Wissenschaftsbeziehungen zu Russland: Heimlich weiter kooperiert?
Der Medizinprofessor Axel Haverich soll ein Forschungsprojekt in Russland angestrebt haben. Die Medizinische Hochschule Hannover prüft das nun.
Und auch die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) teilte ihren Mitarbeitenden mit, dass die aktiven Kooperationen zu unterbrechen und keine neuen zu schließen sind. Doch ein Professor ausgerechnet aus Hannover, ausgerechnet aus dem Bekanntenkreis von Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD), soll sich an die Direktive seines Arbeitgebers nicht gehalten haben.
Wie am Montag die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtete, soll sich der Herzchirurg Axel Haverich in Russland um eine Forschungsförderung von mehr als einer Million Euro beworben und diese Mitte vergangenen Jahres auch zugesagt bekommen haben. Die MHH wie auch das niedersächsische Wissenschaftsministerium, das ebenfalls Kooperationen untersagt hatte, erfuhren davon erst durch die FAZ.
Aufmerksam geworden ist die FAZ auf Haverich, weil sich die Universität St. Petersburg in einer Mitteilung darüber gefreut hatte, drei der begehrten „Mega-Grants“ gewonnen zu haben. Diese russischen Auszeichnungen honorieren anvisierte Forschungsprojekte und statten sie mit Preisgeld in Millionenhöhe aus. Haverich werde in Russland ein Labor zur Erforschung von Arteriosklerose aufbauen, hieß es.
Langjährige Verbindung mit Russland
Der 69-jährige Haverich ist ein vielfach ausgezeichneter Chirurg und Spezialist für Herztransplantationen. Schon sein Medizinstudium absolvierte er an der MHH, seit 1996 ist er Direktor der dortigen Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie.
Auch von langer Dauer sind Haverichs Kontakte nach Russland: Involviert war er 1996 an der Herz-OP des russischen Präsidenten Boris Jelzin, 2018 erhielt er eine Auszeichnung der russischen Akademie der Wissenschaften, auch publizierte Haverich gemeinsam mit russischen Wissenschaftler:innen Aufsätze – und tat das der FAZ zufolge auch noch nach Beginn des russischen Angriffskriegs.
Zwar erklärte Haverich, dass er die Zusammenarbeit abgelehnt habe. Ob das stimmt, zieht der Bericht aber in Frage. Da er aber kommenden Monat in Rente gehe, würde er, so Haverich, dann vielleicht als externer Berater das Forschungsprojekt betreuen. Die MHH jedenfalls erklärte bereits, die Vorwürfe prüfen zu wollen.
Mit Haverich steht nun ein weiterer Hannoveraner wegen seiner Verbindung nach Russland in der Kritik. Ex-Kanzler Schröder, zu dem Haverich ebenso wie zum Ministerpräsidenten Stephan Weil einen guten Draht haben soll, ist da mittlerweile nur der bekannteste Hannoveraner, bei dem ein Umdenken nach dem russischen Überfall kaum stattgefunden hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen