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Zinsentscheid der US-Notenbank FedKontrolle über den Dollar verloren

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Die US-Notenbank Fed will die Zinsen anheben, um die Inflation zu bekämpfen. Das ist richtig, birgt aber Risiken – auch für die Eurozone.

Börse in New York am Dienstag Foto: Allie Joseph/ap

D ie US-Notenbank Fed hat eine Entscheidung getroffen, die auch die Europäer nicht unberührt lässt. Ab März dürften die US-Leitzinsen steigen, die bisher bei null lagen. Prompt wurde auch in Deutschland gefordert, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinsen anheben soll. Das Argument ist bekannt: Die Sparer würden „enteignet“, wenn die Zinsen bei null liegen, während die Inflation davonrast.

Es führt jedoch in die Irre, die USA und die Eurozone zu vergleichen. In den Vereinigten Staaten lag die Inflation im Dezember bei 7 Prozent, während die Eurozone „nur“ auf 5 Prozent kam. Zwei Prozentpunkte mögen gering erscheinen, sind aber bedeutsam. Sie zeigen, dass in den USA – anders als in der Eurozone – nicht nur Energie und Nahrungsmittel teurer wurden, sondern dass dort die Löhne stark steigen.

Die USA haben die Coronakrise überwunden und zählen nur noch 3,9 Prozent Arbeitslose. In der Eurozone hingegen sind knapp 8 Prozent ohne Stelle. Es ist daher richtig, dass die EZB vorerst bei einer Nullzinspolitik bleibt, während die Fed es jetzt riskieren kann, die Zinsen langsam anzuheben.

Allerdings wird die Fed-Politik auch für die Europäer nicht ohne Folgen bleiben: Wenn die Zinsen in den USA zulegen, steigt automatisch auch der Dollar, weil viele Investoren nach Amerika drängen, um ihr Geld dort zins­trächtig anzulegen. Die europäischen Exporte werden auf den Weltmärkten also billiger – aber die Importe teurer. Dies gilt etwa fürs Öl, das in Dollar abgerechnet wird. Die Inflation im Euroraum könnte also weiter steigen.

Bemerkenswert ist allerdings, wie vage sich Fed-Chef Powell ausgedrückt hat. Man „erwäge“, die Leitzinsen am 16. März anzuheben. Diese Vorsicht ist kein Zufall. Selbst kleinste Zinsschritte in den USA können die weltweiten Finanzmärkte erschüttern. Aktien werden dann billiger, weil sich US-Staatsanleihen wieder lohnen. Vor allem aber besteht die Gefahr, dass Investoren ihr Geld aus dem globalen Süden abziehen, um es lukrativ in den USA anzulegen. Die Fed hat die Kontrolle über den ­Dollar längst verloren.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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4 Kommentare

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  • Dabei ist die Verschuldungsseite von Unternhmen, Verbraucherhaushalten, die sich in währungsschwachen Ländern jahrelang in Fremdwährung, €, Sterling Pfund nahezu unbesichert über Niedrigzins Verbraucherkredite von Herstellern verschuldet haben, u. a. durch Autokauf bei BMW., Daimler, VW aus Deutschland, IPhones bei Apple aus den USA, Smarphones aus Südkorea, die mit einem Mal vor Wand ansteigender Zinsen stehen von Kreditinstituten aufgefordert werden, mehr an Sicherheiten zu bieten und sei es durch Umschuldung in höherverzinste Kredite bei Erhöhung der Kreditsumme und kürzerer Laufzeit, bei prognostiziert flexibler Zinsanpassung nach oben, was viele Privathaushalte,Unternehmen in finanzielle Schieflagen bis hin zu Insolvenzen durch Zahlungsverschub, darauf vorgezogner Kreditfälligkeit bringen könnte, während Exporteure u. a. in Deutschland bei Kreditausfall das Risiko voll an Hermeskreditversicherungsanstalt für deutsche Exportwirtschaft durchreichen zulasten deutschen Steueraufkommens. Das an ausländischen Verbraucherkreditausfällen zulasten deutscher Automobilbauer stürzte 2008 Deutschland in die Weltfianzkrise, während es in den USA die Supreme- Hypothekenkreditpaketblase war, die platzte, wie es Ulrike Herrmann plastisch in ihren Büchern schildert: "Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Westendverlag). Von ihr stammen auch die Bücher „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012) sowie „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015) und "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018).

  • Es ist in der Tat eine Notmassnahme, mit einer Zinserhöhung eine Inflation verhindern zu wollen. Wo soll der Mehrwert, aus dem heraus Zinsen erwirtschaftet werden sollten, denn herkommen ? Gäbe es genug Ideen und Chancen in einem wirtschaftlich -zumindest in den Ländern der Old Economy- sinkenden Umfeld Profite zu machen, wäre das herkömmliche Modell: 'Banken helfen bei der Finanzierung' ein fast natürlicher Zinsimpuls. Nein: Wo es aufgrund einer fast natürlich eingetretenen Wachstumsgrenze nichts mehr zu verdienen gibt, aber für Überlebensmassnahmen wie Ernährung und Wärme immer mehr bezahlt werden muss, kann der Staat mit Gelddrucken nicht weiterhelfen.



    Worin besteht die Wertschöpfung der früheren Industrieländer noch ? Sie garantieren durch Verfassung und Justiz und nicht zuletzt auch eine gewisse militärische Macht Vermögen und Patente und damit die Chance, Profite auch irgendwo noch zu deponieren. Das erklärt die großen Vermögensuntersiede der sogenannten entwickelten Länder, zu den Chile oder Argentinien nicht mehr gehören, weil sie durch Währungsspekulationen in die Armut gezwungen wurden. Die Gefahr, dass diese Situation auch hier eintritt, wird größer, je weniger dieser Staat die Vermögenden schützen könnte. ES wäre also im Interesse der Börsianer, hierzulande einen Minimalwohlstand durch Rückholung von Arbeitsplätzen zu erwirken, statt Wertschöpfung nach China aoder zu Putin verlagern zu helfen.

  • Man wird erst einmal sehen, ob die FED die Kontrolle über den Dollar verloren hat (bloß weil es so bei der EZB mit dem Euro ist). Der Slack ist real, keiner weiß mehr mit dem Geld wohin. Da kann eine Leitzinserhöhung nicht schaden.

  • Diese anhaltende Meinung ist verwunderlich, trifft die Folgen der hohen Inflation doch gerade Bürger mit niedrigen Einkommen. Nicht nur die Zinsen der Sparbücher sinken sondern auch die Kaufkraft.

    Fragwürdig ist der letzte Satz des Artikels. Die Fed dürfte weiterhin die Kontrolle über den Dollar behalten, nur kann die Fed halt nicht alle möglichen Folgen einer Zinssteigerung kontrollieren; nur ist das halt auch nicht ihre Aufgabe. Die Schulden bestimmter Entwicklungsländer dürften dieses Jahr so oder so problematisch werden.