Zulassungen zur Bundestagswahl 2021: Daumen runter für die Pogo-Partei
Der Bundeswahlausschuss entscheidet, welche Parteien im Herbst antreten dürfen. Die DKP scheitert an Formularen, die GRAL daran, dass sie wohl nur vier Mitglieder hat.
Zuzuschreiben hat sich die DKP dies selbst: Seit Jahren reicht die Partei ihre Rechenschaftsberichte mit langer Verzögerung ein und missachtet die gesetzlichen Vorgaben. „Fristen sind Fristen“, kommentierte Bundeswahlleiter Georg Thiel.
Bis Freitag noch kämpft sich der Bundeswahlausschuss durch die Anmeldungen von 87 kleineren Parteien und Gruppierungen zur Bundestagswahl am 26. September. Das Gremium mit dem Bundeswahlleiter an der Spitze, dem unter anderem auch zwei Richter des Bundesverwaltungsgerichts angehören, muss prüfen, ob die Bewerber die Kriterien des Parteiengesetzes erfüllen und als Parteien anerkannt werden können.
Das Gesetz definiert Parteien als „Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen“. Voraussetzung: Sie müssen „nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten“.
„In erster Linie geht es um Inhalte.“
Umfang und Festigkeit der Organisation – da kamen dem Ausschuss manchmal doch erhebliche Zweifel. Etwa bei der Gruppierung GRAL (Ganzheitliches Recht auf Leben). Deren Vorsitzender Gerhard Olinczuk versicherte zwar, GRAL habe inzwischen ein paar mehr Mitglieder als die bislang bekannten vier.
Trotzdem musste er sich von Ausschussmitglied Michael Brenner fragen lassen: „Wie wollen Sie denn mit unter zehn Mitgliedern an der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken, wie es ja Artikel 21 des Grundgesetzes vorsieht?“ Olinczuks Antwort: „In erster Linie geht es um Inhalte. Und dass alles seine Zeit braucht. Es geht nicht um die Zahl der Mitglieder.“ Das sah der Bundeswahlausschuss dann doch etwas anders und senkte den Daumen – keine Anerkennung als Partei.
Dieses Prozedere bleibt etablierten Parteien erspart. Denn wer im Bundestag oder in einem Landtag ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten ist, kann seine Wahlvorschläge direkt bei den Landes- und Kreiswahlleitungen einreichen. Das gilt diesmal für CDU, CSU, SPD, FDP, Linke, Grüne, AfD, Freie Wähler und die Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen/Freie Wähler.
Für alle anderen gibt es nach der Anerkennung als Partei durch den Bundeswahlausschuss eine weitere Hürde, um wirklich auf den Wahlzettel zu kommen. Sie müssen genügend Unterstützer-Unterschriften vorlegen. Allerdings gab es in diesem Punkt coronabedingt im Juni noch eine Erleichterung: Die Mindestzahl wurde auf ein Viertel des bisherigen Wertes gesenkt. Für Landeslisten sind es jetzt maximal 500, für Kreiswahlvorschläge einheitlich 50 Unterschriften.
Die Dänen dürfen antreten
Darüber muss sich freilich die APPD – die Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands – keine Gedanken mehr machen. Denn auch diese Gruppierung, die mit dem Slogan „Arbeit ist Scheiße“ im Internet auftritt, erhielt keine Zulassung. Der üppig im Gesicht gepiercte Vorsitzende Andreas Reiter fiel aus allen Wolken, als ihm der Bundeswahlleiter mitteilte, dass die Ankündigung, an der Wahl teilnehmen zu wollen, nur online eingetroffen sei. Was nicht ausreicht. Er habe alles fristgerecht eingereicht, versicherte Reiter in breitem bayerischen Akzent, um sich nach der Entscheidung motzig zu verabschieden: „Und für den Scheiß hab' I jetzt nüchtern bleiben müssen. Danke dafür.“
Eine Chance bleibt der APPD noch, genauso wie der DKP: Gegen die Entscheidungen des Bundeswahlausschusses können sie binnen vier Tagen Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Der DKP-Vorsitzende Patrik Köbele kündigte diesen Schritt umgehend an und erklärte: „Wir sind sicher, dass dieser Versuch, uns kalt zu verbieten, scheitern wird.“
Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) bekommt indes die Chance, einen Abgeordneten ins Parlament zu schicken. Der Bundeswahlausschuss ließ die Partei der Dänischen Minderheit in Schleswig Holstein offiziell zur Bundestagswahl zu.
Im Jahr 1949 schaffte mit Hermann Clausen der bislang einzige Abgeordnete des SSW den Sprung in den Bundestag. Rund 70 Jahre später versucht es der 41-jährige Spitzenkandidat Stefan Seidler nun erneut für den SSW. Eine Chance hat er, denn die Partei ist bei der Wahl von der Fünfprozenthürde ausgenommen. Nach eigenen Angaben könnten dem SSW bereits 45.000 bis 50.000 Zweitstimmen zum Einzug in den Bundestag reichen.
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