahlbares Leben. Krieg oder Frieden.
Dabei war die Ampel mit dem Anspruch angetreten, dass Zusammenhalt und Fortschritt auch bei unterschiedlichen Sichtweisen gelingen können. Doch aktuell scheint schon die Anforderung zu hoch, einen Haushalt hinzubekommen. Die Ampel ist kein Team, sondern eine Mannschaft aus lauter Einzelspielern, mit jeweils eigenen Plänen fürs Toreschießen. Solche Teams können nur verlieren. Kennt man vom Fußball.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe