Wohnungspolitik in Berlin: Wohnungslose allein gelassen

Deutsche Wohnen stellt nicht genügend Wohnungen für Wohnungslose zur Verfügung. Das zeigt eine Anfrage der Linksfraktion in Berlin.

Ein Wohnblock im Berliner Ortsteil Friedrichshain. Der Wohnblock wird von der Sonne beschienen.

Zu wenig Wohnraum für zu viele Wohnungslose Foto: Christoph Soeder/dpa

BERLIN taz | Die private Wohnbaugesellschaft Deutsche Wohnen, inzwischen Teil des Konzerns Vonovia, kümmert sich zu wenig um wohnungslose Menschen in Berlin. Die Deutsche Wohnen ist verpflichtet, jährlich 230 Wohnungen für Menschen in besonderer Notlage frei zu halten. Das Unternehmen hält das aber seit Jahren nicht ein, wie aus einer bisher unveröffentlichten Antwort der Senatsverwaltung für Soziales hervorgeht. Die Antwort liegt der taz vor.

Niklas Schenker, Sprecher der Linksfraktion für Mieten und Wohnen, fragte den Senat, wie viele Wohnungen die Deutsche Wohnen für das sogenannte Geschützte Marktsegment (GSM) zur Verfügung gestellt hat. Das GSM wird in einem Kooperationsvertrag zwischen dem Land Berlin und Wohnbauunternehmen festgeschrieben und sieht bestimmtes Kontingent an Wohnungen für Wohnungslose vor. Hintergrund für die Vereinbarung war die langwierige Übernahme der landeseigenen GSW 2013.

Doch der Zehn-Jahres-Durchschnitt zeigt: Deutsche Wohnen stellte nur ein Viertel der Wohnungen zur Verfügung, für die das Unternehmen verpflichtet war. 2022 waren es 57. Insgesamt gehörten der Deutsche Wohnen mehr als 114.000 Wohnungen in Berlin, bevor sie 2021 von Vonovia übernommen wurde. Das geschützte Marktsegment ist eine freiwillige Vereinbarung ohne Konsequenzen für die privaten Unternehmen.

„Diese Unternehmen sind allein ihrem Profit verpflichtet“

“Weder Vonovia noch die Deutsche Wohnen leisten einen Beitrag für die soziale Wohnraumversorgung in der Stadt“, sagte Schenker der taz am Freitag. Selbst kleinste Verpflichtungen, um Menschen in einer Wohnungsnotlage zu helfen, seien unerfüllt geblieben. Sein Fazit: „Diese Unternehmen sind allein ihrem Profit verpflichtet.“

Die landeseigenen Wohnungsunternehmen wie Gewobag, Howoge machen es deutlich besser, findet Schenker. Sie hätten es geschafft, fast doppelt so viele Menschen unterzubringen wie die Deutsche Wohnen in den letzten zehn Jahren zusammen. Allein 2021 stellten die landeseigenen 1.012 Wohnungen für das geschützte Marktsegment in Berlin zur Verfügung.

Trotzdem sieht Schenker auch hier Nachholbedarf, weil auch sie nur 90 Prozent ihrer Verpflichtung in dieser Hinsicht einhalten. Mit der jetzigen Vereinbarung sei es schwierig, die Deutsche Wohnen beziehungsweise Vonovia zu zwingen, mehr Wohnungen bereitzustellen.

Private Unternehmen enteignen

Schenker drängt daher darauf, den erfolgreichen Enteignen-Volksentscheid – der auch die Vonovia betreffen würde – schnell umzusetzen. Das habe den positiven Effekt, dass mehr Wohnungen an Menschen mit besonderen Wohnbedarfen vergeben werden könnten, die sonst auf der Straße landen, so Schenker.

Die Linke hat zudem im laufenden Wahlkampf ein “Sicher-Wohnen-Gesetz“ vorgeschlagen, welches Ver­mie­te­r*in­nen zu sozialen Mindeststandards verpflichten soll. Dazu gehört die Vermietung an Personen mit Wohnungsberechtigungsschein und bei Wohnungsnotfällen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.